Den Gürtel enger schnallen

Fänk der eng Meck!

d'Lëtzebuerger Land vom 26.04.2013

Die fleißigen Bienchen essen wir aber nicht, gell. Die brauchen wir ja in unserer Mutter Natur pur, wer soll sonst herum sumsen, von Kelch zu Kelch? Einer muss ja bestäuben. Die Arbeiterklasse muss ja arbeiten, die kann man nicht einfach aufessen, wo kämen wir da hin. Aber die Wespen? Ab in die Wurst mit denen! Und diese schwerfällig besoffen herumtorkelnden Hummeln, die so melancholisch brummeln? Hummelcocktail?

Grillen grillen, oder was sonst so fleucht und kreucht, es gibt ja genug davon. Bücken Sie sich, beißen Sie rein. Den gemeinen Luxemburger gelüstet es angeblich plötzlich nach gemeinen Stubenfliegen. Und wehe, ein unschuldiger Mistkäfer kommt des Wegs. Oder eine schäbige Küchenschabe. Oder er stößt im Wald auf einen Ameisenhaufen. Er wird gleich den ganzen Haufen aufessen. Ist das jetzt slow oder fast food, oder last food?

Also, wenn ihr mich fragt, mich fragt ja keiner, das kommt bestimmt von denen da oben. Diese Ilres-Studie, dass es die Luxemburger jetzt nach Aaskäferkompott oder Ohrenschlürferbulli gelüstet. Das ist sicher auf dem Mist von denen da oben gewachsen, dieser Mist, dieser Mistkäfermist. Sie wollen uns die gemeine Stubenfliege schmackhaft machen. Ein Löffelchen für den Bopa! Die wollen dem Volk mit einer Handvoll Mehlwürmer das Maul stopfen. Wanzen mit Ketchup, so wirst du abgespeist, Volk! Du sollst den Gürtel enger schnallen. Was die armen Schlucker im deutschen Dschungel können, kannst du sowieso. Es ist echt cool. Die Chinesen tun es auch. Und sind sie nicht top und auf Zack unterwegs auf ihren chinesischen Insektenstraßen? Ade, Mammutsteak mit Fritten an Zalot! Geh Volk, fänk der eng Meck! Gehen Milben eigentlich auch?

Es ist sogar schwer in, Volk, im extrem innenen Berlin kann man sich Spinnenzuckerwatte und Raupenravioli bestellen. Oder vor der Glotze eine Insekten-Box. Warum nicht an den Rives de Clausen? Wir lassen uns nicht lausen. Also verbreite nicht so verschwörungstheoretische Sachen auf Facebook und an den Stammeltischen, Volk! Zeckenzopp ... Was glaubst du, was sie im Palast speisen, Volk? Frau Linster kreiert schon die allerneuesten kleinen Köstlichkeiten aus Luxemburg, extra scharf, extra creepy, unter den dritten Zähnen zappelt es, unter den dritten Zähnen kribbelkrabbelt es, unter den Zähnen des Erzbischofs knackt der erzfarbene Kanalkäfer.

Öko total, -logisch, -nomisch. Wir können jagen und züchten. Überall ist was los, wir können vor Ritzen kauern und lauern, dass uns irgendein tollkühner Sechsbeiner über den Weg rennt. Irgendwas mit Fühlerchen und Pänzerchen. Wir sind total autark. Und es ist überhaupt nicht arbeitsintensiv, im Gegenteil. Je weniger man tut, desto besser der Ertrag. Vom Kopf in den Topf. Von der Hand in den Mund. Manches krabbelt einem einfach rein, wie die gebratenen Tauben einem nicht rein fliegen.

Ist das nicht toll, Volk? Wie im Paradies. Luxemburg ist sowieso ein Insektenparadies, wenn es schon kein Bankenparadies mehr ist. Das ist auch viel nachhhaltiger. Wir brauchen nicht mal Favela-Importe, wir haben ja alles hier, Bitte schön, liebe Touristen, die ihr leider nicht hier seid. Lauter landesspezifische Speisen. Schnabelkerfenantipasti, Consommé Skorpionwanzen, Ameisenjungfernfilets, Coupe Wurm. Und für den farblichen Aspekt die kleine rote Waldameise. Das Auge isst bekanntlich mit.

Es gibt natürlich auch Schattenseiten. Wir schaffen es leider nicht alle, Veganer_innen sein, wir müssen killen, um unsern Bärinnenhunger zu stillen. Der ethische Aspekt wirft aber dennoch eine Menge Fragen auf: Es handelt sich in der Tat um Massenmorde, Pogrome. Eine Ethik-Kommission wird sich damit auseinander setzen müssen. die Tierrechtler werden abwägen müssen. Und was sagen die Tiere, wenn sie demokratisch abstimmen? Ein Schwein gegen tausend Tausendfüßler?

Also, mich laust der Affe, ich pilgere jetzt auf die Oktav. Eine Portion Cafards Frits, wannschgelifft!

Michèle Thoma
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