Leitartikel

Für einen guten Klimaplan

d'Lëtzebuerger Land vom 29.11.2019

Am heutigen Freitagnachmittag werden ab 15 Uhr Schüler und Studenten vor der Abgeordnetenkammer die hierzulande dritte Friday for Future-Kundgebung abhalten. Drei Stunden soll sie dauern. „The Climate Law is coming“, schreiben die Organisatoren von Youth for Climate Luxembourg auf ihrer Facebook-Seite. „Let’s tell them that we care about the Climate Law, a plan that will either break or make our future on this planet!“

Das Klimagesetz kommt tatsächlich. Land-Informationen nach wird der Regierungsrat sich heute ein erstes Mal mit dem Gesetzentwurf befassen. Darin werden die Maxima der Ziele stehen, die die Regierung sich im Februar noch als Von-bis-Spannweite gegeben hatte: Der Treibhausgasausstoß soll bis 2030 um 55 Prozent gesenkt werden, der Energieverbrauch um 44 Prozent. Der Anteil erneuerbarer Energien am Verbrauch soll auf 25 Prozent steigen. Zur Koordinierung der Bemühungen auf dem Weg dahin sind ein interministerielles Komitee, eine „Plattform“ mit Beteiligung von Wissenschaftlern und NGOs sowie ein Klimaschutz-Observatorium vorgesehen. Jedes Jahr soll bilanziert werden, wo Luxemburg in der Zielerfüllung steht. Der staatliche Klimafonds wird ausgeweitet. Wie viel in den einzelnen Sektoren erreicht werden soll, im Transport, im Gebäudebereich, in Industrie, Landwirtschaft und in der Abfall- und Abwasserwirtschaft sollen Ausführungsbestimmungen regeln.

Ganz neu ist das nicht, es stand sinngemäß bereits in dem Vorentwurf, der im Oktober publik geworden war. Dass nun ein Text ins Kabinett geht, zeigt aber, dass die Regierungskoalition dabei ist, ihre internen Konflikte zu überwinden. Das Bekenntnis „minus 55 Prozent CO2“ reicht weit. EU-verbindlich müssten es nur 40 Prozent sein. Fragt sich natürlich, wie das bemerkenswerte Ziel erreicht werden soll.

Wann die Regierung ihre Vorstellungen dazu öffentlich machen wird, ist nicht so sicher. Unsicher ist anscheinend auch, was unter „öffentlich machen“ verstanden wird. Die EU-Verordnung über das europäische Klima- und Energiepaket schreibt vor, die Öffentlichkeit müsse an der Ausarbeitung der Pläne „mitwirken“ können und dazu „frühzeitig und wirksam Gelegenheit“ erhalten. Was dabei herauskam, muss dem Plan als Zusammenfassung beigefügt werden. Im März hatte die Regierung für September/Oktober eine große Online-Konsultation in Aussicht gestellt. Die aber fiel aus, weil koalitionsintern die Wellen hoch schlugen. Auch die für den Herbst geplante Klimaschutzdebatte im Parlament fand nicht statt. Nun wird regierungsintern diskutiert, ob Mitwirkung der Öffentlichkeit nicht wie bisher heißen könnte, die üblichen Vertreter der Zivilgesellschaft zu nicht öffentlichen Workshops eingeladen zu haben.

Das Motiv dahinter ist vermutlich nicht nur der Zeitdruck wegen des immer näher rückenden Einsendeschlusses. Den Plan mit Verspätung einzuschicken, sähe zwar nicht gut aus für eine Regierung, die ihre Ziele freiwillig nach oben korrigiert hat, wäre aber vielleicht gerade der Ambitionen wegen entschuldbar. Eher dürften politische Gründe hinter der Scheu stecken, die Beteiligung der Öffentlichkeit allzu wörtlich zu nehmen: Würde der Plan nur zum Vorschlag erklärt, wäre jede Menge Raum für neue Konflikte. Meint die Regierung es zum Beispiel ernst mit einer „CO2-Bepreisung“, wird nach fast zehn Jahren Ruhe an dieser Front wieder vom Index zu reden sein und von den Petrolprodukten im Warenkorb. Wie die Regierung diese Frage beantworten wird, gehört zu den besonders spannenden Punkten im Maßnahmenkatalog. Dass ein guter Plan her muss, steht außer Frage angesichts der Entwicklung des weltweiten CO2-Ausstoßes. In Luxemburg lässt ein Beitrag zur Lösung von Menschheitsfragen sich offenbar am besten hinter verschlossenen Türen entwerfen.

Peter Feist
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