LEITARTIKEL

Wo wir hinwollen

d'Lëtzebuerger Land du 29.01.2021

Kommenden Dienstag trifft sich der parlamentarische Medienausschuss, um ein weiteres Mal über den Gesetzentwurf der Regierung zur Reform der staatlichen Pressehilfe zu beraten. Eigentlich sollte sie schon am 1. Januar in Kraft treten. Die gesamte Pressebranche wartet einerseits darauf, dass das schnell geschieht, andererseits ist sehr zu hoffen, dass die Abgeordneten im Ausschuss an den Entwurf von Medienminister Xavier Bettel (DP) Hand anlegen. Das wäre auch sehr im Sinne von Wochenzeitungen wie d’Lëtzebuerger Land.

Die große Richtung der Reform bestreitet niemand: Statt die Pressehilfe von der Menge bedruckten Papiers und der Zahl der gedruckten Zeilen abhängig zu machen, soll „Qualitätsjournalismus“ gefördert werden. Zusammensetzen soll die Beihilfe vom Staat sich künftig aus einem Betrag pro journalistischer Vollzeitsarbeitskraft, zum anderen soll jeder Zeitungsverlag für ein Presseprodukt eine Pauschale von jährlich 200 000 Euro erhalten. Sie wird „Innovationsbeihilfe“ genannt.

Von der Association luxembourgeoise des médias d’information über die Journalist/innengewerkschaft ALJP bis hin zum Presserat haben drei Berufsgremien den Entwurf als unzureichend kritisiert. Vor allem, weil der Betrag pro Journalist/in nur knapp dem qualifizierten Mindestlohn entspricht. Aus Sicht von d’Land lässt sich hinzufügen: Falls der Entwurf, wie er ist, Gesetz wird, hätten Wochenzeitungen besonders wenig zu gewinnen.

Denn dass die Beihilfe pro Journalist/in niedrig angelegt ist, ist das eine. Hinzu kommt, dass der Text großen Medienhäusern, die mehrere Produkte anbieten, Querfinanzierungen erlaubt. Hinzu kommt ebenfalls, dass die Pauschalzuwendung für alle Verlagshäuser dieselbe sein soll und kein Unterschied gemacht würde zwischen Print- und Online-Medien. Letztere aber haben keine Druck- und keine Papierkosten zu tragen. So dass der Gesetzentwurf in seiner Tendenz ein Geschäftsmodell besonders anstrebenswert aussehen lässt: Online-Journalismus, und dies bei möglichst geringen Lohnkosten.

In einem Gesetz Geschäftsmodelle verschieden attraktiv aussehen zu lassen, sollte sich eigentlich von vornherein verbieten; zumal für eine liberale Regierung. Verbieten sollte es sich für eine liberale Regierung obendrein politisch, auch nur den Anschein zu erwecken, als gehe es ihr in Wirklichkeit um das Gegenteil der Förderung von Pressevielfalt und journalistischer Qualität.

In Frage kommen dürfte die Betonung des einen gegenüber einem anderen Geschäftsmodell nicht einmal dann, falls es zuträfe, dass die Lesegewohnheiten so stark Richtung Online tendieren, wie es manchmal behauptet wird. d’Lëtzebuerger Land teilt diese Einschätzung nicht. Auch d’Land kann, wer das möchte, auf mobilen Geräten lesen. Und wir denken darüber nach, wie sich unser Online-Angebot sinnvoll ausbauen lässt. Doch das soll nur eine Ergänzung zu unserer Zeitung sein.

d’Lëtzebuerger Land ist und bleibt in erster Linie ein Print-Produkt. Als wir im Juni 2012 zum Broadsheet-Format übergingen, geschah das auch mit dem Vorsatz, zu beweisen, dass im aufkommenden Online-Journalismus eine klassische Zeitung nicht nur weiterzubestehen vermag, sondern sich entwickeln kann. Wir gaben unseren Leser/innen und uns selbst das Versprechen, eine intelligente und elegante Wochenzeitung zu produzieren, die sich als aufklärerisch versteht. Das sind Grundüberzeugungen, an denen wir festhalten.

Wir werden an diesen Überzeugungen auch dann festhalten, falls die Pressehilfe-Reform am Ende Wochenzeitungen wie uns nur so gut stellt, wie sich das aus dem Gesetzentwurf in seiner aktuellen Fassung ableiten lässt. Am 1. Januar 2024 wird d’Lëtzebuerger Land Siebzig. Wir möchten auch dann noch jene Zeitung herausgeben, der unsere Leser/innen und Abonnent/innen auf eine Art und Weise die Treue halten, die ganz bemerkenswert ist und für die wir danken.

Peter Feist
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