Im Januar 2017 feierte die Luxemburger Zentralbank die Abschaffung des obligatorischen Militärdienstes. Sie brachte Gedenkmünzen „50 Joer Fräiwëllegenarméi“ in Umlauf.
Fünf Jahre später überfiel Russland die Ukraine. Am 27. Februar 2022 machte der deutsche Kanzler Olaf Scholz international Schlagzeilen. Er kündigte eine „Zeitenwende“ an. Die Nachkriegszeit ist vorbei. Nun beginnt die Vorkriegszeit.
Der obligatorische Militärdienst wird wieder ins Gespräch gebracht. „Die Wehrpflicht ist in Luxemburg 1967 abgeschafft worden. Ich habe gemäß Koalitionsvertrag auch keinen Auftrag, die Wehrpflicht wieder einzuführen.“ Erklärte Verteidigungsministerin Yuriko Backes dem Luxemburger Wort (28.6.24). „Ich glaube aber schon, dass es – genauso wie in anderen europäischen Ländern – eine Diskussion darum geben wird.“
In der Nachkriegszeit wurde die Wehrpflicht in 20 EU-Staaten, den USA, Großbritannien abgeschafft. Sie behinderte den Arbeitsmarkt. Sie war zu teuer. In den Fünfzigerjahren kostete die Luxemburger Armee mehr als Bildung und Gesundheit zusammen. Um 85 Mann nach Korea zu schicken.
2019 wurde in Frankreich ein Service national universel eingeführt. Am 30. Januar 2024 kündigte Premier Gabriel Attal seine Verallgemeinerung an. Zwecks „notre réarmement civique, c’est renforcer l’unité républicaine de notre jeunesse“. Emmanuel Macrons autoritärer Liberalismus entdeckte die Wehrpflicht. Militärischer Drill lehrt jugendliche Arbeitskraftverkäufer Gehorsam und Disziplin. Die Arbeitskraftkäufer bedanken sich.
Am 12. Juni 2024 klagte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius über Rekrutenmangel. Er kündigte die Erfassung aller „Wehrfähigen“ an. Für eine „neue“, später vielleicht allgemeine Wehrpflicht. Deutschland müsse bis 2029 „kriegstüchtig“ werden. Das deutsche Bürgertum hat Russland Stalingrad nie verziehen. Vielleicht auch nicht den Verlust des Reichskommissariats Ukraine. Wo die Wehrmacht 5 265 000 Menschen umbrachte, 714 Städte und 28 000 Dörfer zerstörte (Encyclopedia of Ukraine, Bd. 3, S. 571).
Die französischen und deutschen Anliegen sind nicht immer die luxemburgischen. Im März 2022 schaltete das Parlament eine Petition frei für die „Réintroduction du service militaire obligatoire luxembourgeois“. Sie erhielt 233 Unterschriften. Weniger als für die Einführung eines Hundeführerscheins.
In den Sechzigerjahren stritten linke und liberale Jugendorganisationen für die Forderung: „Huelt ons d’Arméi vum Pelz, schéckt d’Offizéier op d’Schmelz!“ Die Unternehmer nickten zustimmend: Offiziere sind produktiver am Hochofen.
Die „Loi portant abolition du service militaire“ vom 22. Juni 1967 gab ihnen recht. Das „Exposé des motifs“ räumte ein: Die Wehrpflicht „n’avait pu prendre racine dans nos mœurs paisibles, hostiles aux exagérations militaires comme aux aventures“.
Das Kriegshandwerk wurde technischer. Binnen weniger Monate können Wehrpflichtige bloß zu Kanonenfutter gedrillt werden: „Ower, meî’ Jong, e’ Rekrutt an en Zaldot, dâs Zwéerlè“ (Dicks, De Ramplassang, I.7).
Artikel drei des Armeegesetzes vom 23. Juli 1952 schrieb die Wehrpflicht für jeden „Luxembourgeois du sexe masculin“ vor. Heute verlangte Verfassungsartikel 15(3) die Wehrpflicht auch für Frauen.
Wie würde die Wehrpflicht aussehen? Der Staatsrat wusste es in seinem Gutachten vom 12. Mai 1967: Der obligatorische Militärdienst „n’a jamais été populaire dans le pays. Puis, les résultats manifestement insuffisants, les tiraillements pénibles dans l’organisation du commandement, la perte de temps imposée à des jeunes soustraits à une activité plus utile, sans que le but visé fut atteint, les dépenses jugées excessives en comparaison du rendement peu apparent“.