Heute loben wir die Luxemburger Kulturpolitik. Mit „Niederkatzenwut“ hat der ausgezeichnete Kabarettist Mars Klein einmal den Namen des schmucken Dörfleins Bascharage übersetzt. Dieser kleine Hinweis ist nötig, weil soeben das „Manifest von Niederkatzenwut“ erschienen ist, ein bahnbrechendes Positionspapier zur künftigen kulturellen Gestaltung der Heimat. Wir zitieren die wichtigsten Passagen:
„1. Alle Luxemburger Kulturschaffenden sollten sich ab sofort den Künstlernamen „Michel Wolter“ zulegen. Wenn sie ihre Anträge an das Kulturministerium mit „Michel Wolter“ unterschreiben, antwortet die amtierende Ministerin garantiert binnen acht Tagen. Kulturschaffende, die sich fortan nicht „Michel Wolter“ nennen mögen, dürfen sich nicht wundern, wenn ihre Anträge entweder gar nicht beantwortet werden, oder ausweichend, oder mit einer Verspätung von zwei bis vier Jahren. In diesen Fällen störrischer Verweigerung behält sich das Ministerium übrigens das Recht vor, lautstark zu behaupten, es habe längst geantwortet, obwohl nie eine Antwort eingetroffen ist.
Zur Erinnerung: Michel Wolter ist der Vorsitzende der Partei CSV, die ihre kulturelle Kompetenz aus dem Umstand ableitet, ein Gesamtkunstwerk namens Juncker zu besitzen. Neben diesem Gesamtkunstwerk braucht die CSV keine weiteren künstlerischen Kenntnisse. Das Gesamtkunstwerk ersetzt selbstverständlich jede Verpflichtung, sich über kulturelle Konzepte auch nur minimal zu informieren. Michel Wolter ist zudem ein Patriot der höchsten Güteklasse. Er muss nur den Mund öffnen, schon läuten die Kathedralglocken. Michel Wolter ist der Mann, der allen Fahnen vorgeschrieben hat, dass sie nur mehr nach rechts flattern dürfen. Auch der Wind hat den unmissverständlichen staatlichen Auftrag, unter allen Umständen nur mehr von links nach rechts zu wehen.
2. Alle Kulturprojekte sollten ab sofort den Codenamen „Gëlle Fra“ tragen. Bei Zuwiderhandlung erfolgt: gar nichts. Erinnern wir uns an zwei bedauernswerte Künstlerinnen, die beim Kulturministerium um Unterstützung für ein Choregrafieprojekt baten. Die zuständige Funktionärin teilte ihnen kurz und bündig mit: „5 000 Euro sind viel zu viel für ein Choreografieprojekt.“ Damit bewies die Funktionärin, dass sich ihre Kompetenz auf unerreichbaren Gipfeln bewegt. Die Künstlerinnen hingegen sind selber schuld am Scheitern ihres Projekts. Hätten sie nämlich ihren Antrag mit dem Codenamen „Gëlle Fra“ versehen, hätte ihnen die Funktionärin realitätsgetreu beschieden: „5 000 Euro sind viel zu wenig für ein Choreografieprojekt.“ Wir sehen: „Gëlle Fra“ ist das Zauberwort, das alle Türen öffnet. Nur politisch blinde Kulturschaffende berufen sich nicht auf die „Gëlle Fra“.
Das Geld wäre sofort massiv geflossen, wenn die besagten Künstlerinnen die „Gëlle Fra“ in ihr Projekt eingebunden hätten. Das kann doch nicht so schwer sein. Wie Michel Wolter beweist, eignet sich die „Gëlle Fra“ hervorragend als Nummerngirl, als Wahlkampfnutte, als heilige Unschuld von Niederkatzenwut. Man darf sie auch ein bisschen tanzen lassen, kein Problem. Sie tanzt übrigens am liebsten auf Kirchenmusik. Am besten wäre natürlich gewesen, wenn die beiden Künstlerinnen ihr Projekt gleich „Schlussprozession“ getauft hätten. Hüpfende Pfaffen, twistende Nonnen, schwebende CSV-Parlamentarier, und das CSV-Gesamtkunstwerk als Walzerkönig unter dem Baldachin. Zwischendurch immer mal wieder eine nette Einlage vom Duo Pédo [&] Phil, den Ulknudeln vom Sakristeidienst, wahre Meister des Gangsta-Rap. Und im Hintergrund stets die „Gëlle Fra“, mit ein bisschen step dance, oder ähnlich. Über so ein Ballett hätten sich die staatlichen Fördergelder ergossen wie eine Sturzflut aus dem Weihwasserkessel.
3. Für Antragssteller und Kulturförderungskandidaten gilt die Regel : ein bisschen Erfahrung mit staatlich verbotener Schwarzarbeit kann nicht schaden. Eine große Klappe ist immer von Vorteil. Wer ständig hohle Sprüche klopft, nach Biertisch und Weihwasser duftet, wird vorrangig, wenn nicht gar exklusiv bedient. Eine CSV-Mitgliedskarte ist natürlich die Kirsche auf der Schwarz(wälder)torte. CSV-Mitglieder dürfen jede Hemmung fahren lassen und die Schamlosigkeit zum obersten Prinzip erheben. Angeber und Scharlatane, nach dem Beispiel des Dorfoberen von Niederkatzenwut, werden mit echt christlicher Hingabe an den Tisch der Herrin im Kulturministerium geladen.“
Soweit die wichtigsten Paragrafen aus dem „Manifest von Niederkatzenwut“. Uns bleibt nur anzumerken, dass die 44-tägige Ausstellung der „Gëlle Fra“ in Bascharage in Wirklichkeit eine Buß- und Betveranstaltung sein wird, eine Wiedergutmachung der pfäffischen Kungelei mit Herrn Hitler und seinen Schergen. Wie wir hören, soll die „Gëlle Fra“ in Bascharage einen Maulkorb tragen, zum abschreckenden Andenken an den CSV-Heiligen Josef Bech. Das aber, glauben wir fest, ist nur ein schändliches Gerücht.