Die Privathaushalte sollen nächstes Jahr den größten Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen liefern – aber kaum jemand hat noch den Überblick

Sparratgeber

d'Lëtzebuerger Land vom 14.12.2012

Am Donnerstag verabschiedete das Parlament mit den Stimmen von CSV und LSAP den Staatshaushalt für 2013. Er sieht Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in einer Gesamthöhe von 952 Millionen Euro oder fast 2 000 Euro pro Einwohner vor. Dadurch sollen Haushaltsdisziplin geübt und das Defizit gebremst werden, wie Finanzminister Luc Frieden am Mittwoch vor dem Parlament erklärte. Die Privathaushalte, die für das Gros der Sanierungsmaßnahmen aufkommen sollen, erwartet in drei Wochen:
Solidaritätssteuer Der Solidaritätssteuersatz für natürliche Personen, der vergangenes Jahr von 2,5 Prozent auf vier Prozent erhöht worden war, wird nun auf sieben Prozent heraufgesetzt und damit innerhalb von drei Jahren fast verdreifacht. Auf versteuerbaren Jahreseinkommen von mehr als 150 000 Euro gilt ein erhöhter Satz, der von sechs auf neun Prozent heraufgesetzt wird.
Bei einem Mindestlohn macht das beispielsweise eine Steuer­erhöhung um zwei Euro monatlich aus, bei einem versteuerbaren Einkommen von 2 900 Euro um acht Euro und bei einem Einkommen von 5 900 Euro monatlich 37 Euro. Macht das Einkommen 21 125 Euro aus, kommt die Solidarität monatlich schon 212 Euro zu stehen.
Die Erhöhung der Solidaritätssteuer ist die drastischste der verschiedenen Steuererhöhungen. Sie stellt die Nachfolge der Anfang dieses Jahres abgeschafften Krisensteuer von 0,8 Prozent dar und soll dem Staat beziehungsweise dem Beschäftigungsfonds nächstes Jahr 146 Millionen Euro zusätzlich einbringen. Darin einbegriffen ist auch die Erhöhung des Solidaritätssteuersatzes für Unternehmen von fünf auf sieben Prozent.
Rentenanpassung Die bisher im Sozialversicherungsbuch alle zwei Jahre vorgesehene und für den 1. Januar 2013 fällige Anpassung der Renten an die Entwicklung des Lohnniveaus in den Jahren 2010 und 2011 findet nicht statt. Der als Grundlage für die geplante Mindestlohnanpassung dienende Bericht der Regierung stellt eine inflationsbereinigte Steigerung des Lohnniveaus um 1,5 Prozent in den Jahren 2010 und 2011 fest. Somit entgeht den Rentnern eine Einkommenserhöhung um 1,5 Prozent. Bei einer Bruttorente von 2 500 Euro macht das 37,5 Euro monatlich aus, bei 4 000 Euro 60 Euro.
Durch den Ausfall der Rentenanpassung spart der Kompensationsfonds der Rentenversicherungskasse 50 Millionen Euro. Der Staat spart seinerseits 16 Millionen; so viel würde die aus der Staatskasse zu zahlende Anpassung der Beamtenpensionen kosten.
Vor zwei Jahren war bereits ein Teil der Rentenanpassung um ein Jahr aufgeschoben worden. Die vergangene Woche verabschiedete Rentenreform schafft die Voraussetzung, um das Prinzip der Rentenanpassungen an das allgemeine Lohnniveau innerhalb der nächsten Jahre auslaufen zu lassen.
Gehälterabkommen Die vor anderthalb Jahren im Gehälterabkommen für den 1. Januar 2013 beschlossene Erhöhung des Punktwerts, der Grundlage zur Berechnung der Gehälter für den öffentlichen Dienst, um 2,2 Prozent wird nicht vorgenommen.  Zuvor war bereits die für Juli dieses Jahres vorgesehene Auszahlung einer einmaligen Prämie von 0,9 Prozent der Gehälter abgesagt worden.
Auf diese Weise spart der Staat nächstes Jahr 63 Millionen Euro. Laut dem im April dieses Jahres unterzeichneten Zusatz zum Gehälterabkommen soll die einmalige Prämie nun im August 2014 ausgezahlt werden und der Punktwerter am 1. Januar 2015 erhöht werden. Das kann aber noch vom Ausgang der Parlamentswahlen im Juni 2014 abhängen, da verschiedene Opposi­tions­parteien auf jede Gehaltserhöhung verzichten wollen.
