Mischlösungsvorschlag

d'Lëtzebuerger Land vom 13.12.2024

Im November 2017 veröffentlichte die Fondation Idea, think tank der Handelskammer, einen Rentenreformvorschlag. Die CSV hatte mit Claude Wiseler einen Wachstumswahlkampf begonnen. Darin wurde, anders als 2023, eine Pensionsreform zumindest angekündigt. Handelskammer und Arbeitnehmerkammer diskutierten über die Renten in einer von der damaligen Regierung einberufenen Arbeitsgruppe. In diese Aktualität zielte Idea. Diese Woche machte sie einen weiteren Vorschlag.

In ihrem Document de travail n° 29 wird der Ansatz der Gewerkschaften „attentiste“ genannt, weil er davon ausgeht, dass laut Gesetz die Reserve der Rentenkasse CNAP nicht kleiner werden darf als 1,5 Jahresausgaben. Reichen die Einnahmen nicht, muss der Beitragssatz erhöht werden. Dem stellt Idea den Ansatz „préfinancement“ entgegen. Es würde dafür gesorgt, dass die Reserve bis 2050 immer über der Schwelle von 1,5 Jahresausgaben liegt und höhere Beiträge nicht zur Debatte stehen. Im Fall „attentiste“ hätte man vermutlich Ruhe bis zum Jahr 2040. Zur Vorfinanzierung hingegen würden schon ab nächstem Jahr und bis 2030 die Leistungen um durchschnittlich zwölf Prozent gekürzt. Wohlgemerkt auch die schon bestehenden Renten. Das käme zur Kürzung durch die Reform von 2012 hinzu, die bis 2052 die neuen Renten um rund 15 Prozent senkt. Natürlich sei die Vorfinanzierung mit einem „effort“ verbunden, schreibt Idea. Doch warte man, drohe 2040 ein „tsunami“: Sind Beitragserhöhungen nicht politikfähig, wovon Idea offenbar ausgeht, müssten die Renten „abrupt“ um 30 Prozent sinken.

Um dem Argument zu begegnen, dass niemand wissen kann, wie Bevölkerung, Beschäftigung, BIP und Produktivität sich in den nächsten zweieinhalb Jahrzehnten entwickeln, bringt Idea ein „préfinancement équilibré“ vor. Nicht zwölf Prozent, sondern nur zehn. Dann fiele die Reserve vielleicht 2048 unter das gesetzliche Limit. Auch könnten die zehn Prozent vielleicht nur zu zwei Dritteln aus Kürzungen auch der schon existierenden Renten bestehen, das verbleibende Drittel aus „recettes accrues“. Dazu könnte sogar der Beitragssatz angehoben werden – Idea schreibt aber „grande prudence“, „solution de facilité“ und „dommageable à la compétitivité des entreprises“. Andere Optionen könnten eine höhere Staatsbeteiligung sein, wovon Idea wegen dann höheren Defizits im Zentralstaat eigentlich ebenfalls abrät, oder eine zusätzliche Abgabe zu den Beiträgen an die Pflegekasse. Am besten fände Idea, wenn das Abschmelzen der Rentenreserve auf 1,5 Jahresausgaben nicht nur verzögert, sondern politisch dafür gesorgt würde, dass die Reserve bei vier Jahresausgaben bleibt. Dann ließe sich mit ihr an den Finanzmärkten gut verdienen. Welches „préfinancement“ dazu nötig wäre, erwähnt Idea nicht. Politisch am bemerkenswertesten an ihrem Vorschlag ist, dass eine der Handelskammer nahestehende Einrichtung von mehr Einnahmen spricht. Gut möglich, dass das „préfinancement équilibré“ ein Mischlösungsvorschlag an die Regierung sein soll.

Peter Feist
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