Die Besteuerung von Firmenwagen wird nächstes Jahr verschärft. Vor allem die auf Verbrenner

Die Liebe zum Auto

Man gönnt sich ja sonst nichts: Probesitzen in einem Lamborghini
Foto: Patrick Galbats
d'Lëtzebuerger Land vom 28.06.2024

„Das ist kein gutes Signal“, sagt Dominique Roger. Er ist Präsident von Mobiz, der Vereinigung von 20 Fahrzeug-Leasingfirmen. Aus der Presse erfuhr er am Mittwoch, dass CSV-Finanzminister Gilles Roth am Tag zuvor im Namen der Regierung erklärt hat, die Regeln zur Besteuerung von Dienstwagen für Privatzwecke würden nicht geändert. Dominique Roger fragt sich, „wo das herkommt“. Eigentlich sei die CSV-DP-Regierung ja business friendly, und bei Gesprächen mit Minister/innen im Frühjahr habe er den Eindruck gehabt, „dass man uns verstand“.

Mit „uns“ ist die Autolobby insgesamt gemeint, die sich im HoA zusammengeschlossen hat, dem House of Automobile. Mobiz gehört dazu, die Autohändlerföderation Fedamo und ihre belgische Schwester Febiac, weil Importe oft über Belgien verlaufen und der Markt dann „Belux“ ist. Wird es politisch, legen die HoA-Mitglieder Wert darauf, mit einer Stimme – als HoA – zu sprechen. Das hat mehr Gewicht. Wie im März und im April, als sie die Minister/innen für Mobilität, Umwelt, Wirtschaft und Finanzen trafen: Die Dienstwagen-Besteuerung sollte noch länger in der Übergangsphase bleiben, die 2022 begonnen hat, wünschte das HoA. Die vorige Regierung legte fest, dass Ende dieses Jahres Schluss sein soll. Federführend war ihr Mobilitätsminister François Bausch von den Grünen. Nun regieren CSV und DP, die in ihren Koalitionsvertrag in den Kapiteln Mobilität, Energie, Umwelt und Klima Vokabeln wie „pragmatique“ und „neutralité technologique“ geschrieben haben.

Dagegen ist, was Gilles Roth angekündigt hat, ganz schön grün. Wer sich ab 1. Januar vom Arbeitgeber einen Firmenwagen anbieten lässt, der auch privat genutzt werden kann, wird sich gut überlegen müssen, was für einen. Solche Autos sind ein Bonus zum Gehalt. Ein „geldwerter Vorteil“ (avantage en nature, ATN) wird prozentual vom Neupreis (TVA inklusive) ausgerechnet. Er wird aufs Bruttogehalt aufgeschlagen und damit Sécu- und lohnsteuerpflichtig, das Nettogehalt sinkt. Ab 1. Januar wird der ATN sich für Elektroautos auf ein Prozent vom Neupreis belaufen, für E-Mobile mit besonders hohem Stromverbrauch auf 1,2 Prozent. Für Verbrennerautos dagegen soll er bei zwei Prozent liegen. Für ein Elektroauto, das 40 000 Euro gekostet hat, macht das 400 bis 480 Euro ATN im Monat, für ein Verbrennerauto 800 Euro.

800 Euro sind viel Geld. François Bausch sah das auch so, als er 2022 den Entwurf für die Verordnung verfassen ließ, welche die Übergangsphase definiert und festlegt, wann es ernst wird: Zwei Prozent ATN für Verbrenner würden vermutlich dazu führen, „qu’un leasing d’une voiture de fonction à une telle motorisation soit financièrement désavantageux pour le salarié par rapport à une acquisition de la voiture en son nom propre“. Das Besondere daran: „Unvorteilhaft“ werden sollen ab 1. Januar nicht nur reine Benzin- und Dieselautos. Sondern auch Hybridfahrzeuge, in denen ein Elektro- mit einem Verbrennermotor zusammenwirkt, und Plug-in Hybridautos mit einer Batterie, die an der Steckdose aufgeladen werden kann. Verbrenner ist Verbrenner, so der Ansatz.

