Operationsroboter Da Vinci Si

Schlachtfeldhelfer

d'Lëtzebuerger Land vom 06.09.2013

Der Da Vinci Si verkörpert die mittlerweile dritte Generation von Chirurgie-Robotern aus der Fertigung von Intuitive Surgical aus Sunnyvale in Kalifor-nien. Bislang sind allein die Da Vincis durch die US-amerikanische Medikamenten- und Medizintechnikbehörde FDA zur kommerziellen Nutzung zugelassen. Weltweit sind derzeit über 2 500 Stück davon in Spitälern im Einsatz, und in den vergangenen zehn Jahren wurden damit insgesamt 1,5 Millionen chirurgische Eingriffe realisiert.

Entwickelt worden waren die Roboter ab den Neunzigerjahren im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums, um „Battlefield surgery“ zu ermöglichen. Anders als die Bezeichnung „Roboter“ suggeriert, sind die Da Vincis keine Maschinen, in die der Patient hineingeschoben wird und ein programmgesteuerter elektromechanischer Doktor alles Weitere übernimmt, sondern Hilfsmittel für einen Chirurgen. Der sitzt drei Meter vom Patient entfernt an einer Konsole und bewegt über Joystick-ähnliche Manipulatoren vier spinnenartige Arme, die aus dem 1,80 Meter großen und eine halbe Tonne schweren Apparat heraus ragen und sich mit allen möglichen aufsteckbaren Instrumenten am Patienten zu schaffen machen. Die große Innovation durch die Roboter, erzählt dem Land ein Chirurg, der am HKB als Belegarzt engagiert wurde, bestehe einerseits in dem gestochen scharfen 3D-Bild in HD-Auflösung, das aus dem Körperinnern geliefert wird. Andererseits erlaube die Elektromechanik des Roboters, die In-strumente sogar so zu bewegen, wie es einem Chirurgen allenfalls möglich wäre, wenn er seine Arme verrenkt. Dass die Geschwindigkeit der Instrumentenbewegungen gegenüber der, die ein Chirurg vollführt, um den Faktor vier verlangsamt wird, erlaube präziseste und besonders wenig invasive Manipulationen. Fazit: „Weniger Blutverlust, weniger Schmerzen nach der OP, weniger Komplikationen und raschere Erholung des Patienten.“ Eben das, worauf es ankommt, um verwundete Soldaten schnell wieder aufs Schlachtfeld schicken zu können.

Dass das HKB einen robotererfahrenen Operateur engagiert hat, ist die vermutlich wichtigste Voraussetzung für einen erfolgreichen und vor allem auch sicheren Einsatz des Da Vinci Si. Sein Hersteller schreibt für einen bedienenden Chirurgen mindestens 300 Eingriffe vor; der Arzt am HKB kann nach eigener Erklärung 500 Eingriffe vorweisen. Und erklärt: „Kam es in der Vergangenheit zu Zwischenfällen mit einem Roboter, lag das immer am Bediener, nie an der Maschine.“

Das ist vielleicht eine zu kühne Behauptung, denn 2012 und in den ersten zwei Monaten dieses Jahres wurden in den USA gegen Intuitive Surgical zehn Gerichtsklagen wegen angeblicher Roboter-Behandlungsfehler erhoben, meldete die Bloomberg Businessweek am 14. März. Was davon auf den bedienenden Chirurgen zurückzuführen war, bleibt noch zu klären, unter den Klagen ist aber beispielsweise auch ein Fall, in dem eine Frau während einer Operation von einem elektrischen Schlag aus einem Roboter getroffen wurde, an dessen Folgen sie zwei Wochen später verstarb. Und in Fachkreisen spricht man heute noch von dem Entsetzen, das 2007 ein Operationsteam in einer Klinik im belgischen Aalst befiel, weil einer der Roboterarme plötzlich brach und das daran befestigte Instrument dadurch so stark verbogen wurde, dass die Chirurgen die schlüssellochgroße Körperöffnung weiter aufschneiden mussten, um das Instrument aus dem Patienten zu bergen. Unfehlbar, so viel kann man sagen, ist selbst der neueste Schrei der Opera-tionstechnik nicht. Doch das sind menschliche Teams ebenfalls nicht.

Peter Feist
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