Regierungsbilanz (2): Zu wenig angepackt zu haben, kann man Claude Meisch nicht vorwerfen

Schulmanager in Aktion

Claude Meisch, Minister für Erziehung, frühe Kindheit, Jugend und Hochschule
Photo: Sven Becker
d'Lëtzebuerger Land du 06.07.2018

„Staark Kanner – Eng Häerzenssaach“ heißt das Buch, das Bildungsminister und DP-Kandidat Claude Meisch am Donnerstagabend im Differdinger Science Center vorstellte und das, so der Klappentext, Einblick in „säin Handelen, seng Erfarungen a seng Iwwerzeegungen als Bildungsminister“ geben soll. Rechtzeitig vor den Wahlen kommt also ein Text, der mittels persönlichen Anekdoten den Mensch hinter dem Politiker zeigen und Meischs Reformen nachträglich Sinn und Seele einhauchen soll. Wie bei den meisten Porträts, die von Politikern (respektive ihren Ghostwritern) geschrieben werden, ist auch hier das Ziel, das eigene Handeln in ein gutes Licht zu rücken.

Doch der Beweis dafür, dass Meischs zuletzt stabsmäßig umgesetzte Bildungspolitik gelungen ist, ist gar nicht erbracht. Das liegt zum einen daran, dass Reformen, und derer hat er in den vergangenen fünf Jahren viele auf den Weg gebracht, ihre Wirkung oftmals erst nach mehreren Jahren entfalten. Zum anderen ist der Erfolg vieler Gesetzesinitiativen und -änderungen deshalb nicht zu messen, weil sie erst noch umgesetzt werden müssen. Wird die nunmehr vierte Korrektur der Berufsausbildungsreform, die Meisch kurz vor der Sommerpause der Abgeordnetenkammer vorlegte, ein Erfolg, wird sie spürbare Verbesserungen in der Berufsschulorganisation und bei den Lehrlingen bringen? Führt die digitale Strategie, die der Minister im Mai 2015 vorstellte, dazu, dass der IT-Fachkräftemangel verstärkt durch eigene Arbeitskräfte abgedeckt werden kann?

Von Aktionen und Aktionismus

85 bildungspolitische Aktionen hatte der Minister bei seinem Amtsantritt angekündigt – und zumindest in einem Punkt dürfte er recht behalten: Man kann ihm nicht vorwerfen, er habe zu wenig angepackt, sagte Meisch selbstbewusst in einem Land-Interview im März diesen Jahres. Von oberflächlichen PR-Tricks wie das Umbenennen der Équipes multiprofessionelles in Équipes de soutien des élèves à besoins éducatifs particuliers ou spécifiques, des Plan de réussite scolaire in Plan de développement scolaire, oder des schulpsychologischen Dienstes in Service psycho-social et d’accompagnement scolaire bis hin zu tiefergreifenden wie der „Qualitätsoffensive“ in der außerfamiliären Kinderbetreuung, von Projekten, die Vorgängerin Mady Delvaux-Stehres (LSAP) in die Wege geleitet hatte, wie die Sekundarschulreform oder dem Lehrer-Praktikum, bis hin zu Ideen, die seine eigene Handschrift tragen wie die sprachliche Früherziehung, das Zentrum für politische Bildung oder der Mediator, reicht die Bandbreite. Meischs größter Beitrag zur Gesamtbilanz der DP-LSAP-Grüne-Regierungskoalition ist die Einführung eines Wertefachs, das den Religionsunterricht ablöst und den jahrzehntelangen Kulturkampf um die Trennung von Kirche und Schule vorerst beendet.

Kaum ein Bildungsminister hat in einer Amtszeit so viel angestoßen wie der ehemalige Banker, der auf Informationsveranstaltungen lässig und redegewandt herüberkommt und sich in seinen DP-Wahlspots als hemdsärmeligen volksnahen Macher inszeniert, das hellblaue Hemd hochkrempelt, den Blick fest nach vorn gerichtet, der aber vom kaltherzigen kühl kalkulierenden Manager-Image schon wegen seiner eigenen Schwerpunktsetzungen und Vorgehensweise kaum wegkommt: Keiner hat so viele organisatorische Neuerungen veranlasst, deren Langzeitfolgen nicht abzusehen sind, die aber das Gesicht der Luxemburger Schullandschaft, insbesondere der öffentlichen Schule, auf Jahre prägen dürften.

