Berufsinvalidität

In der Warteschleife

d'Lëtzebuerger Land du 29.05.2008

Bilanz zieht die Generalinspektion der Sozialversicherung über die berufliche Wiedereingliederung nicht für invalid erklärter Arbeitsunfähiger, die gestern den parlamentarischen Ausschüssen für Soziales und für Beschäftigung vorgelegt wurde. Vor einer Gesetzesänderung im Jahr 2002 wurden Invalidenrenten zuerkannt, wenn die betreffende Person für dauerhaft arbeitsunfähig an ihrem letzten Arbeitsplatz befunden wurde. Seit der Reform muss dauerhafte Beschäftigungsunfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt schlechthin attestiert sein. Andernfalls soll je nach Schwere der Einschränkung eine interne Umsetzung im bisherigen Betrieb erfolgen oder eine externe Vermittlung durch die Adem.

Probleme insbesondere bei der externen Vermittlung gibt es aber schon seit Jahren. Von zuletzt 9 500 eingeschriebenen Arbeitslosen warten 1 546 auf eine externe Vermittlung. Die aber wird schon dadurch erschwert, dass 60 Prozent der Betroffenen nur den Grundschulabschluss besitzen, und so sind ebenfalls 60 Prozent von ihnen mittlerweile langzeitarbeitslos. 

Damit nicht weiterhin viele hundert abschlägig beschiedene Antrag-steller auf Invalidität in der Warteschleife der Adem vergeblich auf eine Stellenzuweisung warten, sollte künftig stärker betriebsintern reklassiert werden, meint Sozialminister Mars Di Bartolomeo. Da dem normalerweise der Grad der Einschränkung der betreffenden Person beziehungsweise die Möglichkeiten des Betriebs entge-genstehen, sei zu untersuchen, ob der Betreffende zum Beispiel mehr Betreuung am Arbeitsplatz erhalten könnte. Ginge es nach dem Minister, würde die interne Umsetzung „zur Regel“. 

Vorstellen kann er sich andererseits, dass der medizinische Kontrolldienst der Sozialversicherung, der das letzte Wort bei der Zuerkennung einer Invalidenrente hat, dafür noch „andere Kriterien“ als lediglich medizinische berücksichtigt: fortgeschrittenes Alter, verbunden mit geringer Qualifikation und eingeschränkten Sprachkenntnissen etwa. Und auf jeden Fall will Di Bartolomeo die Ent­scheidungsprozedur straffen.

Wie viel von seinen Überlegungen der Sozialminister gemeinsam mit dem Arbeitsminister vielleicht noch vor den Wahlen in einer Reformentwurf wird unterbringen können, bleibt abzuwarten. Die langzeitarbeitslosen Nicht-Invaliden sind unter anderem auch deshalb so zahlreich, weil interne Umsetzung von den Betrieben oft als nicht möglich abgelehnt wird. Ebenfalls als schwierig könnte sich die Einführung „anderer“ Entscheidungskriterien erweisen: Nicht selten wird um Invalidenrenten vor den Schiedsinstanzen der Sozialversicherung gestritten, und da geht medizinische Evidenz möglicherweise vor Erwägungen zu einer Employability. Die Frage wird auch sein, welche Rolle in diesem Zusammenhang die verschiedenen Beschäftigungsinitiativen spielen sollen, die Arbeits-minister François Biltgen in „definitive Strukturen“ umwandeln will, die „vom Arbeitsmarkt sehr weit Entfernte“ aufnehmen sollen.  

Peter Feist
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