Anpassung der Steuertabelle Durch die unauffällig beschlossene Abschaffung von Artikel 125 des Einkommenssteuergesetzes wird die Steuertabelle nicht mehr an die Inflation angepasst. Dies kommt einer schleichenden Steuererhöhung gleich. Wenn die Löhne und Renten nämlich nominal an die Geldentwertung angepasst werden, steigen sie auf höhere Einkommensstufen der progressiven Steuertabelle und werden dadurch stärker besteuert, ohne dass die Kaufkraft zunimmt.
Eine solche Anpassung war laut Gesetz schon für 2012 fällig geworden. Bei einem Mindestlohn macht die ausgebliebene Anpassung eine Steuererhöhung um sechs Euro monatlich aus, bei einem versteuerbaren Einkommen von 2 900 Euro um 14 Euro und ab einen Einkommen von rund 4 400 Euro monatlich 28 Euro.
Spitzensteuersatz Ab nächstem Jahr wird ein neuer Spitzensteuersatz eingeführt. Während der gegenwärtige Steuersatz von 39 Prozent ab einem Einkommen von 41 793 Euro erhoben wird, wird der Einkommensteil, der über 100 000 Euro liegt, um einen Prozentpunkt höher, mit 40 Prozent besteuert. Dies entspricht dem ordentlichen Spitzensteuersatz, wie er noch im Jahr 2000 galt. Durch diese Steuererhöhung soll der Staat nächstes Jahr 15 Millionen Euro mehr einnehmen.
Mammerent Die Erziehungspauschale wird von monatlich 86,54 auf 75 Euro pro erzogenem Kind gesenkt. Für eine Mutter von beispielsweise zwei Kindern bedeutet dies einen Einnahmeverlust von 23,08  Euro im Monat. Durch das Indexgesetz von 2006 wird die Mammerent nicht mehr an die Inflation angepasst; 2010 wurde das Mindestalter für Bezieherinnen der Mammerent von 60 auf 65 Jahre erhöht.
Ursprünglich hatte die Regierung geplant, den Pauschalbetrag pro Kind unverändert zu lassen, aber die Mammerent nur noch jenen Müttern zu gewähren, die über keine eigenen Rentenversicherungsrechte verfügen. Dadurch sollten sieben Millionen Euro gespart werden. Durch die nun auf Druck der Mehrheitsfraktionen beschlossene Regelung spart der Staat neun Millionen Euro.
Chèques-services accueil Familien, die ein versteuerbares Einkommen von mehr als dem 3,5-fachen Mindestlohn oder 6 463 Euro monatlich haben, verlieren ab 2013 ihr Anrecht auf wöchentlich drei kostenlose Kinderbetreuungsstunden in Kinderkrippen, Maisons relais und ähnlichen Einrichtungen. Ab September war bereits für Eltern, die mehr als den dreifachen Mindestlohn oder 5 540 Euro monatlich verdienen, die Kostenbeteiligung pro Betreuungsstunde um 0,5 bis ein Euro und pro Mahlzeit um ein bis 2,5 Euro, je nach Einkommen, erhöht worden. Auf diese Weise sollen nächstes Jahr 13 Millionen Euro eingespart werden. Die Schecks, von denen Grenzpendler ausgeschlossen sind, waren als erster Schritt zur Einführung der kostenlosen Kinderbetreuung angekündigt worden.
Allocation de rentrée scolaire Die zum Schulanfang im Herbst ausgezahlte Zulage für den Kauf von Schulmaterial und Kleidung schulpflichtiger Kinder wird ab nächstem Jahr um 30 Prozent gekürzt. Für ein Kind ab sechs Jahre wird die Zulage von 113,15 auf 75,43 Euro jährlich gesenkt, für ein Kind ab 12 Jahre wird sie von 161,67 auf 107,78 Euro herabgesetzt. Auf diese Weise verliert beispielsweise eine Familie mit zwei Primärschulkindern 65 Euro jährlich, eine Familie mit zwei Sekundarschülern 80,82 Euro.
Durch die Kürzungen der Pauschalen, die seit 2002 nicht mehr an die Inflation angepasst werden, sollen nächstes Jahr elf Millionen eingespart werden. Die Regierung hatte angekündigt, dass arme Familien zum Ausgleich für die Zulagenkürzung Buchgutscheine erhalten sollen.