Dabei war Meischs Debüt im Super-Ressort aus Bildung, Kindheit, Jugend und Hochschule ziemlich holprig und voller Pleiten, Pech und Pannen. Mit als Zukunftspak euphemistisch verpackten Sparmaßnahmen handelte sich Meisch gleich zu Beginn eine massive Konfrontation mit den Gewerkschaften und Lehrerkomitees ein, die Kürzungen bei ihrer Tâche auf keinen Fall hinnehmen wollten. Alle Seiten schenkten sich nichts, ein Schlichtungsversuch scheiterte. Dann schaffte es Meisch, doch noch eine Vereinbarung zu erzielen, die von Feduse und Apess gegen die Lehrerkomitees getragen wurde. Eine Entscheidung, die die Apess teuer bezahlen sollte, als sie kurz darauf in eine Führungskrise stürzte. Auch das SEW ließ Federn; in der Folge konsultierte Meisch die widerspenstige Gewerkschaft immer weniger. Dafür berichteten Insider von Treffen zwischen SNE-Funktionären und Beamten in bester Atmosphäre, die schließlich per gemeinsamer Vereinbarung Sparmaßnahmen im Grundschulbereich besiegelten.

Holpriger Einstand

Hier zeigte sich früh ein Talent von Meisch und seinem engsten Berater Lex Folscheid: Beide beherrschen das politische Handwerk von der Pike auf, sie wissen geschickt, unterschiedliche Interessen zu nutzen – und sie gegeneinander auszuspielen, sofern es dem eigenen Vorteil dient. Um sicher zu sein, dass seine Anweisungen in einem seit neun Jahren sozialistisch geführten Ministerium Gehör fanden, gründete der Minister gleich zu Beginn ein Koordinationsbüro, das ihm direkt zuarbeitet und das die flachere Hierarchie unter Mady Delvaux ablöste, bei denen die Abteilungschefs mehr Gewicht und Mitspracherecht hatten. Zudem besetzte Meisch Schlüsselpositionen neu. Im Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogique, kurz: Script, wurde der als nicht durchsetzungsstark genug eingeschätzte Jos Bertemes durch den ambitiösen Luc Weis ersetzt, der die Abteilung umstrukturierte und ausbaute. Ein strategischer Schachzug, der sich insofern auszahlt, als Meischs Ideen dort in konkrete Konzepte und Projekte umgesetzt werden, etwa zur Früherziehung, zum Sprachenunterricht, bei den Lehrmitteln. Pierre Reding, meinungsstarker ehemaliger Grundschulinspektor im Osten, zog ins Koordinationsbüro ein; mit der Neuordnung und Umwandlung der Inspektorate in Regionaldirektionen konnten weitere wichtige Führungspositionen neu besetzt werden. Dafür verließ einer der erfahrensten Beamten, der ehemalige Generalkoordinator Michel Lanners mit CSV-Parteikarte, das Ministerium in Richtung Hotelschule Diekirch.

Organisatorische Tabula rasa

Dass mit der organisatorischen Tabula rasa immer die für die Zukunft des Bildungswesens beste Option gewählt wurde, ist dabei allerdings nicht sicher. So notwendig es war und ist, Strukturen (weiter) zu entwickeln und die Professionalisierung etwa der Fortbildung und der Schulentwicklung voranzutreiben – und das Verdienst hat Meisch zweifelsohne durch gebündelte Verantwortlichkeiten beim Script oder den massiven Ausbau des Lehrerweiterbildungsinstituts Ifen–, bleibt unklar, ob die neuen Posten und Positionen mit der nötigen Expertise besetzt wurden, um qualitativ Besseres zu entwickeln. Oder waren es in erster Linie politisch motivierte Besetzungen?

