Einen Sieg haben die Frauen auf jeden Fall davongetragen, die für diesen Samstag zum landesweiten Fraestreik aufgerufen haben. Egal, wie viele Frauen und Männer schlussendlich die Kundgebung vor Parlament besucht und wie viele wirklich die Arbeit niedergelegt haben. Denn mit dem Streik nach Schweizer Vorbild wollen die Initiatorinnen der Luxemburger Plattform Internationaler Frauentag auf die ungleiche und schlecht bezahlte Verteilung der Erziehungs- und Pflegearbeiten zwischen den Geschlechtern aufmerksam machen.
Das haben sie geschafft. Mit dem erstmalig in Deutschland ins Leben gerufenen, alle vier Jahre am 29. Februar begangenen Equal Care Day haben sie das Thema in die Schlagzeilen gehievt. Der Gedanke dahinter: Ein Mann braucht im Durchschnitt vier Jahre, um dieselbe Fürsorgearbeit zu leisten, die eine Frau in einem Jahr erledigt. Frauen erziehen, kochen, wachen, putzen, betreuen ohne Bezahlung nicht nur daheim, sie sind überdies stärker in Putz-, Pflege- und Betreuungsberufen vertreten; auch diese Tätigkeiten sind in der Regel unterbezahlt. Steuerlich bezuschusste Crèches und Maisons relais verringern zwar die Zeit, die berufstätige Frauen und Männern heute für Erziehungsarbeit insgesamt aufwenden müssen, aber die so gewonnene Freiheit ist zwiespältig: Dass Frauen Geld verdienen, wird heute von Wirtschaft und Politik erwartet. Wer zuhause bleibt und auf Kind oder pflegebedürftige Angehörige aufpasst, riskiert im Alter eine kleine Rente oder sogar Altersarmut.
Frauen in Firmen und Führungsetagen bedeutet aber nicht, dass sie daheim nicht mehr aufräumt, bei den Hausaufgaben hilft oder das Essen kocht – die Familienarbeit kommt meist noch obendrauf. Zwar packen Männer zunehmend eine Hand im Haushalt an, aber nachweislich nicht im selben Umfang wie Frauen. Diejenigen, die es sich leisten können, delegieren die ungeliebten Arbeiten an Tagesmütter und Putzfrauen – in der Mehrheit wiederum Frauen.
Wenn Frauenorganisationen und Gewerkschaften also jetzt gemeinsam für eine faire Aufteilung und Bezahlung der Fürsorgearbeit kämpfen, ist das nur folgerichtig: Zum einen sind Frauen im OGBL in den Pflege- und Putzsparten stark vertreten. Zum anderen bildet die unbezahlte oder schlecht bezahlte Pflege- und Erziehungsarbeit erst das Fundament für die kapitalistische Gewinnmaximierung: Familienarbeit wird ins Private verlagert oder an Kindergärten und den Staat delegiert. Hauptsache, in der Unternehmensbilanz taucht sie nicht auf.
Die Zeit dafür, die ökonomischen Zusammenhänge stärker in den Blick zu nehmen, ist insofern günstig, als mit Metoo, JeSuisUneVictime und Aufschrei weibliche Wut und die Kritik an patriarchalen Machtverhältnissen Momentum haben: Immer mehr Frauen (und zunehmend Männer) wollen ungerechte, erniedrigende, beschränkende Rollenzuschreibungen nicht länger hinnehmen. Auch wenn manch einer feministische Forderungen als verrückte Ideen humorloser Emanzen abkanzelt – Feminismus war immer Herrschaftskritik: gegen die systematische Benachteiligung/Ausbeutung eines (sozialen) Geschlechts, die mit biologistischen Bildern und Mythen rund um weibliche Reproduktion bis heute legitimiert, zementiert und reproduziert wird.
Dass Frauen und Männer sich der Erwartung verweigern und für echte Gleichheit auf die Straße gehen, passt selbstverständlich nicht jeder oder jedem; und vor allem denjenigen nicht, die wirklich etwas zu verlieren haben: die Männer, deren Egos es nicht aushalten, wenn Frauen Karriere machen und ihre vermeintliche Dominanz in Frage stellen, sowie die Unternehmen, die ihre soziale Verantwortung nicht wahrhaben wollen. Frauen sollen sich nicht so aufregen, sie hätten genug erreicht und jetzt reicht’s doch mal, kommentieren sie verächtlich im Internet. Da haben wohl welche einen Nerv getroffen.