Leitartikel

Neue Besen

d'Lëtzebuerger Land vom 21.09.2012

Es war eine besondere Vorstellung, die Arbeitsminister Nicolas Schmit (LSAP) vergangenen Freitag im Arbeitsministerium bot. Schmit präsentierte der Öffentlichkeit eine neue Adem-Führung: Direktor Géry Meyers und die beigeordneten Direktorinnen Isabelle Schlesser und Gaby Wagner. Sie haben zu Monatsbeginn ihren Dienst bei der von Administration de l’emploi in Agence pour le développement de l’emploi unbenannten Adem begonnen. Der ehemalige Flügeladjutant am großherzoglichen Hof und ausgebildete Offizier Meyers, in den vergangenen Monaten für die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber zuständig, gab den Ton vor. Als „jung, dynamisch, pluridisziplinär“ verstehe sich das neue Team, die Adem solle zum öffentlichen Dienstleister umgebaut werden. „Qualität, Leistung, Effizienz, Verfügbarkeit und Reaktivität“, gab er ein paar Schlagwörter aus dem Management-Handbuch hinzu. Die neue Mannschaft sei derzeit im Beobachtungs- und Zuhörmodus, um die Adem-Abläufe zu verstehen, bis sie über weitere Phasen in die letzte, die Entscheidungsphase übergehen werde.
Beobachtung – weshalb? Entscheidungen – welche? Denn diese neue Adem-Leitung ist die zweite, die Schmit binnen zwei Jahren vorstellt. Anfang Juli 2010 hatte er der mittlerweile abgesetzten Direktorin Mariette Scholtus ein dreiköpfiges Kollegium zur Seite gestellt, um die Reform der ineffizienten Verwaltung durchzuführen. Eine Reform, die auf Basis einer großen, intern angekurbelten, von Mitarbeitern in Arbeitsgruppen durchgeführten Analyse beruhte. Diese Vorarbeit erlaubte Meyers, Schlesser und Wagner vergangenen Freitag Projekte wie das Call-Center oder die neue Matching-Software für Stellenangebote und -anfragen anzukündigen. Dass es eine andere, externe Führungsmannschaft braucht, um Reformen dieser Art mit dem nötigen Schwung und Elan durchzuführen, wie Schmit argumentiert, würden wahrscheinlich viele Unternehmensberater unterschreiben. Vor allem gibt die Aktion Schmit die Möglichkeit, sich als Macher zu präsentieren, der handelt – obwohl niemand weiß, wie bei der aktuellen Konjunktur die Arbeitslosenrate sinken soll.
So verfahren, wie die Situation in der Adem mit ihrer öffentlich vorgeführten Direktorin gewesen sein mag: wer, wie im Juli geschehen, das Radio vor dem Personal informiert, schafft Aufruhr, nicht Stabilität. Damit hat Schmit die Chancen auf einen guten Einstand der neuen Leitung gemindert. Die Umstände ihres Einzugs steigern ihre Glaubwürdigkeit nicht. Weder bei den Mitarbeitern, noch nach außen. Nach außen war es kein Zeugnis besonderer Dynamik, als Direktionsmitlied Wagner mit auswendig gelerntem Redetext erklärte, man müsse Arbeitslose durch Training fürs Jobinterview fit machen. Die Mitarbeiter bemühen sich seit Jahren um die Umsetzung der Reform. Ihre Motivation wird kaum angekurbelt werden, wenn sie nach externen und internen Audits zum wiederholten Mal neuen Leuten erklären sollen, was sie machen, wie sie es machen und wie es besser gemacht werden könnte. Denn im Alltag haben die Berater durch die steigenden Arbeitslosenzahlen immer noch deutlich zu viele Jobsuchende zu betreuen: 400 statt der von der OECD geforderten 100 pro Vermittler. Das, nicht die Direktionspersonalien, ist wohl das eigentliche Problem der Adem.
Bleibt die Frage, was Schmit sagen will, wenn er unterstreicht, auch der Leiter der deutschen Bundesagentur für Arbeit sei ein Militär. Wohl kaum, dass die rückläufige deutsche Arbeitslosenquote auf den Offiziersgrad von Frank-Jürgen Weise zurückzuführen ist, statt auf das Konjunkturhoch? Dass man also der Arbeitslosigkeit den Krieg ankündigt? Oder man einen neuen, militärischeren Umgang mit den Arbeitslosen einführen will? In jedem Fall riskiert Schmits kuriose Personalpolitik, negative Nebenwirkungen zu haben. Nicht nur, weil sie den Reformprozess innerhalb der Adem eher zu verlangsamen als zu beschleunigen droht. Auch wegen des Abschreckungseffekts. Wieso sollten Beamte in anderen Verwaltungen mit Reformbedarf mutig, aus Eigeninitiative Verbesserungen ankurbeln, wenn die Erfahrung nun lehrt, dass man dafür vom Minister nicht unterstützt, sondern abgesägt wird?

Michèle Sinner
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