Mobilitätsministerin Yuriko Backes (DP) über „die Strecke, die für so viel Aufregung sorgt“
 

„Wenn wir den Ausbau richtig staffeln“

d'Lëtzebuerger Land du 05.04.2024

d’Land: Frau Backes, Ihr Vorgänger François Bausch (Grüne) stellte vor einer Woche die These auf, die politische Weichenstellung für den Tram-Ausbau laufe darauf hinaus, im Mehrjahreshaushalt des Staats Infrastrukturausgaben einzusparen. Ist das so?

Yuriko Backes: Überhaupt nicht. Das ist Oppositionspolitik. Dass der Tram-Ausbau weitergeht, steht im Koalitionsprogramm der Regierung. Dort steht auch, dass wir das Mobilitätskonzept PNM 2035 übernehmen und damit weiterarbeiten. Die Tram bleibt eine Priorität. Sie ist eine Erfolgsgeschichte und wird weiter ausgebaut. Zu meinen, dass finanziell oder irgendwie sonst etwas zurückgeschraubt würde, entspricht nicht der Realität.

Wenn man vom Kirchberg her einen zweiten Zugang zur Innenstadt über die Neipuertsgaass und den Boulevard Royal schaffen würde, würde das die Qualität im Netz erhöhen. Wäre das nicht eine Vorbedingung für neue und längere Strecken?

Solche Fragen werden im politischen Komitee besprochen, in dem das Mobilitätsministerium zusammen mit der Stadt Luxemburg und Luxtram sitzt. Was François Bausch wahrscheinlich nicht weiß: In der letzten Komitee-Sitzung hat Luxtram uns die verschiedenen Lösungen gezeigt, an denen sie arbeiten, mit den verschiedenen Erweiterungen. Luxtram hat erklärt, dass der Abschnitt Neipuertsgaass nicht zwingend notwendig ist bis 2035, wenn wir den Ausbau richtig staffeln. Da haben wir gesagt: Wirklich nötig ist nun die Nord-Süd-Strecke von der Stäreplaz nach Cloche d’Or über die Escher Straße, wie auch die Strecke über die Route d’Arlon zum CHL. Im Koalitionsprogramm steht auch, dass an der schnellen Tram nach Esch gearbeitet wird.

Ich dachte, für die Stadt ist die Nord-Süd-Strecke prioritär, die an der Arloner Straße nicht mehr.

In der Presse stand, Lydie Polfer habe das gesagt, aber das stimmt so nicht. Ich will noch dieses Jahr den Entwurf zum Finanzierungsgesetz für die Strecke entlang der Route d’Arlon im Parlament einreichen. Wir müssen aber realistisch bleiben. Wir werden auf diesen knapp zwei Kilometern nur schrittweise vorankommen, weil Prozeduren eingehalten werden müssen, weil sich zu gegebener Zeit die Frage nach dem Erwerb von Grundstücken stellt und weil PAPs entlang der Strecke berücksichtigt werden müssen. Und es geht nie so schnell, wie wir es uns oft wünschen.

Aber ist nicht die Strecke entlang der Arloner Straße abhängig davon, dass der Abschnitt Neipuertsgaass / Boulevard Royal gebaut wird? Weil es technisch schwierig, wenn nicht unmöglich wäre, von der bestehenden Strecke, vom Kirchberg kommend, an der Stäreplaz auf die Arloner Straße einzubiegen?

Wenn wir einen realistischen Zeitplan haben, wann die Strecke entlang de Route d’Arlon in Betrieb gehen kann, müssen wir eine geometrische Lösung finden, um die Tramlinie aus der Route d’Arlon möglichst sinnvoll in das bestehende Netz einzugliedern. Bisher liegen noch keine einwandfreien Pläne vor, wie das geschehen könnte. Aber daran arbeiten wir.

François Bausch sagt, es gebe fertige Pläne der Neipuertsgaass. Er sei zehn Jahre lang Minister gewesen und kenne die Studien von Luxtram.

Ja, aber was er wahrscheinlich nicht kennt, ist, was Luxtram uns kürzlich vorgelegt hat. Er ging davon aus, dass der Abschnitt Neipuertsgaass prioritär gebaut werden müsste, um den Ausbau entlang der Arloner Straße realisieren zu können. Das ist nun nicht mehr der Fall. Die Stadt Luxemburg sieht genau wie ich die Strecke entlang der Arloner Straße und die Nord-Süd-Achse entlang der Escher Straße als prioritär an. Bis zur Inbetriebnahme der zwei Kilometer Tramstrecke auf der Route d’Arlon werden aber noch einige Jahre vergehen, aus den eben genannten Gründen.

Ich denke, es ist vor allem so, dass Lydie Polfer in der Stadt das Auto nicht zu stark einschränken will. Generell nicht und entlang der Neipuertsgaass im Besonderen nicht.

Da hat sie auch recht, denn es gibt nicht mehr viele Zugänge in die Stadt mit dem Auto. Die Neipuertsgaass ist einer der wenigen Zugänge, über die man mit dem Auto noch reinkommt. Zwischen François Bausch und Lydie Polfer bestanden dazu unterschiedliche Sichtweisen. Nun bin ich Ministerin.

Und Sie haben mehr Verständnis für das Auto und für Ihre Parteikollegin.

Nein, ich schaue mir alles ganz genau an und möchte genau erklärt haben, was für Einschnitte es gibt und was sie bedeuten. Ich will noch mehr Details haben über die Strecke, die für so viel Aufregung sorgt. Zum Beispiel ist die Rede davon, dass die Fußwege an der Neipuertsgaass nicht zu schmal sein dürfen. Es müssen Busse da durchfahren. Die Straße ist ja nicht breit. Da gibt es Beschränkungen.

Ab 2028 soll es auf dem Kirchberg eine zweite Tram-Linie geben. Sie soll in der ersten Phase vom neuen Wohnviertel Laangfur am Boulevard Adenauer entlang Richtung Zentrum führen und vor dem Halt Roud Bréck/Pafendall in die bestehende Strecke einmünden. Zwangsläufig wird dadurch dort mehr Verkehr herrschen. Zu welcher Verschlechterung im Takt muss es dann kommen, wenn der Abschnitt Neipuertsgaass nicht für Entlastung im Netz sorgt?

Es wird keine Verschlechterung der Taktfrequenz im Zentrum geben, das ist gar nicht vorgesehen. Hier würde die Neipuertsgaass nicht zu Entlastungen führen. Ich kann mich natürlich nur darauf berufen, was Luxtram mir gesagt hat. Ich habe mich die letzten fünf Monate mit sämtlichen Thematiken intensiv vertraut gemacht, auch mit der Tram. Es ist keine Rede davon, den Takt im Zentrum zu verschlechtern. Im Gegenteil, wir versuchen alles, um ihn zu verbessern.

Wenn die Tram ab 2028 auf zwei Linien vom Kirchberg Richtung Hamilius fährt und während der Schueberfouer steht nur ein Gleis zur Verfügung, würde aber auf jeden Fall das zum Problem, oder?

Da schauen wir, was wir machen können. Die Gespräche mit der Stadt Luxemburg dazu laufen ganz gut.

Peter Feist
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