Leitartikel

Institut und Zentrum

d'Lëtzebuerger Land vom 14.04.2017

Es geschieht nicht alle Tage, dass ein ganzes Institut der Universität sich öffentlich über Entscheidungen der Uni-Leitung beklagt. Das Historische Institut hat am Dienstag regelrecht Alarmglocken geläutet: Vier Professoren-Lehrstühle existieren dort derzeit. Einen fünften verlor es unlängst, als sein Inhaber ans neu geschaffene Interdisziplinäre Zentrum für Zeitgeschichte und digitale Geschichte wechselte. Ein weiterer Professor wird im Herbst emeritiert. Zu befürchten sei, dass die Geschichte von der Antike übers Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts von drei Professoren gelehrt werden müsse. Weil das nicht zu schaffen sei, werde der Studiengang Geschichte womöglich schon ab kommendem Herbst internationalen Standards nicht mehr gerecht, und die Forschung werde leiden, was sich dann erneut negativ auf die Lehre auswirke.

Das Beispiel scheint leider exemplarisch für die Probleme zu sein, in denen Uni.lu steckt: Es wird um Geld und um Einfluss gerungen, Strategien fehlen, und es besteht eine Führungskrise. Natürlich könnte die Uni neue Professoren für das Institut suchen. In der vor sechs Wochen veröffentlichten Forschungs-Evaluation haben ihm internationale Gutachter einen „sehr guten akademischen Ruf“ bescheinigt, nicht zuletzt „in der längerfristigen Geschichtsperspektive“. Doch so einfach ist das nicht. Die ab Herbst freiwerdende Stelle ist die eines Staatsbeamten, die die Uni weiterführen müsste, doch ihr Aufsichtsrat lehnt das offenbar ab. Dass der andere Professor ans Zentrum für Zeitgeschichte wechselte, war Teil einer größeren Wanderung von Historikern an das neue Zentrum, das auf den politischen Beschluss der Regierung zurückgeht, einst unter CSV-Regie gebildete kleine Geschichtsinstitute unterm Dach der Uni und mit Hilfe ihrer Historiker zu etwas Wissenschaftlichem zu fusionieren.

Das aber führt nun dazu, dass Kollegen von einst zu Konkurrenten um Finanzmittel werden. Schon stellen die Historiker des Instituts fest, am Zentrum für Zeitgeschichte werde „nur“ die Zeit ab der Wende zum 20. Jahrhundert behandelt, dennoch habe es zu vier bereits bestehenden Professorenstellen weitere vier zugesagt bekommen. Das ist nicht unnormal an Uni.lu: Die Interdisziplinären Zentren für Systembiomedizin LCSB und IT-Sicherheit SnT sind beide finanziell besser dotiert als Forschungsbereiche der Fakultäten. Sie gleichen separaten Forschungszentren innerhalb der Uni und werden durch einen Direktor straff von oben her geführt. Und so, wie das SnT über 25 Industriepartnerschaften verfügt, über die es seine Forschung extern mitfinanziert, und das aus Jeannot Kreckés Biotech-Initiative hervorgegangene LCSB sich mit seinem Forschungsschwerpunkt Parkinson erfolgreich international etabliert hat, wenngleich die Biotech-Industrie noch auf sich warten lässt, dürfte auch vom Zeitgeschichte-Zentrum erwartet werden, dass es stärker „nützt“ als das Historische Institut an der Humanwissenschaftlichen Fakultät. Beispielsweise durch die Digitalisierung von Dokumenten, was sich anschließend kommerziell nutzbar machen ließe.

Damit stellt sich einerseits die Frage, wo die Universität mit allem, was nicht „Zeitgeschichte“ ist, überhaupt hinwill. Zweitens eine über ihre Geisteswissenschaften generell. Nicht zuletzt, da von zurzeit noch 13 Staatsbeamten-Professoren besonders viele der Humanwissenschaftlichen Fakultät angehören, und sollten ihre Stellen eines Tages ebenfalls nicht weiterfinanziert werden, wären Bereiche wie Anglistik und Romanistik gefährdet. Hinzu kommt, dass die Regierung durch eine Änderung des Universitätsgesetzes die Höchstzahl der Interdisziplinären Zentren an Uni.lu von drei auf sechs anheben will. Noch kann nur spekuliert werden, in welchen Gebieten eine Zentrumsbildung interessant sein könnte. Aber Konflikte wie den um die Geschichte dürfte es dann noch weitere geben.

Peter Feist
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