Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass es im Jahre 2020 genügt, den Präsidenten der Vereinigten Staaten schlicht beim Wort zu nehmen, um eine Satire in Serienformat zu lancieren. 2018 hatte Präsident Trump verkündet, die „United States Space Force“ gründen zu wollen, die einen neuen Teil der US-Streitkräfte ausbilden sollen. Ziel: 2024 sollen Amerikaner wieder den Mond betreten. Mehrere Late-Night-Talk-Show-Hosts haben bereits bekundet, dass Trump die Witze für ihr Abendprogramm gewissermaßen selbst schreibt; Steve Carell und Greg Daniels (beide waren bereits für The Office verantwortlich) müssen sich Ähnliches gedacht haben, als sie die Serie Space Force konzipierten. Dabei kann von einer regelrechten Konzeption eigentlich nicht die Rede sein. Nachdem Trump seine Idee der Space Force präsentierte, dachte man sich bei Netflix, dass beide Wörter einen guten Serientitel abgeben würden. Und basierend auf diesen Angaben machte sich das Duo Carell-Daniels ans Werk1: Steve Carell spielt den General Mark Naird, der zum Kommandanten der neuen Streitmacht ernannt wird. Sein Auftrag lautet schnellstmöglich eine Basis auf dem Mond aufzubauen. Den Präsidenten sieht man in alledem nie, man bezieht sich lediglich mit dem Kürzel Potus (President of the United States) auf ihn oder spielt auf seine Twitter-Nachrichten an – natürlich wissen wir, wer gemeint ist.
Space Force zeigt die amerikanischen Streitmächte als ein Haufen heillos überforderter Männer, die einer durch und durch verrückten Parallelwelt entsprungen zu sein scheinen. Allein der Slogan „Boots on the Moon!“ stellt die Serie unter ironische Vorzeichen und allen voran ist da ein stark aufspielender Steve Carell: Er gibt die reinste Karikatur des amerikanischen Militärapparats, dessen Spiel ins kindisch Groteske geht und besonders diese ihm so genuin anhaftende Mechanik ist die Quelle des Komischen. Seine gesamte physische Präsenz legt nahe, dass er vollends ein infantiler Clown ist: ein Chef mit lauter dummen Ideen. Wenn Steve Carell dann seine roboterhaften Tanzbewegungen auf den Song Kokomo der Beach Boys vollzieht, dann erkennen wir dahinter noch in etwa das, was Henri Bergson als den „Automaten“ bezeichnet hat: eine Person, die ins Lächerliche übergeht durch die fast zwanghaft-mechanische Unbeweglichkeit und seinen Mangel an Einsicht2. Neben Carell sehen wir John Malkovich, der als Gegenpart für Balance sorgt: Er ist der kauzige, exzentrische Wissenschaftler des ganzen Unterfangens, Dr. Adrian Mallory, der aber Vernunft dem Wahnsinn vorzieht.
Malkovichs Spiel profitiert in besonderem Maße von seiner Stimme, er vermag damit, eine Aura auszustrahlen, die zwischen unterkühlter Aggressivität und tiefer Entspannung oszilliert.
In seiner Kritik an dem militärisch-technokratischen Denken steht Space Force wohl in einer Linie mit Dr. Strangelove or how I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb (1964), ohne aber an dessen Virtuosität heranzureichen. Denn man spürt wohl, dass die Dynamik zwischen den Darstellern da ist; das Schauspielensemble ist durchweg gut mit Gespür für das richtige Timing und die nötige Präzision. Aber doch wollen viele der Gags nicht recht zünden. Das Problem liegt an einem zunehmend schwächelnden Drehbuch, das keine wahnwitzige Kraft entfalten will, möglicherweise fehlt es da an einer stringenteren Konzeption. Space Force will scharfe und bitterböse Satire sein, gerade aber das Repetitive und die spürbare Zusammensetzung aus Plakativität und Absurdität nehmen der Kritik letztendlich die Spitze – gute Unterhaltung dank toller Schauspielmomente ist das allemal. Abzuwarten bleibt indes, ob die verrückte Parallelwelt in Space Force im Falle einer zweiten Amtszeit Trumps nicht noch eine unheilvoll-visionäre Kraft entfalten wird.