Österreich hat es vorgemacht, nutzt das Potenzial seines zur Hälfte bewaldeten Territoriums und ist Technologie-Schrittmacher bei der Entwicklung von Holz-Heizungsanlagen. Könnte Holz auch ein hier zu Lande sinnvoll nutzbarer nachwachsender und damit erneuerbarer Brennstoff sein? In Luxemburg beträgt der Waldanteil an der Gesamtfläche immerhin über ein Drittel.
Welche Nutzungspotenziale sich daraus ergeben können, wird gegenwärtig im Auftrag des Umweltministeriums vom Escher CRTE, dem Centre de ressources des technologies pour l’environnement am Centre de recherche public Henri Tudor, und der Agence de l’énergie untersucht. Es ist die erste detaillierte Studie über die Potenziale eines erneuerbaren Energieträgers seit Erscheinen des Lëtzebuerger Wandatlas im Jahr 1994. Mit den Endergebnissen ist demnächst zu rechnen, doch schon jetzt zeichnet sich ab: Auch bei uns könnte Holz sehr wohl ein ökologisch und ökonomisch interessanter Brennstoff sein.
Könnte, wohlgemerkt. Denn der Holzenergie-Studie liegen unter anderem die nationalen Klimaschutzziele als eine
„Randbedingung“ zugrunde. Ist die Stromerzeugung aus Windkraft oder Sonnenlicht aufgrund der im Kioto-Protokoll gewählten Berechnungsmethode ohne Einfluss auf die Luxemburger CO2-Bilanz, ist die Nutzung von Holz durchaus Kioto-relevant.
Zum einen kommt es ohnehin eher zu Heizzwecken als zur Stromerzeugung in Frage. Holzkraftwerkstechnologien gibt es zwar. Doch neben der klassischen „Wasserdampftechnik“, die es bei Holzfeuerung auf einen relativ schlechten elektrischen Wirkungsgrad von höchstens 15 Prozent bringt, ist derzeit nur der so genannte „organic ranking cycle“ technisch ausgereift.
Dabei kommt in der Kraftmaschine anstatt Wasser ein Thermoöl als Kompressionsmedium zum Einsatz, was den Wirkungsgrad um fünf Prozentpunkte hebt. Bis zu 45 Prozent verspricht Holzgas als Brennstoff, doch die Vergasungstechnologie steckt gegenwärtig noch eher im Prototypstadium.
Viel gängiger ist dagegen das Heizen mit Holz. 2,5 Kilogramm Holzhackschnitzel haben ungefähr denselben Heizwert wie ein Liter Heizöl. Der Heizwert von Holzpellets – Presslingen aus Spänen und Sägemehl – ist sogar noch etwas besser. Würden Hackschnitzel und Pellets gezielt als Heizölersatz genutzt, ließen sich neun bis 14 Prozent der gegenwärtigen Heizleistung für Gebäude CO2-neutral abdecken, rechnet das CRTE vor. Der Jahres-Heizölverbrauch könne um 34 bis 57 Millionen Liter abnehmen, und da der Territorialverkauf von Petrolprodukten – wie der Tanktourismus – in die Kioto-Bilanz Luxemburgs eingeht, würden sich die Gesamtemissionen damit um etwa ein Prozent senken lassen.
Doch ehe diese Perspektive greifbar werden könnte, müssten einige praktische Probleme gelöst werden. Kioto-relevant ist nicht allein das eingesparte Heizöl, das verwendete Holz ist es ebenfalls. CO2-neutral ist nur solches Holz, das entweder als Produktionsabfall zur Verfügung steht oder aus Wäldern stammt, die „nachhaltig“ bewirtschaftet wurden. Nachhaltige Waldwirtschaft heißt: Ein Wald wächst in ungefähr hundert Jahren auf natürliche Weise wieder nach. Dieser Zyklus lässt sich zwar auf 20 Jahre und weniger verkürzen – doch nur unter erhöhtem Energieeinsatz und damit Extraemissionen an CO2.
Plantagenwälder als Brennstofflieferanten anzulegen, hat das CRTE deshalb in seiner Studie als Zukunftsszenario gar nicht erst untersucht, sondern nur das Aufkommen von Alt- und Bruchholz in den heimischen Wäldern sowie das von Abfallholz erhoben: Sägespäne aus Schreinereien etwa, oder Reste von Holzverschalungen, wie sie im Bauwesen zum Einsatz kommen. So begrenzt wie diese Kioto-korrekte Holzmenge ist, so begrenzt ist eben auch ihr Potenzial als Heizbrennstoff.