Das SEW wirft Meisch vor, die 150 Speziallehrer, die Kindern mit Lernschwierigkeiten unter die Arme greifen sollen, seien ein taktisches Zugeständnis an die Konkurrenz-Gewerkschaft SNE gewesen, die mehr Aufstiegsmöglichkeiten wollte. Mit der Folge, dass der Braindrain den jetzt schon akuten Personalmangel in den Schulen verschärft. Das Fachwissen komme bei den Schulen und im Unterricht nicht an, schimpft das SEW. Grundlage für pädagogische Entwicklung sind neben Sachverstand und Projekterfahrung Freiräume, Neues zu denken, das „Wechseln der Blickwinkel“, wie Meisch es in seinem Buch PR-tauglich nennt. Mitarbeiter berichten zuweilen von einer angespannten Atmosphäre auf den Fluren im Edupôle in Walferdingen und in der Rue Aldringen, von zentralistischer Organisation und deutlich mehr Kontrolle. In ihrem Eifer, ihre Vorstellungen umzusetzen, mit dem Hang, Projekte in handverlesenen Arbeitsgruppen vorzubereiten und dabei wichtige Protagonisten außen vor zu lassen, stießen Meisch und seine Berater engagierte Lehrer vor den Kopf, die noch unter Delvaux entscheidend zu reformerischen Impulsen beigetragen hatten, und düpierten zudem Experten von außen.

Politikum Sprachenunterricht

Das zeigte sich besonders deutlich bei der politisch brisanten Reform des Sprachenunterrichts. Die sprachliche Gratis-Frühförderung auf Luxemburgisch und Deutsch in einem mehrsprachigen Kontext einzuführen und den Sprachenunterricht quasi von unten her neu aufzubauen, war Meischs Idee. Ob der Ansatz hält, was er verspricht, ist unklar. Eine Konferenz mit internationalen Experten zur sprachlichen Frühförderung entpuppte sich als Konferenz mit Experten aus Deutschland, die den von Meisch bevorzugten Ansatz teilten. Kontroverse Meinungen von Sprachwissenschaftlern der Uni Luxemburg zu Meischs Vorgehen, angesichts der Komplexität der hiesigen Sprachensituation und Bevölkerungsvielfalt zwangsläufig vorhanden, wischten der Minister und sein Berater brüsk beiseite. Heute verkauft der DP-Politiker seine Aufwertung des Luxemburgischen als Heranführung an und Hilfestellung für die spätere Alphabetisierung auf Deutsch – dabei ist die behauptete Brückenfunktion wissenschaftlich nicht bewiesen. Forscher, die sich kritische Einwände erlauben, müssen erleben, vom Ministerium ignoriert zu werden oder in ihre Arbeit hineinredigiert zu bekommen.

Die Luxemburgisch-Offensive passt gut in die tümelige Heimat-Rhetorik, die Meisch für seine Sache zu instrumentalisieren versucht. Die ADR liegt richtig mit ihrer (neidvollen) Feststellung, die Bedeutung des Luxemburgischen in der öffentlichen Schule sei für die DP zuvor nie Thema gewesen – bis sich abzeichnete, dass damit Referenden zu gewinnen sind. Soeben hat Instinktpolitiker Meisch, der bei der Vorstellung des Wertefachs Vie et société noch das Miteinander der Kulturen betonte, einen 20-Jahresplan zur Förderung des Luxemburgischen verabschieden lassen, Sprachzentrum inklusive. Ob das populistische Trittbrettfahren sich für die DP auszahlt, wird sich bei den Wahlen im Oktober zeigen. Auf jeden Fall trägt es dazu bei, dass sich das gesellschaftliche Klima verändert, dass immer unverhohlener Abschottung, Ausgrenzung und Homogenität statt Offenheit und Vielfalt propagiert werden und Ressentiments gegenüber Grenzpendlern und Ausländern in den sozialen Netzwerken grassieren. Derselbe Minister, der gegen CSV-Oppositionspolitikerin Martine Hansen wetterte, weil diese sich in einem Radio-Interview angeblich nicht genügend gegen rechte Holocaust-verharmlosung abggerenzt habe, bedient mit seiner neu entdeckten Luxemburgisch-Liebelei das Identitätsnarrativ einer wiedererstarkten Rechten.

Weise gëlt

Claude Meisch verteidigt seinen Sprachenansatz mit dem Argument, soziale Unterschiede früh anzugehen, in dem Kleinkinder von sozial benachteiligten Schichten bereits in der Crèche an die Luxemburger Mehrsprachigkeit herangeführt werden. Dass er damit die Bedeutung der Sprachen als Determinante für den schulischen Erfolg zementiert, scheint ihm und seinen Denkern nicht aufzufallen. Man darf gespannt sein auf den nächsten Bildungsbericht der Uni Luxemburg, der eigentlich dieses Frühjahr kommen sollte, dessen Veröffentlichung dann auf den Winter verschoben wurde. Positiver Nebeneffekt für Meisch: Somit sind unerfreuliche Ergebnisse, die möglicherweise den die soziale Segregation verstärkenden Einfluss der Schulen bestätigen, aus dem Wahlkampf herausgehalten.

