Der Mouvement écologique hat versucht, sich mit den Renten zu befassen. Der Versuch endete in malthusianischer Hysterie. „Fantasielos“ verharre die Finanzierung des Sozialsystems, vor allem der Renten, in einem „steten Wachstumszwang“, klagte der Umweltverband am Montag. Mit vier Expert/innen des Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) las der Mouvement écologique im Bilan technique der Generalinspektion der Sozialversicherung (IGSS) von 2022 über die Renten und im Ageing Report 2021 der EU-Kommission für Luxemburg. Dort ist die Rede von 785 000 Einwohner/innen im Jahr 2070 (das Statec rechnet eher mit einer Million). Angenommen werden ferner 630 000 Aktive (heute rund eine halbe Million). Sowie jährlich 1,2 Prozent mehr Produktivität und 1,8 Prozent mehr BIP. Der Mouvement écologique ist erschrocken: Dann wäre die Wirtschaftsleistung 2070 fast doppelt so groß wie heute. Ein „Irrweg“, denn bei allen Bemühungen um Effizienz und neue Technologien wäre eine „absolute“ Senkung von CO2-Ausstoß, Flächen- und Ressourcenverbrauch so nicht zu schaffen. Und auch „grünes Wachstum“ sei Wachstum.
Das ist natürlich ein wichtiger Punkt. Und das Wifo hat wohl ebenfalls recht, wenn ihm „unsicher“ vorkommt, dass die Produktivität bis 2070 um jährlich 1,2 Prozent zunehmen soll. Und dass davon ausgegangen wird, dass die aktive Bevölkerung sich langfristig zur Hälfte aus frontaliers zusammensetze: Werden sich die Reservoirs der Nachbarländer auf längere Sicht tatsächlich derart anzapfen lassen?
Berechtigte Frage. Doch so genau will weder die EU-Kommission noch die IGSS das wissen. Die IGSS schätzt alle fünf Jahre ab, ob in den jeweils nächsten zehn Jahren der Beitragssatz zur Rentenversicherung im Privatsektor reicht. Die Ageing Reports der EU-Kommission rechnen den EU-Ländern alle drei Jahre eine „implizite Staatsschuld“ wegen der Alterung ihrer Bevölkerungen vor. „Projektionen“, das schreibt die Kommission selber, seien das nicht, nur „Möglichkeiten“. Die allerdings überzeugend genug vorgetragen werden, um zu Haushaltsdisziplin anzuhalten. Die IGSS zitiert sie, damit Luxemburg sein „Triple A“ nicht verliert.
Den Mouvement écologique überfordern diese Zusammenhänge offenbar. Dass seine Wachstumskritik falsch verstanden werden könnte, dämmert ihm immerhin, denn in „Schlussfolgerungen“ seines rentenpolitischen Papiers bekennt er sich zu einem „solidarischen Sozial-
system, das es erlaubt, in allen Lebenslagen ein gutes Leben führen zu können“. Und teilt gegen den Kapitalismus aus, gegen „Profitgier“ und „übermäßige Kapitalakkumulation“. Was daraus für die Renten folgen soll, sagt er nicht. Sondern wünscht sich nebulös „neue Modelle der sozia-
len, ökologischen und ökonomischen Entwicklung“. Die Handelskammer hat sicherlich welche und zeigt sie dem Mouvement écologique vielleicht. Falls er sich das mit der Kapitalakkumulation noch mal überlegt.