Und ohne logistischen und organisatorischen Zusatzaufwand wird ein breiter – und ökologischer – Einstieg in Holzfeuerungen nicht zu haben sein. Hackschnitzel und Pellets werden zurzeit in Luxemburg noch nicht produziert. Die wenigen schon bestehenden Referenzanlagen mit Hackschnitzelfeuerung in Enscherange oder Pratzerthal greifen auf Importware zurück. Das, empfiehlt das CRTE, müsse sich ändern. Etwa, indem ein Groupement d’intérêt économique die Aufbereitung des Brennguts innerhalb des Landes organisiert und ökologische Qualitätsstandards für Hackschnitzel und Pellets setzt.
Kompliziert könnte sich auch das „Wo?“ für Holzheizungen gestalten. Volkswirtschaftlich, aber auch ökologisch sinnvoll ist laut CRTE nur der Rückgriff auf Holz zum Ersatz von Heizöl, nicht aber von Erdgas: Erstens ist Erdgas emissionsärmer, zweitens wurden in dessen Bereitstellung im landesweit ausgeweiteten Gasnetz in den letzten Jahren enorme Summen investiert. Da sich insbesondere Hackschnitzelheizungen gut für die Wärmeversorgung per Nahwärmenetz eignen, würde ihre stärkere Nutzung auch eine Frage nationaler Logistik – weshalb der frühere Umweltminister Charles Goerens Ende letzten Jahres noch darum gebeten hatte, die Holzenergiestudie mit dem Integrativen Verkehrs- und Landesplanungskonzept zu verknüpfen: ist das IVL doch ein Leitdokument zur Schaffung neuer urbaner Zentren, in denen der Aufbau von durch Holzheizungen gespeisten Wärmenetzen vielleicht besonders sinnvoll sein könnte.
Dieser staatliche Regelungsbedarf schließt unmittelbar an die Kostenfrage an: Holzheizungen sind teurer als Ölheizungen, falls es darum gehen soll, Heizöl einzusparen. Und nur Abfallholz aus der Bauindustrie oder aus Schreinereien kostet als Brennstoff etwa ebenso viel wie Heizöl, Waldholzhackschnitzel sind um 20 Prozent teurer. Zwar bezuschusst der Staat insbesondere über das Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes im Agrargesetz schon jetzt Investitionen in Holzheizungen sowie in die Trocknung und Lagerung von Hackschnitzeln und Pellets. Auch Kraft-Wärme-gekoppelte Holzheizungsanlagen gibt es; dem dort eher nebenbei produziertem Strom ist der erhöhte Abnahmetarif durch den Kompensationsfonds garantiert. Womöglich aber müsste die Förderung in Zukunft „räumlich“ gezielt ansetzen.
Auch aus Umweltschutzgründen leitet das CRTE Subventionsfragen ab. Sie müssten eigentlich schon in der demnächst anstehenden Neufassung der Verordnung über Investzuschüsse für erneuerbare Energieträger nutzende Anlagen berücksichtigt werden: Holzheizungen sind stets Emittenden von Stickoxiden (NOx), weil Bäume wie alle Pflanzen Stickstoff binden. Verbrennt man Holz, reagiert der Stickstoff mit dem Luftsauerstoff zum Stickoxid. Das ist zwar nicht mitverantwortlich für den Treibhauseffekt, aber der wichtigste „Vorläuferstoff“ für die Bildung bodennahen Ozons und den berüchtigten Sommersmog. Mag auch die NOx-Produktion des motorisierten Straßenverkehrs um ein Vielfaches höher sein als die von Holzheizungen, und lassen deren Emission sich durch die Regelung von Brennertemperatur und Luftzufuhr in Grenzen halten: Ökologisch günstig wäre es, meinen die Forscher des CRTE, wenn Holzheizungen im Sommer möglichst nicht betrieben würden. Warmwasser sollte dann eine thermische Solaranlage erzeugen. Solarwärme im Sommer, Holzwärme im Winter – diese Kombination zu subventionieren, ist eine politische Frage. Ihre Installation da zu favorisieren, wo kein Erdgasnetz liegt, ebenfalls.
Martin Ebner
Catégories: Énergie
Édition: 16.09.2004