Grüne Südliste

Lehrer und Parteiadel

d'Lëtzebuerger Land vom 09.10.2008

Die Grünen versuchen den Generationswechsel im Süden: Obwohl der grüne Gründervater und Abgeordnete Jean Huss 2004 rund 18 000 Stimmen, sein Kollege Felix Braz aber nur rund 10 000 erhalten hatte, und Huss dieses Jahr ein politisches Comeback mit seinem Gesetzesvorschlag über die Euthanasie feiert, ist der fast 20 Jahre jüngere, ehrgeizige Abgeordnete und Escher Schöffe Braz Spitzenkandidat der Grünen im Südbezirk. Spitzenkandidatin ist nicht mehr die Sassenheimer Schöffin Dagmar Reuter-Angelsberg, die vor vier Jahren bereits kurze Zeit Abgeordnete gewesen war, sondern die Bettemburger Gemeinderätin Josée Lorsché, die 2004 gerade Siebzehnte wurde.

Vielleicht soll das auch ein politischer Wink sein. Denn „Muck“ Huss, der 2005 den europäischen Verfassungsvertrag abgelehnt hatte, zählt zur Parteilinken, während der von Jupp Webers Glei kommende Braz als liberaler gilt. Doch in dem von der Industrie und der Arbeiterbewegung geprägten roten Süden kommt grüne Ideologie schlechter an: 2004 erhielten die Grünen dort den niedrigsten Stimmenanteil aller Wahlbezirke: 10,25 Prozent. Meinungsumfragen gestehen ihnen inzwischen 12 bis 13 Prozent zu, aber immer noch weniger als in den anderen drei Bezirken.

Typisch für die Partei ist, dass auch im Süden die Hälfte der Kandi-daten Lehrer sind. Auf der am Donnerstag veröffentlichten Liste mit einem nicht mehr gerade jugendlichen Altersdurchschnitt von 45 Jahren kandidieren neben Dagmar Reuter-Angelsberg auch ihr Sassenheimer Schöffenratskollege Robert Rings und der Differdinger Schöffe Roberto Traversini.

Schon am Sonntag verabschiedete der außerordentliche Partei-tag der Grünen die Europaliste. 2004 hatten sie 15,2 Prozent der Stimmen bei den Europawahlen erhalten, und die Meinungsumfragen räumen ihnen gute Chancen ein, ihren Sitz zu behalten. Spitzenkandidat ist wieder der Europaabgeordnete Claude Turmes, der 1999 als sechster Ersatzkandidat unverhofft nach Straßburg ziehen durfte, weil die sechs besser Gewählten keine Lust hatten. 2004 wusste er schon als medienwirksamer Technokrat, sein Mandat erfolgreich zu verteidigen, darf aber nun nicht mehr zu den Landeswahlen im Südbezirk antreten. Mit Nùria Garcia und Manuel Huss sollen zwei Angehörige des grünen Parteiadels ihre Familiennamen zu Stimmen machen. Daneben treten Dauerkandidatin Adri van Westerop, der Filmproduzent und Schauspieler Christian Kmiotek und, als Quotenimmigrierte, Maria Mendel-Ramalho an. 

Romain Hilgert
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