Politische Vorhaben und Ideen bedürfen eines entsprechenden Marketings. Das weiß keine Partei besser als die DP, die für sich in Anspruch nimmt, eine „Politik des gesunden Menschenverstands“ zu betreiben. Diese Politik soll möglichst niemanden belasten, am wenigsten die traditionelle DP-Wählerschaft. Stattdessen soll sie korrigieren und wenn sich das machen lässt, noch ein kleines Geschenk ausreichen.
Weil das mit der intelligenten Korrektur an der richtigen Stelle und dem Verteilen kleiner Geschenke selten einfach ist, wird DP-Politik nicht nur besonders von Marketing begleitet, sondern das Resultat ist am Ende häufig bescheidener als die schönen Versprechen.
So etwa jener Teil der Steuerreform in der vorigen Legislaturperiode, mit der DP-Finanzminister Pierre Gramegna den Einstieg in die Individualbesteuerung von Einkommen angekündigt hatte. Vor zwei Wochen musste er einräumen, dass die seit Anfang 2018 geltenden zwei Optionen nicht sehr populär sind. Knapp ein Prozent der verheirateten ansässigen Steuerpflichtigen nutzt sie, und offenbar macht die Hälfte der Leute die Entscheidung nach einem Jahr wieder rückgängig (d’Land, 03.09.2021).
Oder die „Klimabank“, für die die DP jahrelang aus der Opposition geworben hatte: Halte eine Bank einen Hausbesitzer für nicht solvent genug für die Vergabe eines Kredits zur energetischen Renovierung seiner Immobilie, könnte bei einem solchen „Marktversagen“ eine spezielle Klimabank die Renovierung vorfinanzieren. Der Nutznießer würde den Kredit anschließend aus den eingesparten Energiekosten in mehreren Jahren zurückzahlen. Doch weder stiegen die Energiepreise derart, dass so ein „Contracting“ praktikabel erscheinen konnte, noch wollte die DP nach dem Regierungswechsel 2013 so weit gehen, ein „öffentliches Kreditinstitut“ mit einem Spezialkapital auszustatten, wie das 2011 ihre damaligen Abgeordneten Eugène Berger und Claude Meisch in einer langen Pressekonferenz dargelegt hatten. Am Ende wurde daraus eine staatlich garantierte Bürgschaft für niedrig, beziehungsweise zum taux zéro verzinste Kredite, die Anfang 2017 in Kraft trat. Weil seither nur 230 Personen die Möglichkeit nutzten, soll sie nun wegen „zu viel bürokratischem Aufwand“ abgeschafft und durch einen staatlich garantierten Niedrigzinssatz für alle ersetzt werden.
Diesen Montag öffnete DP-Bildungsminister Claude Meisch ein Füllhorn an Ideen anlässlich der Schoulrentrée. Er kündigte vor allem die Einführung einer allgemeinen kostenlosen Hausaufgabenhilfe an sowie die Heraufsetzung der Schulpflicht vom 16. auf das 18. Lebensjahr. Durch Letztere will er Schulabbrüchen entgegenwirken. Jugendlichen, die sich in einer schwierigen Lebensphase befinden, weder Lust auf Schule noch auf eine Lehre haben und zuhause sitzen, oder Schüler/innen im Régime prépatatoire, die nicht alle Module erfolgreich absolviert haben, um eine Lehre beginnen zu können, die zu einem CCP führt, sollen „Ausbildungsangebote“ erhalten.
In einem Interview im Radio 100,7 am Mittwoch war der Minister so ehrlich einzugestehen, dass es „mindestens drei Jahre“ dauern werde, die zusätzlichen Angebote zu schaffen. Infrastrukturen würden ebenfalls gebraucht. Bleibt zu hoffen, dass diese Ankündigung tatsächlich zum Ziel führt und man sich daran in ein paar Jahren nicht als ein weiteres „DP-Versprechen“ erinnert, das lediglich schön aussah. Die Gefahr besteht sehr wohl, denn bei allen guten Absichten wären „zusätzliche Ausbildungsangebote“ ebenso wie die allgemeine Hausaufgabenhilfe End-of-pipe-Lösungen, die nichts an den Problemen ändern, die das Luxemburger Schulwesen als System hat. Verglichen damit, ist die Ankündigung weiterer öffentlicher Europaschulen und einer weiteren Diversifizierung des Schulangebots leicht zu haben und typisch DP: Kleine Geschenke, die man sich nur finanziell leisten können muss, und die immer mehr Markt ins Schulwesen tragen.