Wenn er seinen intensiv blauen, blauäugigen Blick in die Augen seines Gegenübers bohrt, wirkt er wie ein Kind, das eine Erscheinung hat. Ist er die Erscheinung? Eine ansprechende und viel versprechende Erscheinung. Aber spricht nicht die Leere aus ihm, eine nicht unansprechend verpackte Leere? Eine Leere voll von Angeboten, von Alles und Nichts? Von was, manchen wird es unheimlich, ist er unheimlich. Glatt, omnikompatibel, alles perlt an ihm ab, ist er nicht die perfekte Verkörperung des Kapitalismus, Macron Teflon? Eine Marionette, wie kolportiert wird, es wird nicht ganz klar, wer wessen Marionette ist. Einer, der unter einer Decke steckt, mit wem wohl? Das beliebte Hasscodewort Rothschild fällt. Ist er eine Mogelpackung, ein Etikettenschwindler, in Wahrheit der leibhaftige Inbegriff von Elite und System, ein trendig verpackter Wiedergänger des Kapitalismus? Ist er etwa ein Dämonkratiedämon?
Dann doch vielleicht besser das altbewährte Monster? Warum nicht mal das gute, alte Monster versuchen, das gute, alte Monster wäre was wirklich Neues. Was wäre wenn? Na, was schon? Endlich geht was weiter, sinnieren viele, was wohin weiter geht und bis wohin, wissen sie nicht so genau. Weil es ja so nicht weiter geht. Das altbewährte Monster ist vielleicht gar keins, sinnieren Schwule, Juden, Muslime, Lehrer. Eine Wähler_innengruppe, die auf den ersten Blick überrascht. Wie können ausgerechnet …? Als freie Französinnen haben sie durchaus das Recht frei zu wählen, wer will es ihnen absprechen, sind sie etwa nicht peuple? Der Banlieue- Rapper mit den algerischen Wurzeln hat sie schon alle durch, eigentlich ist er links, eigentlich, aber jetzt wählt er den Front. Dann wird endlich was passieren, er kriegt den träumerischen Blick. Ja, Aufstände, möglich, etwas wird passieren. Was auch immer. Ein freundliches Schwulenpaar vor idyllischer Kulisse, im eigenen Weingarten, wird Marine wählen. Sie lieben Marine, sie nennen sie Mutter der Schwulen.
Das mächtige Monster erscheint uns als mittelalte, blondierte Frau, die in High Heels die Bühne stürmt, in der Körperhaltung derb wie ein Kerl, mit einem großen, großzügigen Lächeln. Sie nimmt die Bühne ein, dass sie einnehmend ist, kann man ihr nicht absprechen. In Interviews
kann dieses Lächeln sehr warmherzig werden, mütterlich und verständnisvoll. Dass sie Mutter dreier Kinder ist um die sich sorgt, wenn sie in der Défense shoppen, erfährt die überraschte Zuschauerin, thematisiert hat Le Pen die eigene Familie kaum. Ihr Blond ist ein Billigblond, als hätte die Friseurin-Freundin ihr nach Feierabend schwarz eine Farbpackung verpasst, dabei rauchen sie am Küchentisch.
Das Monster ist ein mächtiger Profi, best in Bildern. Wie sie in See sticht auf dem Kutter, Profil gegen den noch dunkelblauen Morgenhimmel, in der Seeluft, die sie gierig einatmet, blonde Haare im Wind, aber vollkommen unkokett, das ist großes Kino. Wie sie den Tintenfisch auffängt und ihn
packt, eine die anpacken kann. Macron steht leicht beklommen vor einem Pferd in einer Pferdebox,
er tätschelt es lieber nicht. Er versucht es mit Menschen mit Behinderung, es ist nicht seine Szene, denkt die Zuschauerin. Offensichtlich ein paar Lücken im Brigitte-Coaching. Brav absolviert
er Gedenkstätten. Er wagt sich zu Gewerkschaftsbossen, während Le Pen Selfies mit Arbeiter_innen schießt. Damit schießt sie ihn ab, im Krieg der Bilder. Einen Augenklick lang jedenfalls, the show ist noch nicht vorbei...
Der linke Volksphilosoph macht einen auf geheimnisvoll. Genüsslich zelebriert er seine Wichtigkeit, zynisch spielt er seine Macht aus, um dann die eigenen Hände in Unschuld zu waschen. Die Linke macht das, was sie wirklich gut kann, sie streitet. Welcher deal ist wirklich dirty? Dürfen Linke eine nationale Sozialistin wählen? Was ist schlimmer, Elite oder Pöbel? Wer ist am meisten Volk? Ist weiß wählen die Unschuld wählen? Ni patrie, ni patron, skandieren idealistische Schüler_innen.
Faites pas gaffe, denkt sich die ferne, nahe Seherin beklommen.