Kino

Israelischer Alltag?

d'Lëtzebuerger Land du 09.03.2018

„Obwohl es ein Anti-Kriegsfilm ist, der auf subtile Weise eine Gesellschaftskritik übt, wurde er in Israel nicht gut aufgenommen und von der Regierung kritisiert“, hieß es in der Präsentation von Foxtrot anlässlich des 8. Luxfilmfestivals. Der Film erhielt am Samstag den Großen Preis des diesjährigen Festivals.

Samuel Maoz’ (Antikriegs-)Drama war bereits auf den 74. Filmfestspielen in Venedig gezeigt worden und hatte dort den Silbernen Löwen gewonnen. Tatsächlich ist Foxtrot filmisch großartig, ästhetisch beeindruckend und reißt einen ab der ersten Minute mit.

Wenn Michael Feldman (Lior Ashkenazi) seine Haustür öffnet und von Soldaten der israelischen Armee mitgeteilt bekommt, dass sein Sohn Jonathan (Yonatan Shiray) gefallen ist und sich angesichts dieser Botschaft der Schmerz und die Ungläubigkeit in der Mimik des Vaters widerspiegeln und er in sich zusammenfällt, ist man zutiefst berührt und folgt dem Geschehen mit angehaltenem Atem. „Sie sollten jede Stunde ein Glas Wasser trinken“, rät ihm ein Offizier routiniert und stellt Michaels Handy so ein, dass es ihn stündlich daran erinnert. Samuel Maoz, dessen Film Lebanon (2009) über die Ereignisse im Libanon-Krieg bereits einen Goldenen Löwen bei den 66. Filmfestspielen in Venedig gewann, schafft es, den Schmerz des Vaters über den Verlust seines Sohnes einzufangen. Lior Ashkenazi spielt die Rolle überzeugend – ohne falsches Pathos. In der Darstellung der Beziehung zwischen ihm und seiner Frau Dafna (Sarah Adler) liegt zweifellos die größte Stärke dieses Films: Zwischen Wut, Hilflosigkeit, Beschuldigungen, Selbstkasteiung, Entfremdung und bis hin zum gemeinsamen Bekiffen mäandert das Paar. – Es ist eine Familiengeschichte, ein Ausschnitt der gesellschaftlichen Realität Israels.

Problematisch wird es jedoch, wenn der Film als „Spiegelbild der israelischen Realität“ firmieren soll. In einer Rückblende wird der öde Alltag an einem Checkpoint irgendwo im Norden Israels gezeigt, Jonathan ist dort stationiert. Die fünf jungen Soldaten langweilen sich so sehr, dass sie sich Geschichten erzählen und ihre Zeit mit Pornoheften und Foxtrot vertreiben ... Ab und zu kommt ein Kamel vorbeigetrottet. Wer die Schranke passieren will, wird von den jungen Soldaten kritisch beäugt und muss sich ausweisen. Bis sich ein Vorfall zuträgt, der an impulsiver Brutalität kaum zu übertreffen ist: Aus einem Fahrzeug feiernder arabischer Jugendlicher rollt eine Getränkedose, und in panischer Reaktion feuern die jungen Soldaten auf das Auto. Ein General kommt im Hubschrauber angeflogen und gibt die Order, den Vorfall schnell zu vergessen. Dann rollt ein Bulldozer heran und verscharrt das Auto. Die Ermordung arabischer Jugendlicher durch israelische Soldaten an den Checkpoints – ein alltäglicher Zwischenfall, der routiniert ausgelöscht wird?

Foxtrot mag in Israel als Antikriegsfilm und selbstkritische, zugespitzte Auseinandersetzung funktionieren, im Ausland riskiert der Film jedoch propagandistisch ausgeschlachtet zu werden und denjenigen in die Hände zu spielen, die ohnehin einseitig den Zeigefinger erheben und auf den alleinschuldigen „bösen Besatzerstaat“ zeigen. Denn in seiner Darstellung veralbert der Film die israelische Armee und pauschalisiert den Konflikt durch die Fokussierung auf den Checkpoint. Damit dürfte Maoz’ Beitrag im Ausland keine kluge gesellschaftliche Diskussion auslösen, sondern das vorgefertigte antizionistische Weltbild so mancher bestätigen. Anina Valle Thiele

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