Staatsoberhaupt

Der Hofstaat soll sparen

d'Lëtzebuerger Land vom 29.07.2010

Wie „die anderen Verwaltungen und Ministerien“ werde sich der großherzogliche Hof „in einem soliden Maß“ von „rund zehn Prozent“ an der Senkung der laufenden Betriebskosten beteiligen, kündigte Premierminister Jean-Claude Juncker am 17. Juli im Radio 100,7 an. In einer knappen Antwort auf einen Brief der Jungsozialisten bestätigte danach auch der Hofmarschall, dass man am Hof gewillt sei zu sparen.

Allerdings werfen die Sparpläne gleich die Frage auf, wie hoch die laufenden Betriebskosten bei Hof sind. Denn es gehört zum Wesen einer Monarchie, dass sie das Private und das Öffentliche nicht klar trennt, welche beide aus der Staatskasse über die Zivilliste finanziert werden. In der Verfassung geht die Rede von der „Maison Souveraine“, aber es ist nirgends definiert, wo dabei die Grenze zwischen dem Amt des Staatsoberhaupts und dem Privathaushalt der großherzoglichen Familie verläuft und wo die Verwaltung der Privatgüter des Großherzogs beginnt, die auch das Personal des Hofstaats unter Vertrag hat. Der Unterschied zwischen dem Gehalt des Staatsoberhaupts, seinen Aufwands­entschädigungen sowie den Personalkosten und den laufenden Betriebskosten des Hofstaats ist nicht genau auszumachen. Der Rechnungshof überprüfte noch nie die Verwendung der staatlichen Kredite durch das Staatsoberhaupt, dessen Institution auch die einzige ist, die keine jährlichen Rechenschaftsberichte vorlegt.

Dabei sorgte die Höhe der Zivil­liste – wie auch der Verkauf des damals staatlichen Grünewalds an den Großherzog – schon in der Revolution von 1848 für Empörung. Pro Einwohner war die Zivilliste weit höher als beispielsweise in den Niederlanden oder in Frankreich. Deshalb war die Zivilliste durch die demokratische Verfassung von 1848 von 150 000 Gulden oder 317 400 Franken auf 100 000 Franken im Jahr gesenkt worden. Nach dem Putsch des Großherzogs 1856 war sie dann 1858 durch ein Sondergesetz auf 200 000 Franken verdoppelt worden. Dieser Betrag wurde auch in der wieder liberaleren Verfassung von 1868 beibehalten. Nach der Krise der Monarchie am Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Zivilliste 1919 auf 300 000 Goldfranken erhöht. Dieser Betrag blieb bis heute unverändert. Bei der Verfassungsrevision von 1948 wurde allerdings ein zusätzlicher Kredit für Repräsenta­tionskosten geschaffen, der sich derzeit auf 633 556 Euro beläuft. Dabei stellt in fast allen Monarchien die Zivilliste die Mittel dar, die eine Nation ihrem Monarchen zur Verfügung stellt, um seine Funktion in moralischer und materieller Unabhängigkeit zu erfüllen, und deckt im Grunde die Aufwandsentschädigungen, wie auch die Personalkosten des Hofstaats und die laufenden Betriebskosten ab.

Um den jährlichen Kredit für die Zivilliste im Staatshaushalt festzulegen, wird ein Goldfranken mit 20 Franken gleichgestellt und mit dem aktuellen Indexstand multipliziert. Deshalb macht der in Quartalsvierteln ausgezahlte Betrag der Zivilliste gar nicht die in der Verfassung vorgeschriebenen 300 000 Goldfranken aus, sondern derzeit 1 057 618 Euro, was 2 133 210 Goldfranken entspricht. Denn die Zivilliste wird auf einer etwas zweifelhaften rechtlichen Grundlage regelmäßig an den Index angepasst. Wobei offen ist, ob die CSV mit ihrem „gedeckelten“ oder „sozia­len“ Index künftig die Zivilliste des Großherzogs nur bis zur Höhe des doppelten Mindestlohns an die Geldentwertung anpassen will.

Eher willkürlich scheinen auch andere Zuschüsse, die nicht in der Verfassung vorgesehen sind, aber im Staatshaushalt auftauchen und oft wieder verschwinden. So sieht das Budget für das laufende Jahr neben der Zivilliste und Aufwandsentschädigungen für das Staatsoberhaupt Personalkosten des Hofstaats von 4 601 864 Euro und Beamtengehälter von 156 501 Euro vor, da nur ein Teil der Personalkosten über die Zivilliste beglichen wird. Andere Beschäftigte des großherzoglichen Hofs sind von der Armee und aus staatlichen Verwaltungen abkommandiert, werden aber weiterhin von diesen bezahlt. 2003 wurde ein Kredit von einer halben Million und derzeit 768 800 Euro für die laufenden Betriebskosten eingeführt, die ursprünglich ebenfalls unter die Zivilliste fielen. Gleichzeitig war der Budgetkredit von 314 411 Euro für den Unterhalt der Gebäude offiziell abgeschafft worden; seither bezahlt die Bautenverwaltung diskret über ihren Renovierungsfonds und den Fonds de dotation mobilier den Unterhalt der großherzoglichen Schlösser. Daneben sieht der Staatshaushalt Aufwandsentschädigungen von 224 851 Euro und die Erstattung von Personalkosten von 1 313 448 Euro für Altgroßherzog Jean vor. Vorübergehend gewährte der Staat auch dem Erbgroßherzog beziehungsweise Leutnant-Statthalter eine Aufwandsentschädigung.

So macht die Zivilliste nicht einmal mehr zehn Prozent der Gesamtmittel aus, die der großherzogliche Hof aus der Staatskasse erhält. Da die Zivilliste nur durch eine Verfassungsrevision gesenkt werden kann und die Personalkosten von den Sparmaßnahmen ausgeschlossen bleiben sollen, ist es möglich, dass die Regierung lediglich den Kreditposten für die laufenden Betriebskosten von 768 800 Euro um zehn Prozent oder 76 800 Euro kürzen will – was nicht einmal einem Prozent der Gesamtzuwendungen an den Hof ausmachen würde. Aber nachdem der Großherzog vor vier Jahren versucht hatte, den Grünewald und die Familienjuwelen zu verkaufen, dürften die Sparappelle noch eine andere Folge haben: Sie entmystifizieren die Monarchie ein weiteres Stück und lassen das Staatsoberhaupt als ein Beamter wie alle anderen erscheinen.

Romain Hilgert
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