Die Fédération luxembourgeoise de l’alimentation et de la distribution (Flad) ist die Lobby von Cactus, Auchan, Aldi, Naturata, Provençale und anderthalb Dutzend anderen Firmen. Sie verkaufen dem ganzen Land alles Lebensnotwendige. Je nach Firma gutbürgerlich mit Kundendienst oder proletarisch im Discount, biodynamisch oder im Restaurant. Derzeit steigen besonders die Lebensmittelpreise.
„An deene leschten dräi, véier Méint ware mer massiv mat Präisshaussë beschäftegt“, erklärte Flad-Präsident Georges Eischen vor einer Woche auf Radio 100,7. „A mir kënnen net op deenen Haussë selwer sëtze bleiwen. Mir musse se weiderginn.“ Es mache wenig Sinn, nur einen Teil der Preiserhöhungen auf die Verbraucher abzuwälzen: „Wat ass dann, wann Dir een oder zwee Prozent do zréckhaalt? Dat fällt kengem dobaussen op.“
Preiserhöhungen werden durch eine Kette von Zulieferern, Produzenten, Groß- und Einzelhändlern bis zu den Endverbrauchern durchgesetzt. Oft über Grenzen und Meere hinweg. Derzeit steigen besonders die Energiepreise. Dort ist die Kette meist sehr kurz: Die Anlagen, die am Anfang das Öl aus der Erde pumpen, tragen das gleiche Logo wie die Dorftankstelle, die am Ende das Benzin verkauft: Shell, Esso, Q8... Entsprechend flink setzen sie Preisänderungen durch. Erdgas und Strom haben andere Logos.
Vergangene Woche veröffentlichte das Statec neue Schätzungen der Preisentwicklung. Es erwartet, dass dieses und kommendes Jahr vier bis fünf Index-Tranchen fällig werden.
Die Ankündigung des Statec besagt, dass die Verbraucherpreise binnen zwei Jahren vier oder fünf Mal um 2,5 Prozent steigen: Dann sinken die Reallöhne um zehn oder 12,5 Prozent. Die auf den Lohnzetteln ausgedruckten Nominallöhne bleiben unverändert.
Mit dem Index-Gesetz vom 29. Juni manipulierten DP, LSAP, Grüne und CSV den Index. Es schreibt den Unternehmen vor, die Nominallöhne dieses und nächstes Jahr um je 2,5 Prozent zu erhöhen. Die Unternehmen dürfen die Reallöhne um 10-5=5 oder 12,5-5=7,5 Prozent senken. Dadurch wird der gesetzliche Mindestlohn Ende nächsten Jahres real 116 oder 174 Euro monatlich niedriger. Höhere Löhne und Renten werden um einen höheren Betrag gesenkt.
Die großen und kleinen, die in- und ausländischen Unternehmen kürzen die Reallöhne: Sie erhöhen die Preise, ohne die Nominallöhne zu erhöhen. Seit 1975 verbietet das Index-Gesetz Reallohnkürzungen – wenn die Preise langsam steigen. Steigen die Preise schneller, wird das Gesetz außer Kraft gesetzt.
Die Gewerkschaften wollen Reallohnsenkungen verhindern. Premier Xavier Bettel ließ ihnen keine Zeit, zu reagieren. Gleich nach der Statec-Mitteilung versprach er über Twitter neue Schätzungen: „Op Basis vun dëse Berechnunge wäert ech eng Tripartite aberuffen.“ Die Tripartite ist das Zauberwort, das für zwei oder drei Monate Diskussionen überflüssig machen soll.
Bettels Fraktionssprecher Gilles Baum bestand am 4. August bei RTL auf der Einhaltung der Index-Manipulationen. Dann wird die Auszahlung der Index-Tranchen vom vierten Quartal dieses Jahres, vom ersten und vom zweiten Quartal nächsten Jahres aufgeschoben. Derzeit traut sich niemand, von „streichen“ zu reden. Dann sollen die Unternehmen 2024 eine neue sowie drei aufgeschobene Tranchen auszahlen. Sie sollen die Nominallöhne um zehn Prozent erhöhen.
Das tun sie natürlich nicht. Deshalb soll die Tripartite zusammenkommen. Der „crédit d’impôt énergie“ als Trost für die Index-Tranche vom Juni kostet eine halbe Milliarde Euro. Die Verstaatlichung der Lohnkosten von zwei oder drei weiteren Tranchen würde doppelt oder dreifach so teuer.
„Winter is coming“, beginnt unheilvoll Game of Thrones. Das Erdgas wird knapp und teuer. Den Wirtschaftskrieg zwischen den verfeindeten Reichen sollen die einfachen Untertanen bezahlen. Dann wird die Tripartite ein Erfolg genannt. Wehren sie sich, wird die Tripartite als gescheitert gelten.