Plötzlich, wir hatten eben noch im Sommer-Koma vor uns hingedämmert, platzten sie in unsere gute Stube. Nicht dass wir sie eingeladen hätten. Von überall aus dem All schallten uns ihre Namen entgegen, neue Marken vielleicht. Als die Äpfelchen reiften und die Kastanien ins Gras plumpsten, rieben wir uns die Augen. Wer sind denn die eigentlich, oder das? Kennt jemand die, oder das? Ist das jetzt ernst? Und wann, Entschuldigung, gehen die eigentlich wieder? All das ist blutig aus dem Sommerloch gekrochen, okay, und das war bekanntlich sehr schwarz dieses Jahr. Aber jetzt reicht es, wir müssen Hausaufgaben machen und ins Büro, es nieselt, wir suchen einen Parkplatz. Aliens, die ihr in unbequemen Verpackungen herumtappt, trottet bitte wieder in den altmodischen Katastrophenfilm zurück, aus dem ihr entlaufen seid. Oder wenigstens nach Afrika. Wir schauen uns lieber mit der ganzen Familie einen Weihnachtsmannfilm an.
Sind sie ein mythisches Pärchen, heiraten sie, in Hollywood oder im Hades? Ist es ein Zwillingspärchen, Kinder von Hollywoodschauspielern vielleicht, die ihren Nachwuchs Mud und Blood oder Skylla und Charybdis heißen?
Isis. Der Name der mächtigsten aller Göttinnen, sie gebietet über nichts Geringeres als Geburt und Tod und Wiedergeburt, also über alles. Ebola. Der Name eines Flusses, bisher nicht weltbekannt, jetzt aber in aller Munde. Ein Fluss aus Speichel, Sperma, Scheiße, Blut und Schweiß. Ein grenzenloser, globaler Fluss, der sogar fliegen kann. Das Blut gefriert in den Adern, wenn der Fluss angerauscht kommt, versehen mit einem blumigblutigen Namen wie die Seuchen aus der guten alten Zeit.
Isis und Ebola, seid ihr ein Räuberpärchen, eines aus einem schauerlichen Märchen? Einem Märchen, das erfunden wurde, um uns so richtig Angst einzujagen? So wie Tschernobyl. Etwas, das sich in unsere DNA einbrennt, etwas, das unsere Zeitrechnung beeinflussen wird: „Jahr zehn nach Isis und Ebola“.
Etwas, das wir zumindest jetzt für einen Quantensprung des Schreckens halten. Vielleicht gähnen wir in ein paar Jahren, wir sind ja längst geimpft gegen Gott und die Welt. Isis wurde mit Antibiotika bombardiert. Bis sich etwas Neues regen wird, etwas noch viel Resistenteres. Ein noch blutrünstigerer Gott.
Überall sehen wir Sensenmänner. Isis und Ebola schauen uns an, von den Schirmen, auf die wir kaninchenhaft gebannt starren. Auf die Schlange, die uns köpfen wird, werweißwerweiß, oder die Schlange, die uns anspucken wird, werweißwerweiß. Ein Gotteskrieger kauft Zahnpasta, er steht vor mir, im Einkaufszentrum an der Kasse. Er hat einen Bart oder auch nicht, vielleicht ist er ein Mädchen. Isis und Ebola steigen ins Flugzeug, sie fahren Aufzug, sie betreten einen Wartesaal. Sie bleiben nämlich leider nicht dort, wo sie hin gehören. Dort, wo es wüst und leer ist, oder giftgrün, voller Schlingpflanzen und Verschlingen.
Die Hauptdarsteller haben kein Gesicht, sie zeigen sich nicht, wir kriegen sie nicht. Wir kriegen nur Kostümierte zu Gesicht, aus einem stümperhaften Film, der ist endlos, er wiederholt sich, nicht sehr einfallsreich. Er ist blutig und gruselig und dennoch unbeschreiblich öd. Typen, die immer die gleichen Sprüche murmeln, nehmen den Mund voll Gott. Dann hacken sie Häupter, um sie triumphierend in die Kamera zu halten. Sie wollen es uns zeigen, das ist klar.
Journalisten stehen im Sand und deuten auf Rauch, wie lange dauert das noch? Spielzeugpanzer träumen, werden sie, werden sie nicht, was wettet ihr?
Zwischendurch schauen wir Schutzanzügen zu, hinter denen uns Augen anschauen. Das Wort Held, das uns zunehmend auf die Nerven geht, von dem es in unserer Schulzeit hieß, es sei abgeschafft, wir bräuchten es nicht mehr, es sei Schuld an vielem, das Wort Held, das mittlerweile überall inflationär herumspukt, drängt sich plötzlich auf.
Herz der Finsternis. Obama redet von Isis, Isis wahrscheinlich von Obama. Bald schalten wir die Weihnachtsbeleuchtung ein, vielleicht hilft es.