Das politische Ziel dahinter lautete, den PKW-Bestand so rasch und so weit wie möglich auf zero emission zu bringen. 2030 sollten mindestens 49 Prozent des Bestands so weit sein, entweder als Elektromobile mit Batterie oder als Brennstoffzellenautos, falls die weitere Verbreitung fänden. Firmenwagen sollten dabei eine besondere Rolle spielen, denn sie werden viel schneller ersetzt, als jemand privat das tut. Das Mobilitätsministerium rechnete 2022 mit einer Wechselrate alle vier bis sechs Jahre und damit, dass jedes Jahr ein Viertel der Firmenwagen erneuert würde. Dann könnten Ende 2024 zwischen 25 und 30 Prozent der voitures de fonction rein elektrisch sein. Für die Luxemburger Klimabilanz, die 2030 mindestens 55 Prozent weniger CO2-Emissionen ausweisen soll und zu welcher der Transportbereich mit noch fast zwei Dritteln Anteil am meisten beiträgt, wäre ein großer Elektro-Trend bei den Firmenwagen von enormer Bedeutung.

Utopisch ist das nicht unbedingt. Mobiz-Präsident Dominique Roger hält es für „sehr ambitioniert“. Wie sich die Lage im ganzen Sektor momentan darstellt, weiß er nicht genau. Die Firmenwagenflotte, die sein Unternehmen Ayvens Luxemburg, dessen managing director er ist, betreut, sei zu 20 Prozent elektrisch. Und mehr als die Hälfte der Neubestellungen sei für Elektroautos eingegangen. Bei den anderen Mobiz-Betrieben dürfte das ähnlich sein. Roger fürchtet aber, dass diese Dynamik nicht bleibt.

Denn einerseits sind Elektro-Firmenwagen zur Privatnutzung derzeit extrem attraktiv: Der geldwerte Vorteil ATN für so ein Auto, der ab nächstem Jahr ein Prozent oder für die großen 1,2 Prozent vom Neupreis betragen soll, ist bis Ende dieses Jahres nur halb so hoch. Was natürlich ein Unterschied ist. Hinzu kämen, sagt Roger, „Zweifel“ an der Elektromobilität unter den potenziellen Kunden. Vor allem, was das Nachladen eines Batterieautos angeht. „Nicht jeder kann das daheim machen. In einem Einfamilienhaus kann man sich eine Wallbox installieren, in einem Apartmentgebäude kann das sehr schwierig sein.“

Die Botschaft des House of Automobile an die Rgeierung lautete deshalb: Macht noch nicht ernst mit der höheren Besteuerung, lasst die Übergangsphase vielleicht ein Jahr weiterlaufen. Sonst könnten Elektro-Zweifler sich doch für ein Verbrennerauto entscheiden, oder für ein Plug-in Hybridfahrzeug. Wenn die aber regelrecht „unattraktiv“ als Firmenwagen gemacht werden sollen, könnten viele statt Firmenwagen-Bonus mehr Gehalt wollen und sich das Auto ihrer Wahl privat anschaffen. Da ungefähr die Hälfte der Firmenwagen-Nutzer frontaliers sind, könne Luxemburg eine Menge Ungemach drohen, wenn die Pendler/innen im Wohnsitzland einkaufen: Leasingfirmen und Händler hierzulande verlören Umsatz, die Autowerkstätten Aktivität und ebenfalls Umsatz. Den Versicherungsgesellschaften entgingen Einnahmen aus Autohaftpflicht und Kasko, der Staatskasse Einnahmen aus der Mehrwert- und der Autosteuer.

Dominique Roger hebt das Problem noch eine Etage höher: Firmenwagen als Bonus zum Gehalt seien in Luxemburg „regelrecht verankert“. Werde dieser Bonus nicht gepflegt, was bleibe dann, um „Talenten“ etwas Besonderes zu bieten? Chèques repas und eine betriebliche Zusatzrente, aber darüber hinaus nicht mehr viel. Da stehe die Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Standorts auf dem Spiel.

