„Alle Menschen sollen einen Zugang zu einwandfreiem und bezahlbarem Trinkwasser haben“, lautet eins der Ziele nachhaltiger Entwicklung bis 2030 der UN. Man ist weit davon entfernt: Zwei Milliarden Menschen haben immer noch keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 30 Prozent aller Menschen haben zu Hause nicht die Möglichkeit, sich die Hände mit Wasser und Seife zu waschen. Dass dieses UN-Ziel immer weiter in die Ferne rückt, ahnt wer über die Vorgänge im Nachbarland liest: Zwei Personen liegen im Koma, nachdem in Sainte-Soline der erste große Konflikt um Wasser losbrach. 5 000 Granaten wurden von der Polizei auf Demonstrierende geworfen. Protestiert wurde gegen „Mega-Speicher“, die im Winter Grundwasser pumpen, um im Sommer Landbaukulturen bewässern zu können. Umweltschützer, Kleinbauern und Anwohner stehen dem Bau kritisch gegenüber, da Beckenwasser rasch verdunstet und an Qualität verliert.
Der Zustand des Grundwassers hängt eng mit den Winterniederschlägen zusammen. Und diesen Winter hat es selten geregnet. Der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes, Jean-Paul Lickes, erläuterte unlängst gegenüber dem Land, Anfang Februar 2023 sei ein Auffüll-Defizit von 25 Prozent beim Grundwasser verzeichnet worden. Gestern verkündete der Präsident Emmanuel Macron, die Dürre vom letzten Jahr könnte dieses Jahr übertroffen werden; das nationale Geologie-Institut habe berechnet, dass 80 Prozent der Grundwasserpegel sehr niedrig seien. Den hiesigen Bauernverband kratzt das Thema wenig. In den letzten Ausgaben des Lëtzebuerger Bauer wird sich nicht mit dem Wasserverbrauch in der Landwirtschaft befasst. Nach außen kommunizieren die Verbände nahezu nie über den Wasserverbrauch der unterschiedlichen Betriebe.
Die Regierung hat ihrerseits eine Wasserspar-Strategie ausgearbeitet, die sich an die Industrie, Haushalte und Kleinbetriebe richtet. Davon haben die Haushalte noch nicht viel mitbekommen, die immerhin fast 60 Prozent des Konsums für sich verbuchen. Das Wasserwirtschaftsamt informiert zwar über wasserfressende Infrastruktur, allerdings etwas versteckt auf ihrer Internetseite. Toiletten verschlingen etwa bis zu 30 Prozent des täglichen Wasserbedarfs, alte Waschmaschinen-Modelle bis zu 120 Liter. Nach der UN-Wasserkonferenz im März erläuterte die grüne Umweltministerin, Joëlle Welfring, gegenüber dem Luxemburger Wort, neben dem Schutz von bestehenden Quellen sei man auch dabei nach Wasserspar-Maßnahmen zu sondieren. Grauwasser könnte beispielsweise in der Klospülung verwendet werden. Eine Studie befasse sich zudem damit, wie Bewässerungssysteme in der Obst- und Gemüseproduktion optimal eingesetzt werden können. Für diesen Sommer kommen die Studien zu spät.
Nicht zu spät kommt das neue Trinkwassergesetz. Es wurde im Anschluss an den Erfolg der europäischen Bürgerinitiative „Right2Water“ ausgearbeitet und sieht unter anderem vor, an öffentlichen Plätzen den Zugang zu Trinkwasser zu verbessern. An den geplanten Trinkwasserbrunnen könnte man in Luxemburg ohne Bedenken Leitungswasser anbieten: Die Aluseau entnimmt jährlich mehr als 6 500 Wasserproben, um Risikoanalysen durchzuführen. Das sind mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Doch obwohl der Wasserkonsum vom Hahn unbedenklich ist, trauen ihm viele Einwohner nicht: Für den Weltwassertag am 22. März veröffentlichte die UN Statistiken zum Pro-Kopf-Verbrauch von abgepacktem Wasser, darin tauchte das Großherzogtum auf Platz fünf auf. Die Autoren des UN-Berichts schreiben: „Die Tatsache, dass für die Herstellung von einem Liter Flaschenwasser zwischen zwei und vier Liter Wasser benötigt werden, wirft Fragen zur Nachhaltigkeit und zum gesunden Menschenverstand auf“.