Scheich Hassan Nasrallah, Chef der libanesisch-schiitischen Partei Gottes, der Hisbollah, lebt gefährlich. „Nasrallah ist das Ziel im nächsten Krieg“, kündigte Israels Armeesprecher Ronen Manelis Anfang der Woche an und schloss sich damit der kurz zuvor aus Riad verlautenden Drohung an, man wolle dem Hisbollah-Führer „eine Lektion erteilen, die er nicht vergessen wird“. Dass israelische und saudische Soldaten Seite an Seite in den Krieg ziehen, mag noch illusorisch erscheinen, trotzdem kommen sich der jüdische und der als moderat geltende sunnitische Staat näher. Nicht nur Nasrallah ist Grund für die neue Freundschaft, sondern allen voran sein Förderer Iran.
Das Gerücht, der saudische Kronprinz Mohammad bin Salman habe Mitte September Israel besucht, um sich mit Regierungschef Benjamin Netanjahu zu beraten, wollte die Führung in Riad nicht bestätigen. „Es gibt keine Verbindungen zwischen Saudi-Arabien und Israel“, stritt Außenminister Adel al-Jubeir gegenüber Reportern entschieden ab, während aus Jerusalem verlautete, dass man auf unterschiedlichen Ebenen mit arabischen Staaten kooperiere. „Gewöhnlicherweise sind wir die Partei, die sich nicht dafür schämt“, erklärte Juval Steinitz, israelischer Minister für Nationale Infrastruktur. Es sei „die andere Seite, die daran interessiert ist, die Kontakte im Verborgenen zu halten“.
Indikator dafür, dass sich die anti-israelische Haltung beruhigt, ist ein Interview mit dem israelischen Generalstabschef Gadi Eisenkot, das das private Onlineportal Elaph Mitte November mit ihm wagte. Israel sei bereit, mit Saudia-Aabien sogar nachrichtendienstliches Material zu teilen, erklärte Eisenkot gegenüber Reportern, denn beide Staaten verfolgten gemeinsame Interessen, wenn es darum geht, Teheran die Stirn zu bieten. Obschon Israel und Iran keine gemeinsame Grenze haben, nie direkt einen Krieg gegeneinander führten und damit auch keine ungeklärten Gebietsansprüche vorliegen, gilt Iran als Israels Staatsfeind Nummer eins. Die Regierung in Teheran lässt die Arbeit an den Fronten andere für sich erledigen. Über Jahre finanzierte sie die Hamas im Gazastreifen, bis es zu Beginn des Bürgerkriegs in Syrien zum Bruch mit den islamistischen Palästinensern kam. Unverändert aus dem Iran gefördert wird die Hisbollah mit Geld, moderner Rüstung und Ausbildung für die Kämpfer. Eine weitere Front mit Israel streben die Iraner nun in Syrien an, wo sie langfristig die Truppen stationieren wollen, die Präsident Baschar Assad im Krieg gegen die Rebellen zur Seite standen.
Riads Rivalitäten mit dem Iran sind sowohl von religiöser als auch von strategischer Natur. Die beiden Staaten streiten um regionale Vormacht und sie befinden sich im Rüstungswettlauf. Die größte Sorge in Riad dürfte einer nuklearen Aufrüstung Teherans gelten. In diesem Punkt gesellt sich ein Dritter zum Bunde. US-Präsident Donald Trump gehört zu den schärfsten Kritikern des internationalen Nuklear-abkommens mit dem Iran. Dazu kommt, dass sich Trump zwar wenig für die langfristigen Truppenarrangements in Syrien zu interessieren scheint, wo er den Russen das Feld überlässt. Saudi-Arabien ist hingegen nicht nur für den Geschäftsmann Trump, der immer ein Auge auf die Ölquellen hält, wichtig, sondern auch für seinen Plan, Frieden zwischen Israel und den Palästinensern zu stiften.
Die sich verschiebenden Fronten im Nahen Osten könnten sich diesmal positiv auch für die Palästinenser auswirken. Ein Bündnis zwischen Riad und Jerusalem wird auf lange Sicht nur funktionieren, wenn sich auch Israel und die Palästinenser einig werden. Oder umgekehrt formuliert: Nichts könnte die Allianz schneller scheitern lassen, als neue Gewalt im Westjordanland oder im Gazastreifen. In den kommenden Wochen will Trump seinen Friedensplan kundtun. So weit durchsickerte, stützt sich der US-Präsident weitgehend auf die Arabische Initiative, die zum ersten Mal im Jahr 2002 von den Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga abgesegnet wurde und fünf Jahre später nochmal.
Es geht um ein Friedenspaket zwischen Israel und den arabischen Staaten im Gegenzug für das Ende der Besatzung und die Gründung des Palästinenserstaates mit der Hauptstadt Ostjerusalem. Wobei dies wegen der bevorstehenden Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels in Frage steht. „Die Arabische Friedensinitiative bleibt für uns einziger Weg zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Staaten“, hielt Außenminister al-Jubeir jüngst fest. Trump achtete bei seinem Friedensengagement darauf, die moderaten sunnitischen Staaten in der Region eng einzubeziehen und schickte den US-Sondergesandte Jason Greenblatt wiederholt nach Amman und Riad. Ausgerechnet unter Netanjahu, kommentierte Ofri Ilany in der Haaretz, ist Israel „besser in den Nahen Osten integriert, wo Saudi-Arabien die dominante Macht ist,“ als je zuvor.