Es gibt so einen Ort, den komische Menschen gern aufsuchen. Instinktiv, mit schlafwandlerischer Sicherheit steuern sie ihn an. Sie haben sich alle möglichen Dinge vorgenommen, die sie in der Stadt erledigen wollen, vielleicht einen Badeanzug kaufen, zur Post gehen. Es sind, wie man sieht, wirklich komische Menschen, sie erledigen solche Dinge noch in einer Stadt. Aber schon stehen sie wieder hier. Im Schaufenster liegen Bücher, so nannte man das früher.
Der komische Mensch tritt ein, irgendwie fühlt er sich gleich seltsam wohl. Ein bisschen zuhause, und dennoch weit weg. Er braucht nur etwas aufzuschlagen, so ein Buch, er muss es nur anfassen, es riechen. Es ist voller Buchstaben, die sich geheimnisvoll, magisch verbinden und verbünden, um ihn zu entrücken. Manchmal wirkt die Substanz total schnell, schon ist er in den Wolken! Oder in einem afrikanischen Slum, oder, ganz hart, in Frankreich. Manchmal hat er ein Ziel, die oder keine, es ist Liebe im Spiel, er braucht dringend eine Dosis Lieblingsdichterin.
Manchmal ist er ein bisschen ziellos, irrt herum, ihm wird schwindlig. Er hat Erscheinungen, es gibt immer neue hier. Auf Stapeln stapeln sich Stars, die Schinken und Ziegel der Saison, in hartherzigem Plastik eingeschweißt. Nimm mich, reiß mich auf!, schreien sie.
Manchmal hängt Mensch herum, ist zu haben für alle und alles, offen für alles schön Schreckliche, stöbert, schnüffelt. Kurz geht sie eine Verbindung ein, schnell macht sie Schluss, der Kick, der Klick stellt sich nicht ein, sie stellt das Werk zurück, hoffentlich fühlt es sich nicht zurückgestellt.
Wenn sie den Kopf hebt, sieht sie andere komische Menschen, es geht ihnen wie ihr. Sie nicken sich zu, halb in Trance. An diesem komischen Ort, an dem es etwas gibt, was man nicht essen und nicht anziehen kann – es gibt hier nicht mal das teuerste Bild der Kunstsaison –, gibt es komische Menschen wie sie, sie sieht hier immer Freundinnen. All diese Menschen sind ausgestiegen. Wenigstens ein paar Minuten lang. Sie haben sich an einen Ort begeben, an dem sie etwas suchen, sich selber, was auch immer. Ein Kochbuch, mit dem sie sich in den siebten Himmel kochen, etwas über Zeichen, die die Sterne ihnen geben. Vielleicht suchen sie einen kaputten Dichter, damit sie sich noch kaputter fühlen können. Oder das dreizehnte Jahrhundert, einen Bänkelsänger in Originalidiom. Wahrscheinlich lagert es nicht schon seit 800 Jahren hier, und Herr oder Dame Buchhändler_in muss an die Com-puterin treten und durch die Lesebrille schauen.
Das können viele jetzt schon selber. Sie schauen in ihre eigene Computerin und schon sind sie auf Amazon, was sie vielleicht nicht hundertprozentig mit ihrer Weltanschauung vereinbaren können, aber mal ausnahmsweise, und überhaupt, schon steht der Bücherbote vor der Tür. So billig, ruckizucki, und ich brauche keinen Parkplatz, und vor allem, ich muss nicht in die Stadt! Man ist ja schneller im Internet als mit dem Auto in der Stadt, und was soll ich da?, die Corniche kenne ich schon.
Eine Buchhandlung im Herzen der Stadt wollte vor kurzem den Laden dicht machen, nicht mehr rentabel, die Komischen sterben aus, lautete die betrübliche Diagnose. Ja, auch Bücher sind Waren, nicht nur ewige Werte, ein Buchhändler ist vielleicht ein Idealist, ein Liebhaber, ein Liebender, doch ein Märtyrer will er nicht unbedingt sein. Aber ein Stadtherz ohne Buchhandlung? Ohne diese, für die meisten Komischen, ich möchte niemand ausgrenzen, auch nicht Komische sind dort zu finden, die Buchhandlung der Stadt. Die Au!- Tor_innen des Landes hat sie nicht verschämt verdrängt, manche Autorin findet ihr letztes, keineswegs bestsellerverdächtiges Werk direkt an der Kasse liegend, sodass sie einen Verzückungsschub erleidet.
Die erste Gefahr scheint gebannt, aber wie geht es weiter?
Die Solidarnosc- Au!-Tor_innen des Landes lesen in der Buchhandlung für die Buchhandlung. Ein Aufschrei, kollektives Gemurmel, Beschwörungsflüstern. Sie soll weiter eine Oase für die Seele sein, ein Asyl für den Geist. Umringt von den Tempeln des Mammons soll sie nicht aufgeben.Sie soll den Geist nicht aufgeben. Und wir können ihn kaufen.