Was wahrscheinlich übertrieben ist. Mit dem geldwerten Vorteil ist das so eine Sache: Bis 2016 lag er für Firmenwagen gleich welcher Motorisierung bei 1,5 Prozent vom Neupreis und niemand störte sich daran. Damals wie heute machten Firmenwagen rund 50 Prozent der jährlich neu zugelassenen Autos aus, und das Geschäft der Leasingfirmen brummte. Im Leasing geordert werden Firmenwagen oft, denn dann sind sie in einem Paket mit anderen Leistungen aufgehoben. Und weil Leasingfirmen große Volumen verwalten, gewähren die Hersteller ihnen gute Preise.

Die Elektro-Komponente in dem politischen Kalkül, per Firmenwagen den Autobestand schnell in Richtung zero emission zu drücken, aber ist tatsächlich neu. Und wie schnell sich das machen lässt, nicht sicher. Dass im vergangenen Jahr 22 Prozent der neu zugelassenen Autos – 11 048 Stück – rein elektrische waren, „davon darf man sich nicht täuschen lassen“, insistiert Philippe Mersch, der Präsident der Händlerföderation Fedamo. „Da waren zum Teil Bestellungen von 2022 dabei.“ Und fast 60 Prozent Firmenwagen. Bei den Privatkunden habe es schon voriges Jahr nach Stagnation ausgesehen, heute bestätige sich das: „Die Händler treffen nun auf Leute, die weniger überzeugt sind von der Elektromobilität, die vielleicht nur ein Auto haben und es nicht so einfach durch ein elektrisches ersetzen wollen.“ Das große Thema sei dann das Nachladen.

Dass Mersch wie Roger denselben Punkt betonen, dürfte keine Wiederholung des vom House of Automobile vor sechs, sieben Jahren noch vorgebrachten Arguments sein, mangels Infrastruktur werde das sowieso nichts mit Elek-
troautos. Sondern ein Hinweis auf ein echtes Problem. Das Wirtschafts- und Energieministerium, danach befragt, zählt auf, dass es Ende April 2 172 öffentlich zugängliche Ladesäulen gab, sowie 3 500 Anträge von Firmen, private Säulen einzurichten. Dafür steht ein ganzes Paket an staatlichen Zuschüssen bereit. Die Gemeinden an der Erweiterung der Infrastruktur zu beteiligen, scheint dagegen noch eine Baustelle zu sein; die Klima-Agence soll dafür „sensibilisieren“. Ein Gesetz, das die Installation von Wallboxen in Apartmentgebäuden erleichtern soll, ist als Entwurf unterwegs. Es gebe auch „Überlegungen zu einer breit angelegten Kommunikation zum Thema Elektromobilität“.

Solche Ankündigungen stehen in einem gewissen Widerspruch zur Technologieoppenheet im Koalitionsvertrag. Und vielleicht ist das größte Problem rund um die Elektromobilität das politische Schweigen seit dem Regierungswechsel. Redeten François Bausch und seine grünen Ministerkolleg/innen vielleicht zu oft von Elektroautos, war noch in der Europawahlkampagne nicht richtig auszumachen, was die CSV mit ihrem Versprechen auf „unverkrampften“ Klimaschutz meinte. War sie dem deutschen Fraktionschef der Europäischen Volkspartei nahe, der noch vorige Woche erklärte, Verbrennerautos müssten „auch nach dem Jahr 2035 zugelassen werden können“, oder wollte sie sich nur keine Blöße geben gegenüber der ADR? Gut möglich, dass solche Erwägungen die ganze Regierung umtreiben. Denn wieso entschieden wurde, dem House of Automobile nicht nachzugeben, will niemand sagen. Der Finanzminister machte seine Ankündigung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Ihrer Sache sicher scheint die Regierung sich damit aber zu sein. Vom Wirtschaftsministerium wird dem Land erklärt, „die Regierung geht nicht davon aus, dass eines der Szenarien eintritt“, die das HoA beschworen hat, wenn der geldwerte Vorteil für die Firmenwagen steigt, wie geplant. Aber natürlich werde man die Entwicklung im Auge behalten.

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Peter Feist
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