Leitartikel

New Public Management

d'Lëtzebuerger Land vom 20.03.2015

Am nächsten Dienstag soll es so weit sein: Die „größte Reform des Beamtenstatuts seit 50 Jahren“, so die ehemalige Ministerin Octavie Modert (CSV), soll Gesetz werden. Die ADR hatte 2004 in ihrem Wahlprogramm versprochen, das „für den Mittelstand verderbliche Ungleichgewicht zwischen öffentlichem Dienst und dem Mittelstand“ ins Lot zu bringen. Daraufhin kündigte der damalige CSV-Premier Jean-Claude Juncker im Krisenwahlkampf 2009 an, die Anfangsgehälter im öffentlichen Dienst senken zu wollen.

Sechs Jahre später soll das Parlament nun eine Reform des Beamtenstatuts verabschieden, die eine Schwergeburt zu nennen ein Euphemismus wäre. Das zeigen nicht nur die neun verschiedenen Gesetzentwürfe mit 85 parlamentarischen Dokumenten, die nur die wenigsten Abgeordneten alle gelesen haben dürften. Das zeigen vor allem die melodramatischen Verhandlungen, die feierlich unterzeichneten und dann wieder aufgeschobenen und gleich mehrfach gutgeheißenen Abkommen, die Zermürbungstaktiken und die Überrumpelungversuche, die Rechtsklagen, Schlichtungen, die lautstarken Drohungen und die stillen Einigungen, für die unter der vorigen Regierung gleich zwei CSV-Minister abkommandiert worden waren, sowie schließlich der Sturz der Regierung 2013, der die geplante Verabschiedung der Reform des Beamtenstatuts weiter verzögerte.

Im Laufe der Jahre hatte auch die Zielsetzung geändert. Neben der Senkung der zu Praktikantenentschädigungen erklärten Einstiegsgehälter beim Staat galt es auch, ein Stück New Public Management im öffentlichen Dienst durchzusetzen. Was einst Beamte vor politischem Druck und Bestechungsversuchen schützen sollte, wird heute von vielen als kostspielige Privilegien geneidet, die in eine der Privatwirtschaft entlehnte Dienstleistungslogik überführt werden. Das heißt, die alte verkrustete, verschlafene und selbstherrliche Bürokratie, bei der die Beamten auch schon einmal einen Teil ihrer Arbeitszeit mit der Lektüre der Todesanzeigen verbrachten, soll durch eine neue, hyperaktive Bürokratie ersetzt werden, bei der die Beamten einen bedeutenden Teil ihrer Arbeitszeit nicht mit der Verrichtung ihrer Arbeit, sondern mit deren Vermessung und Evaluation, mit Berichten und Audits verbringen sollen.

Um dies durchzusetzen, wagte es die Regierung nicht, frontal gegen die geballte Macht der Beamtengewerkschaft CGFP und die zahlreichen Beamtenfamilien unter den Wahlberechtigten vorzugehen. Sondern sie bediente sich der bei der Abschaffung der 5/6-Pensionen so erfolgreichen Taktik, die erwerbstätigen Beamten gegen die, die Jacques F. Poos die „ungeborenen Beamten“ nannte, auszuspielen. Um Gehaltskürzungen für die Berufsanfänger durchzusetzen, wurde das Einverständnis der Aktiven und ihrer Gewerkschaft mit einer kurz zuvor noch von der Regierung kategorisch ausgeschlossenen Gehaltserhöhung gekauft. Und für den Fall, dass das Zuckerbrot nichts nutzte oder krisenbedingt aufgeschoben werden musste, lag noch immer die Peitsche bereit, das Schüren von modischer Staatsfeindlichkeit und Beamtenneid.

Doch so wie 20 Jahre nach dem Frieseisen-Bericht die geplante Verwaltungsreform vielerorts noch in den Kinderschuhen steckt, gehen auch in der nun in Kraft tretenden Reform des Beamtenstatuts die Einführung des Managerismus, des Leistungsprinzips und die Vereinfachung des Disziplinarrechts nicht so weit, wie angekündigt. So sehen eben Kompromisse aus. Eine der Lehren, die die Regierung deshalb aus der Reform gezogen haben dürfte, ist die beim Referendum am 7. Juni gestellte Frage, ob Ausländer an Legislativwahlen teilnehmen und so den Einfluss des öffentlichen Dienstes in der Wählerschaft verdünnen sollen.

Romain Hilgert
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