Kilometerpauschale Der Abschlag von jährlich 396 Euro auf der Einkommenssteuer für die ersten vier Kilometer Arbeitsweg wird ab 2013 abgeschafft. Bei einem Mindestlohn macht das eine Steuererhöhung um fünf Euro monatlich aus, bei einem versteuerbaren Einkommen von 2 900 Euro um neun Euro und ab einen Einkommen von rund 4 400 Euro monatlich 13 Euro. Durch diese Steuererhöhung nimmt der Staat jährlich 35 Millionen zusätzlich ein.
Fahrkarten Die Kurzzeitkarte für Bus- und Bahnfahrten soll von 1,50 auf zwei Euro, um immerhin 33 Prozent verteuert werden. Die Tageskarte soll um 25 Prozent verteuert werden, von vier auf fünf Euro. Jahreskarten und Jahreskurzstreckenkarten, die derzeit 400 beziehungsweise 200 Euro kosten, sollen um zehn Prozent verteuert werden, was Preiserhöhungen um 40 beziehungsweise 20 Euro entspricht. Ziel dieser und weiterer Tariferhöhungen auf den anderen Fahrscheinsorten sind Mehreinnahmen von sechs Millionen Euro.
Autosteuer Ab 1. Januar ist die Ermäßigung von 50 Euro auf der Autosteuer für Inhaber von Dieselfahrzeugen abgeschafft, die dank ihres Filters höchstens 10 Milligramm Rußpartikel pro Kilometer ausstoßen. Gleichzeitig wird eine Mindestautosteuer von 30 Euro eingeführt; einzelne Fahrzeuge werden derzeit mit drei oder fünf Euro jährlich besteuert. Die Mindeststeuer gilt auch für Elektrofahrzeuge. Durch diese Steuererhöhung, die teilweise auch die Verwaltungskosten ausgleichen soll, soll der Staat nächstes Jahr sechs Mil­lio­nen Euro mehr einnehmen.
Tabak- und Diesel-Akzisen Bereits am 1. August dieses Jahres waren die Akzisen pro 1 000 Liter Dieselkraftstoff, je nach Schwefelgehalt, von 78,84 auf 83,84 Euro beziehungsweise von 75,49 auf 80, 49 Euro erhöht worden. Am 1. September wurden die Akzisen pro 1 000 Zigaretten von 102 auf 105 Euro erhöht. Ein Kilo Tabak zum Selbstrollen wird mit 29 Euro statt 27,50 Euro besteuert, das Tausend Zigarren und Zigarillos mit 20 statt 18 Euro. Dadurch will der Staat nächstes Jahr 35 Millionen Euro mehr einnehmen.
TVA-Erstattung Statt bis zu 60 000 Euro sollen Bauherren ab nächstem Jahr nur noch 50 000 Euro Mehrwertsteuer auf dem Bau oder der Renovierung ihrer Wohnung erstattet bekommen, den Unterschied zwischen dem Regelmehrwertsteuersatz von 15 Prozent und dem superreduzierten Satz von drei Prozent. Die Steuererhöhung für den einzelnen Steuerzahler kann bis zu 10 000 Euro betragen, falls seine Wohnung mindestens 416 667 Euro kostet.
Der Höchstbetrag war erst Ende 2008 von 50 000 auf 60 000 Euro erhöht worden. Durch die nun erfolgte Senkung soll der Staat 20 Millionen Euro Steuern mehr einnehmen.
Schuldzinsen Der Höchstbetrag, bis zu dem Schuldzinsen auf einem Verbraucherdarlehen für den Auto-, den Möbelkauf oder einfach nur, um über die Runden zu kommen, von der Einkommenssteuer abgesetzt werden können, wird von 672 Euro auf 336 Euro jährlich halbiert. Dadurch sollen als angeblicher Beitrag zum Kampf gegen die Überschuldung sieben Millionen Euro Steuern mehr eingenommen werden.
Stock options Das Anrecht von Führungskräften, sich steuerlich bevorteiligt in Anrechten auf Aktien bezahlen zu lassen, wird durch ein Rundschreiben der Steuerverwaltung eingeschränkt. Als erstes sollen nunmehr vorrangig Stock options für Anteile des eigenen Betriebs in Betracht gezogen werden. Durch diese Steuererhöhung will der Staat 50 Millionen Euro mehr einnehmen.

Romain Hilgert
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