Clean Development Mechanism

Klima-Falschgeld

d'Lëtzebuerger Land vom 19.11.2009

Als das Kioto-Protokoll vorbereitet wurde, handelte der damalige US-Vizepräsident Al Gore „Schlupflöcher“ aus, die es den USA ermöglichen sollten, an Bord zu bleiben. Heute machen die meisten Industriestaaten vom CO2-Markt Gebrauch. Luxemburg rechnet damit, bis Ende 2012 Emissionsrechte für bis zu 23,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einkaufen zu müssen, und hat bisher Credits für 5,3 Millionen Tonnen erstanden. 87 Prozent davon nutzen den Clean Development Mechanism (CDM), bei dem Industriestaaten Credits durch Investitionen in Entwicklungsländer erwerben. Nur ein Projekt betreut Luxemburg bislang selbst: Die Modernisierung einer Mülldeponie in El Salvador, bei der Methan-Emissionen zurückgehalten werden. Alle anderen Projekte werden von Fonds akquiriert und gehandelt, an denen Luxemburg Beteiligungen erworben hat.

Klimatisch völlig unwirksam nennt der ASTM-Bericht Luxemburgs Fünf-Millionen-Dollar-Anteil am Bio Carbon Fund der Weltbank: Er handelt exklusiv mit „CO2-Senken“: großflächigen Wiederaufforstungen mit schnell wachsenden Baum-Monokulturen. Da sie rasch wieder abgeholzt werden können, sind sie „nur vorübergehender und umkehrbarer Art“, schrieb die EU-Kommission 2008 und weigerte sich, Senken ins EU-Handelssystem aufzunehmen.

Dass durch CDM nichts finanziert werden soll, das ohnehin entstehen könnte, ist eine zentrale Festlegung im Kioto-Protokoll. Dass das in der Praxis kaum befolgt und schlecht kontrolliert wird, wird seit Jahren kritisiert. Der ASTM-Bericht kommt zu ähnlichen Feststellungen: Das Wasserkraftwerk La Esperanza in Honduras wurde bereits geplant, ehe 2001 der Klimagipfel in Marrakesch die genauen Spielregeln für CDM erließ. Seine erste Turbine lieferte Strom, ehe das Kraftwerk als CDM-Projekt anerkannt war. Für das Wasserkraftwerk Erlongshan in China begann der Bau, ehe er als CDM-Vorhaben eingereicht wurde. Folglich stecke in solchen Projekten „Klimafalschgeld“, schreibt ASTM-Autor Dietmar Mirkes, und reduziert den Klima-Ertrag der Luxemburger Kraftwerks-Credits um 50 Prozent. Fragwürdig sei ebenfalls, ob die vielen Windkraftwerke, die in China und Indien als CDM-Projekte entstehen, nicht sowieso gebaut worden wären. Luxemburg bezieht daraus mit 46 Prozent das Gros seiner CDM-Gutschriften. Die ASTM zieht wegen der Zweifel an der Zusätzlichkeit 20 Prozent Klima-Effek­tivität ab. Kritisiert wird ferner Luxemburgs Beteiligung am Bau einer Müllverbrennungsanlage in Neu-Delhi: Mittlerweile habe das indische Umweltministerium herausgefunden, dass die dort benutzte Verbrennungstechnologie giftige Dioxine und Furane in die Luft entlässt. Der Betrieb wurde daraufhin gestoppt. 

Die festgestellten Mängel lägen nicht in erster Linie an einem Versagen der Luxemburger Regierung, sondern seien systembedingt, präzisiert Dietmar Mirkes. Das Problem sei, dass Luxemburg diese Instrumente einfach viel zu stark nutze.

Mirkes, Dietmar: Eine saubere Entwicklung. ASTM, Mai 2009. www.astm.lu/IMG/pdf/CDM-Heft-ASTM.pdf

Peter Feist
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