Bei der Obduktion der Leiche einer 83-jährigen Frau entdeckt ein Arzt, sein Vorname ist Adam, ein sackähnliches Gebilde – acht Millimeter lang und dreieinhalb Millimeter breit –, das sich in einem Winkel von 35 Grad zur Harnröhre befindet. Er ist es, dessen ist Adam sich gewiss. Er hat ihn entdeckt, den legendären, mythischen Punkt, von dem schon lange geraunt wird, „es gibt ihn, es gibt ihn nicht“; Leugner_innen und Gläubige führen ja schon seit erdenklichen Zeiten erbitterte Debatten darüber, wo die Orgasmuse wohnt. Ob ihre Adresse profan G-Punkt heißt oder berauschend Klitoris.
Das Raunen geht ja schon eine geraume Weile, seit ein Herr Dr. Gräfenberg bei seinen Expedi-
tionen in der weiblichen Unterwelt angeblich auf einen Punkt stieß, der ihm zu Höherem berufen schien. Sogar Höhepunkte könne frau dank dieser Prostata feminina, wie sie dann auch liebevoll geheißen wurde, erreichen, vornehmlich allerdings durch Inanspruchnahme eines männlichen Sexualorgans.
Die Vorrangstellung, die diesem Vorgang, auch Penetration genannt, eingeräumt wurde, stieß wiederum bei den Anbeterinnen der göttlichen Klitoris auf wenig Gegenliebe – das war ihnen schlicht zu penetrant. Die Wissenschaft blieb sowieso skeptisch, obschon sich Heerscharen von Sexperten über die potenziell potente Zauberzone beugten. Zu Anatomiebüchern wurde ihr der Eintritt verwehrt.
Seither spukt der G-Punkt durch Debatten und Betten, nach und nach wurden auch andere Punkte im weiblichen Untergrund entdeckt, die Terra incognita wurde im Laufe der Jahre sorgfältig markiert und abgesteckt, sogar alphabetisiert. Der G-Punkt blieb trotzdem ein geiles Geheimnis, G=X, Warm, Kalt, Lauwarm tappen ehrgeizige Liebeslehrlinge durchs ewige Dunkel, wo ist Heiß? Motivierte Jünglinge, aber auch eifrige weiße alte Männer begeben sich seither auf Schatzsuche. Reich‘ mir mal die Karte, Schatz! Und die Lesebrille! Wo ist denn dieser verdammte G, gibt es den nicht auf Google Maps? A hab ich schon, und uff, anscheinend gibt es auch U?! Nimm C, alias Klit, empfiehlt Schatz, da bist du auf Nummer sicher!
Ist G eine Fabel, verschollen wie Atlantis, ein Orgasmus-Fantasmus? Eine Adresse, die es gar nicht gibt? Da sind die G-Adepten raffiniert, bei jeder Frau befinde sich der Punkt, der gönnerhaft sogar zur Zone ausgeweitet wird, woanders. Frau kann Mann ja nicht so einfach auf einen Punkt bringen, das Weib, dieses mythische Monster.
Bis vor ein paar Jährchen ein Herr Doktor, sein Vorname ist Adam, bei einer Eva fündig wurde, leider war sie schon tot. Er hat den Punkt erwischt, zumindest behauptet er das. Obschon bei diesem Doktorspiel nicht alle toten Damen mitspielten, manchen gar noch ein Minuspunkt vor ihrem letzten Weg verpasst wurde, geht der Punkt an Dr. Adam, dem auch gleich sehr viel einfiel. Mann kann ihn aufpolstern, aufspritzen, Frau natürlich auch; in der Eroszonenindustrie sind alle Geschlechter_innen tätig. Den trockenen Scheiden, die uns bei Familienfernsehabenden heimbesuchen, geht es ja auch schon seit Jahren an den Kragen, mit Salben und Pillen werden sie auf Vordermann gebracht. Frigide geht jedenfalls nicht mehr, das ist so 1950. Kein Bock, früher hieß es noch Migräne, geht nicht mehr, mit G geht es immer.
Die G-Aufrüstung, auch G-Shot genannt, ist leicht zu bewerkstelligen und wird mittlerweile an jeder Ecke angeboten, quasi im Vorbeigehen kann Frau sich aufpeppen lassen, G to go. Mit Eigenfett sogar, das ist das autarke, regional nachhaltige Modell, aber obschon frau alles selber mitbringt, kostet es mehr als 2 000 Euro. Ein seriöser G-Shooter weist allerdings drauf hin, dass er etwas vergrößert, was es vielleicht nicht gibt, dass es weibliche Naturtalente in Vaginalorgasmen gebe und andere es einfach nicht drauf hätten. Und es nie draufhaben werden. Diese Euphorie bremsende Aussage schließt er aber mit einem mitreißenden: Frau muss es einfach ausprobieren!
Wie wäre es mit der günstigen Multipackofferte, Vaginalstraffung, Schamlippenverkleinerung und Hymenrekonstruktion, all inclusive? Bietet sich als Weihnachtsgeschenk an, im Siebten Himmel unterm Weihnachtsbaum!