Das ist seine Achillesferse: Als Verfechter liberaler output-orientierter Bildungsideale, wonach jeder seines eigenen Glückes Schmied ist, der sich nur anstrengt, müsste Meisch sich und seine Politik an eben diesen Grundsätzen messen lassen: Was bringen seine Reformen den Schulen, was bringen sie den Schülerinnen und Schülern? Und welchen genau? Dass Meischs Losung, „unterschiedliche Schulen für unterschiedliche Schüler“ zu bauen, neben herkömmlichen Schulen diverse neue Angebote entstehen zu lassen, siehe die Europaschule in Differdingen oder das englischsprachige Angebot des Lyzeums Michel Lucius, und Schulen mehr Autonomie einzuräumen, helfen wird, den sozialen Graben in der öffentlichen Schule zu schließen oder ungleiche Bildungschancen zumindest zu mindern, ist überhaupt nicht ausgemacht. Dagegen spricht: Wenn Schulen sich ausdifferenzieren, wenn sie verstärkt in Konkurrenz zueinander treten, dann riskieren gerade diejenigen, die nicht wissen, wo sie suchen sollen, ins Hintertreffen zu geraten. Die Anzahl derjenigen Schüler, die in Privatschulen abwandern, steigt stetig.

Aber das scheint kaum jemanden zu stören: Die größte Gewerkschaft SNE nicht, das, wenn es grad passt, betont, im Interesse der Schüler zu handeln, die Lehrer nicht, die wegen chronischem Personalmangel und unverändert vollgepfropfter Lehrpläne kaum dazu kommen, sich übergeordnete Gedanken zu Schulreformen und pädagogischer Entwicklung zu machen. Nur das SEW versucht, eine kritische Reflexion über Privatisierungstendenzen in der öffentlichen Schule anzukurbeln, setzt dabei aber ausschließlich auf befreundete Gewerkschafter, so dass die wichtige Debatte kaum über den Kreis der üblichen Verdächtigen hinaus gelangen dürfte. Außerdem hat die Gewerkschaft wegen ihres oft kategorischen Neins gegen Reformideen der LSAP-Ministerin Glaubwürdigkeit verspielt. Selbst der anhaltende Lehrermangel, verschärft durch die Spezialisierung und von Meisch durch provisorische Lockerungen beim Stage und der Erleichterungen beim Zugang zum Concours nur oberflächlich angegangen, konnte ihm nicht gefährlich werden: Das Schlamassel hat er schließlich von seinen Vorgängern geerbt und deren Parteien wissen sich selbst auch keinen Rat.

Kaum Kritik

Meisch kommt zupass, dass es wenige Professionelle gibt, die sich noch kritisch und öffentlich mit bildungspolitischen Trends auseinandersetzen. Es herrscht allgemeine Rat- oder Sprachlosigkeit. Da ist auch die Uni keine große Hilfe, die selbst noch immer ihr Profil sucht. In den Bildungswissenschaften kursieren fruchtbare Forschungsansätze, unter anderem im Bereich der Mehrsprachigkeit. Doch nach dem Weggang von Romain Martin (Vizerektor) und dem Wechsel von Antoine Fischbach an die Spitze des Bildungsmonitoring-Zentrums Lucet sind kaum Forscher da, die fundiert Positionen zu hiesigen Trends beziehen (können oder wollen). Diese Lücke versucht nun ausgerechnet der Minister selbst zu stopfen: Mit einem Observatorium, das bildungspolitische Trends ausmachen und dazu unabhängig Stellung beziehen soll – deren Vertreter allerdings vom Bildungsminister ausgewählt sind.

