Krankenkassendefizit

Besser wird's nicht

d'Lëtzebuerger Land vom 15.07.2004

Für 2004 hatte sich ein Defizit von rund 80 Millionen Euro im Budget der Krankenkassenunion UCM nur ausgleichen lassen durch einen 130-Millionen-Transfer aus den Rentenkassen, den die Tripartite Mitte November letzten Jahres beschloss. Zuvor hatten sich die Sozialpartner nicht einigen können über eventuelle Beitragserhöhungen oder Leistungsverschlechterungen. Doch ungeachtet des Transfers dürfte 2005 das Defizit an die 100 Millionen Euro betragen, bestätigte die UCM vorgestern die schon seit Monaten kursierenden Vermutungen.

Im Unterschied zu 2004 wird es nicht hauptsächlich verursacht durch gestiegene Krankengeldausgaben für Arbeiter: bereits die Bilanz für 2003 weist für diesen Posten einen gegen-über 2002 weniger starken Anstieg der Ausgaben der allgemeinen Arbeiterkrankenkasse sowie einen Ausgabenrückgang bei der Arcelor-Arbeiterkasse aus. Verantwortlich für die erneute Deckungslücke werden erhöhte Sachleistungsausgaben, wie für Arzthonorare, Krankenhauskosten oder Medikamentenkosten, sein. Was absehbar war angesichts der im Sommer 2003 per Gesetz verfügten Honoraraufbesserungen für einzelne Medizinersparten sowie infolge des neuen Kollektivvertrags für das Pflegepersonal in den Kliniken und nicht zuletzt angesichts der in den Funktionskosten stärker zu Buche schlagenden neu gebauten Krankenhäuser und der von Gesundheitsminister Carlo Wagner freizügig betriebenen Ausstattung der Kliniken mit schwerer Diagnosetechnik (siehe d'Land, 9.1.2004).

Der Kostenzuwachs trifft die Kassen allerdings zu einem makroökonomisch denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Auf der Einnahmenseite betrug wegen der verschlechterten Konjunktur das Wachstum der Beitragszahler schon im letzten Jahr nur 2,4 Prozent. Im Boomjahr 2000 waren es 4,4 Prozent gewesen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Zuwachs der Zahl der beitragspflichtigen Grenzgänger noch stärker abgeschwächt hat. Die überwiegend jungen "frontaliers" konsumieren im Unterschied zu den einheimischen Krankenversicherten verhältnismäßig weniger Gesundheitsleistungen, als sie Beiträge entrichten, retten damit das im EU-Vergleich auf niedrigen Beitragssätzen basierende Luxemburger Krankenversicherungs-system und sind ein hochdynamisches Moment in der Entwicklung der Kassenbilanz. Doch während im Jahr 2000 die Zahl der Grenzgänger noch um 11,8 Prozent und 2001 um 11,4 Prozent gestiegen war, sackte der Zuwachs 2002 auf 5,8 und 2003 auf 4,3 Prozent ab. Derweil stiegen die Sachleistungsausgaben der Krankenkassen allein zwischen 2002 und 2003 um insgesamt acht Prozent, Tendenz wachsend. Logische Folge der Arithmetik müssten ab dem kommenden 1. Januar entweder Beitragserhöhungen, Leistungsabbau oder eine stärkere Eigenbeteiligung der Versicherten sein. Die Finanzspritze vom November letzten Jahres hatte Premier Jean-Claude Juncker eine "einmalige Maßnahme" genannt.

Peter Feist
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