Wahlen zu gewinnen, schien der CSV jahrzehntelang selbstverständlich. Die alten Herren fanden neumodische Werbung albern. Die CSV war Fournisseur de la Cour. Sie brauchte kein Logo: Sie hatte die Landesfarben des CSV-Staats, das Kruzifix des Bistums, die Fraktur des Luxemburger Wort. Der Staat bezahlte keine Parteifunktionäre für den Wahlkampf. „Vertrauensmänner“ führten den Wahlkampf nach Feierabend. Oder tagsüber in ihrem Ministerium. Die Parteipropaganda war hausbacken.
1974 verlor die Partei die Wahlen. Die Achtzigerjahre waren die goldene Zeit der „fils de pub“. Die CSV leistete sich ihr erstes Logo: Den fetten Schriftzug der deutschen CDU. In Schwarz mit einem rot-weiß-blauen Kreidestrich.
Das nächste Firmenzeichen waren weiße Lettern auf grauem Grund. Einziger Trost war ein Tupfer Türkis. Die Partei verlor weiter Wählerstimmen. Es war der Siegeszug des Neoliberalismus: Der Religion von der rücksichtslosen Bereicherung, von der Verachtung der Armen, von der Ausplünderung des Staats. Die Volkspartei bekam Angst, dass sie den Zeitgeist verpasste.
Für die Kammerwahlen 2004 lieferte die Werbeagentur Imedia ein neues Logo. Statt grau und schwarz war es in der Signalfarbe Orange. Das war die poppige Modefarbe der Siebziger. Die CSV wollte alles sein, bloß nicht mehr „déi Schwaarz“ und „d’Pafen“. Auf dem Landeskongress im Mai 2004 bekamen die Delegierten Apfelsinen geschenkt. Was hätten sie auch mit Briketts angefangen?
Wahlen zu verlieren, scheint der CSV heute selbstverständlich. Nach 2013 und 2018 prophezeien Meinungsumfragen ihr für nächstes Jahr weitere Mandatsverluste. Der Putsch der Fraktion gegen den Parteipräsidenten vor einem Jahr erschütterte das Vertrauen der Mitglieder.
Vor zwei Wochen waren die Mitglieder zum sommerlichen Familienfest eingeladen. Sie sollten sich mit der Parteiführung versöhnen. Sie sollten sich für den Wahlkampf nächstes Jahr aufraffen. Sie bekamen ein „Kick-off Event“ versprochen. Stattdessen bekamen sie ein neues Logo vorgeführt.
Das Logo kommt von der Hamburger Werbeagentur Guru. Es ist das Logo der CDU Berlin. Das Wort „Berlin“ wurde durch schraffierte Konturen des Großherzogtums ersetzt.
„Der heute wesenhafteste, der merkantile Blick ins Herz der Dinge heißt Reklame“, schrieb Walter Benjamin (Einbahnstraße, S. 63). Das Logo zeigt ein rechtwinkliges, schwarzes Trapez. „C’est surtout le noir que je vois, qui a toujours été la couleur du CSV“, freute sich Parteipräsident Claude Wiseler. Nach zwei Jahrzehnten schämt die Partei sich nicht mehr ihrer Tradition.
„[S]i j’avais proposé de changer de nom, d’abandonner le ‚C‘, je me serais fait lyncher“ (Le Quotidien, 13.6.).
In Zeiten der politischen Regression meldet sich das Schwarz der Soutanen zurück. Es steht für den Glauben. Gottesfeinde sagen: für den Obskurantismus. Aber es ist nicht der Glaube an Gott. Es ist der verzweifelte Glaube der CSV an ihre ruhmreiche Vergangenheit.
Das Namenskürzel ist türkis, aprikosefarben und schwach grau. Die Mischfarben sind zweideutig wie das Weltbild einer „konservativen Partei der Mitte“. Sie fühlt sich in der Mitte verloren zwischen einer liberalen Regierungskoalition und einer nationalkonservativen ADR-Konkurrenz.
Türkisaprikosengrau ist die liturgische Farbe einer Volkspartei, die Klassenwidersprüche übertünchen will. Die für alle da sein will, „fir déi Déck a fir déi Dënn“. Im Zeitalter der Diversität müssen sogar die Schwarzen bunt sein. Statt knallig sind die Farben stumpf. Sie versprechen eine abgestumpfte, integrierte Diversität. Am liebsten eine zu Grau Verrührte.
Die Parteiführung der „nei CSV“ wurde gewählt, um Ruhe in die Partei zu bringen. Ihr Firmenzeichen muss bieder wie sie selbst sein. Werbeagenturen sprechen nie von „konservativem Design“. Sie verkaufen stets ein „eher konservatives Design“. Sie wissen zu gut, wie langweilig das ist.