Auch in den meisten Medien fehlt es an der nötigen Kompetenz, um Maßnahmen, die Meisch mit perfekt gefeilter Rhetorik präsentiert, auf ihre Schlüssigkeit zu hinterfragen und längerfristige Folgen für die Luxemburger Schullandschaft abzuschätzen. Die wenigen Bildungsjournalist/inn/en lassen sich an einer Hand abzählen – meistens betreuen sie neben dem Schulressort weitere Themen und für tiefere Analysen fehlt ihnen schlicht die Zeit. Die Artikel der Tagespresse sind jedenfalls oft mehr Verlautbarung als unabhängige Auseinandersetzung.

Auf der Seite der Politik und der Parteien ist ein ähnlicher Absentismus zu beobachten: Mit dem Ausscheiden des grünen bildungspolitischen Sprechers, dem Merscher Abgeordneten Claude Adam, verlässt einer der wenigen gut informierten Schulpraktikern die politische Bühne. Adam war Grundschulinspektor und Dozent der Lehrerausbildung und kannte das System gut. Zuletzt war er aber kaum mehr aufgefallen und seine Interventionen, respektive die seiner Partei, waren so wenig kritisch und so regierungstragend, dass Déi Gréng heute nicht einmal mehr ein Problem damit haben, eine Reform der Éducation différenciée mitzutragen, die von Betroffenen kritisiert wird oder neben der Unité de sécurité noch einen weiteren Jugendknast zu erwägen.

Die CSV-Abgeordnete Martine Hansen, Ex-Direktorin der Ackerbauschule in Ettelbrück, ist fachlich ebenfalls versiert, gleichwohl hat die größte Oppositionspartei zur bildungspolitischen Diskussion in den vergangenen fünf Jahren wenig eigene Ideen von Substanz beigesteuert – von Meischs größtem Projekt, der Gratis-Sprachförderung in der Früherziehung, war sie geradezu überrumpelt worden.

Wo sind die Gegenentwürfe?

Ausgerechnet die LSAP, deren Ministerin Mady Delvaux-Stehres es war, die sich traute, den lange währenden Status quo zu hinterfragen, politische Prämissen zu überdenken und die mit umfassenden Strukturreformen begann, hat fünf Jahre nach Regierungsantritt keine/n einzigen Bildungspolitiker/in von Format vorzuweisen. Mady Delvaux und Ben Fayot, bei allem Sachverstand und Engagement, haben es versäumt, den Nachwuchs aufzubauen und einzuweihen – oder es war niemand da, der oder die sich in die komplexe und zuweilen technische Materie einarbeiten will. Politische Lorbeeren sind mit Schulpolitik kaum zu gewinnen. Claude Haagen, LSAP-Parteichef aus Diekirch, verfügt als Lehrer wohl über die nötige Kompetenz, nur ist davon in den Bildungsdebatten am Krautmarkt wenig zu bemerken; es gilt, den Kurs der Dreierkoalition ohne zu murren mitzutragen. Eigene Ideen und Initiativen lässt die Partei missen, zu deren Hauptforderungen traditionell die nach gleichen Bildungschancen für alle zählt, und viel spricht dafür, dass das mit dem Wahlprogramm nicht anders sein wird. Dabei lässt sich die wirtschaftliche Diversifizierung Luxemburgs, für die Wirtschaftsminister Etienne Schneider und Staatssekretärin Francine Closener (beide LSAP) werben, ohne kompetente und kreative Köpfe nicht umsetzen. Woher sollen diese kommen?

Vermutlich sind Bildungspolitiker quer über Parteigrenzen hinweg klammheimlich geradezu erleichtert: Denn Meisch hat das Verdienst, lästige Strukturprobleme angegangen zu sein, gegen den Widerstand der Gewerkschaften, etwas das Mady Delvaux nur teilweise gelungen ist. Er hat den Aufbau des dreijährigen Stage durch einen Ausbau des Weiterbildungsinstituts organisiert – um den angehenden Lehrern dann opportunistisch in Aussicht zu stellen, ihn wieder auf zwei Jahre zu verkürzen, um ja die Wählerstimmen der Beamten nicht zu verlieren. Meisch hat den Kulturk(r)ampf um die Trennung von Kirche und Schule gewonnen und das Wertefach eingeführt, etwas, das sich Teile der CSV vorstellen konnten, das aber unter CSV/LSAP nicht durchgesetzt wurde. Damit sind zwei heiße bildungspolitische Kartoffeln vom Feuer, mit der sich die künftige Regierung und deren Koalitionspartner nicht mehr herumschlagen müssen.

Ines Kurschat
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