Luxemburg zur Griechenland-Krise

Allein gelassen

d'Lëtzebuerger Land du 10.07.2015

Kurz bevor Regierung und Europäische Kommission am Freitagabend in sengender Hitze auf der Place d’armes den Luxemburger Ratsvorsitz eröffneten und Beethovens Ode an die Freude durch die Stadt schallte wie die Weihnachtslieder in der Belle Étoile, manifestierten vielleicht 200 Leute auf der nahen Place Clairefontaine. Wie in den anderen europäischen Hauptstädten am Wochenende drückten sie ihre Solidarität mit Griechenland aus, das gerade unter seiner Schuld zusammenbrach und von der Europäischen Zentralbank erdrosselt wurde.

Der Star der Kundgebung war der ehemalige Luxemburger Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf, Jean Feyder, der sich auf linksliberale Nobelpreisträger wie Paul Krugman und Joseph E. Stieglitz berief, um die wirtschaftliche Unsinnigkeit der Austeritätspolitik von Europäischer Kommission, Zentralbank und Internationalem Währungsfonds zu belegen.

Seine Ansichten teilte ein anderer Überraschungsgast, Jean-Claude Reding, der sich ausdrücklich in persönlichem Namen an die Manifestanten richtete. Er forderte einen Schuldenerlass für Griechenland, ähnlich wie denjenigen, der 1953 Deutschland gewährt wurde. Dass sich der Präsident der Salariatskammer nur als Privatperson äußerte, sagte sicher viel darüber aus, wie gering das Verständnis hierzulande für die Griechen ist, die am Sonntag in einem Referendum mit einer unerwartet großen Mehrheit das Ende der inneren Abwertung als Preis für den Verbleib in der Euro-Zone verlangen sollten.

Die einsame Privatperson des ehemaligen OGBL-Präsidenten Jean-Claude Reding machte aber vor allem die Abwesenheit des OGBL überdeutlich, der nicht einmal mit zur Kundgebung aufgerufen oder bloß eine Sympathieerklärung abgegeben hatte. Präsident André Roeltgen erklärte nach der Sitzung des Nationalvorstands am Dienstag, dass die Gewerkschaft sich vor dem Referendum nicht habe einmischen wollen, weil es eine Angelegenheit der Griechen gewesen sei.

Doch auch die traditionell linkere FNCTTFEL, der christliche LCGB und die ständig die liberale Austeritätspolitik geißelnde CGFP hatten sich bedeckt gehalten. Sie wollten nicht hören, dass der dritte Redner, der lokale Syriza-Sprecher Vassilis Sklias, warnte, sein Land sei das Labor der Europäischen Union für neoliberale Reformen.

Die Griechen wurden aber nicht nur von der organisierten Zivilgesellschaft gemieden. Auch die politische Linke blieb bis auf eine Ausnahme auf Distanz, von der Rechten gar nicht zu reden. Von den Parteien nahmen lediglich einige Mitglieder von LSAP, Linken und Grünen an der Kundgebung teil. Zu dem Luxemburger Unterstützungskomitee für Griechenland, das die Kundgebung organisiert hatte, bekennt sich nur die kleinste Partei im Parlament, die Linke. Schon auf dem Parteitag Ende März hatte sich die LSAP-Führung geschlossen bemüht, den Mitgliedern jede Sympathie für Griechenland und dessen Linksregierung auszureden, weil das, so Wirtschaftsminister Etienne Schneider, die Luxemburger Steuerzahler „400 bis 500 Millionen“ Euro zu kosten drohe (d’Land, 27.3.15). Die Kommunistische Partei boykottiert zusammen mit den griechischen Kommunisten die Syriza, auch Mitglieder von CSV, DP und ADR fehlten ganz. rh.

Romain Hilgert
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