leitartikel

Nationaltrainer Mischo

d'Lëtzebuerger Land du 12.01.2024

Ende Dezember lautet ein beliebter Neujahrsvorsatz: Ab Januar wieder mehr Sport. Wem das Schwimmbad im Januar schließlich zu voll ist, raten Bademeister/innen im März wiederzukommen – dann sind die Vorsätze wieder abgeebbt. Aber vielleicht findet der neugewählte Sportminister einen Weg, mehr Rigorosität ins Trainingsprogramm der Bevölkerung zu bringen. Immerhin ist das Ressort für Georges Mischo als studierter Sportwissenschaftler, ehemaliger Triathlet und freigestellter Sportlehrer kein Trostpreis, sondern Leidenschaft. Das ist ein CSV-Novum. Von 1984 bis 1989 war Marc Fischbach der bislang einzige CSV-Sportminister.

Derweil bilden der Sportunterricht, Sportvereine und Profisport ein blasses Randthema im Politikgeschäft. Laut dem Sportjournalisten Joe Greimer kamen dem Sport letztes Jahr 0,21 Prozent des gesamten Staatshaushaltes zu; 2018 war es fast doppelt so viel. Im Koalitionsabkommen von CSV und DP wird kein konkretes Budget für die kommenden Jahre angegeben. Eine Reihe an Bekenntnissen bleiben allerdings nicht aus: Man wolle die Synergien auf regionaler und interkommunaler Ebene beim Bau von Schwimmbädern und Sportinfrastrukturen stärken; die Weiterbildungen am INAPS aufstocken sowie die Prozeduren für die sportmedizinische Untersuchungen vereinfachen. Und wie alles, was sich auf dem Territorium des Großherzogtums befindet, wird sich ebenso beim Sport gefragt, wie nützlich er für’s Nation Branding ist. Die DP-CSV-Koalition urteilt: „Obwohl der Spitzensport das Potenzial besitzt, das nationale Image zu beleben, den Tourismus und die lokale Wirtschaft zu fördern und die Jugend zu inspirieren“, blieben finanzielle und personelle Herausforderungen bestehen. Der Spitzensport ist derweil bereits gut ins neue Jahr gestartet. Die Fußball-Torhüterin Joy Jung wechselte am 3. Januar in die Superleague Belgiens, also in die höchste Spielklasse.

Der Sport von Joy Jung zählt bei Weitem die meisten Lizensierten – nämlich 44 163. Es folgt Tennis mit fast 16 000. Der Fußball verbucht ebenfalls für sich die meisten Arbeitsplätze und somit 37 Prozent aller im Sport bezahlten Jobs. Von den 968 in Sportvereinen beschäftigten Personen sind nur 18 Prozent Frauen und sie machen lediglich 15 Prozent der Profi-Sportler aus. Jeder zweite administrative Posten ist hingegen von einer Frau besetzt. Eine große Herausforderung bleibt nicht nur der Spitzensport, der Politiker von Nation Branding träumen lässt, sondern vor allem der Breitensport, der von Ehrenamtlichen getragen wird. Während der Pandemie hat er einen Mitgliederschwund erlebt und konnte wegen ausfallender Wettkämpfe keine Einnahmen generieren. Zwar waren 2021 immer noch 14 578 Ehrenamtliche in den Vereinen aktiv, die sich im Schnitt 76 Stunden pro Jahr einbrachten. Doch in Zeiten, in denen viele lieber über Social-Media einem scheinbar ortlosen Dasein nachgehen, statt Kärrnerarbeiten auf Lokalebene, bleibt der Zuspruch prekär.

Aus der Opposition heraus schlug Georges Mischo deshalb letztes Jahr vor, steuerliche Vorteile für Menschen einzuführen, „die sich intensiv ehrenamtlich engagieren“. Im Koalitionsabkommen wird zudem angedacht, Sportverbänden, Altenheimen und Bildungseinrichtungen mehr qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen. An Synergien zwischen diesen Akteuren wurde noch nicht gedacht: Die Maison Relais haben aufgrund ihrer zerfurchten Arbeitszeiten Probleme, Personal zu rekrutieren, Sportvereine im ländlichen Raum haben Nachwuchsprobleme und viele ältere Menschen fühlen sich einsam. Warum nicht ältere Menschen, Vereine und Betreuungseinrichtungen zusammenbringen?

Stéphanie Majerus
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