Leitartikel

Weil gebaut werden muss

d'Lëtzebuerger Land vom 10.02.2017

Am Mittwoch wurde in der Abgeordnetenkammer „die bürokratische Belastung der Bürger“ verkleinert. Meinte der LSAP-Abgeordnete Yves Cruchten, der Berichterstatter zum „Omnibus-Gesetz“, ehe es mit den Stimmen von Koalition und CSV angenommen wurde. Unrecht hat er nicht. Der komplexe legislative Wurf, der elf Gesetze abgeändert und zwei außer Kraft gesetzt hat, verkürzt Verwaltungsprozesse sowohl für die Bürger als auch für Unternehmen, vor allem für solche, die bauen wollen. Aber nur wer generell der Meinung ist, dass Bürokratie nerve, kann gut finden, was unter der Federführung von LSAP-Innenminister Dan Kersch mit dem Kommunalplanungsgesetz geschah, auf welches das Omnibus-Gesetz sich vor allem bezieht.

Gemeinden, die ihren Flächennutzungsplan (PAG) noch nicht erneuert haben, und das sind die meisten im Land, müssen künftig keine ausführliche „Vorabstudie“ mehr aufstellen. Bisher musste der Ist-Entwicklungszustand der Gemeinde anhand urbanistischer, sozio-ökonomischer und ökologischer Parametern erhoben werden. Eine Entwicklungsstrategie musste sich anschließen und erste Vorschläge zur Umsetzung der Strategie gemacht werden. Wenn es einen Weg gab, den Bürgern zu verdeutlichen, was die von ihnen gewählten kommunalen Mandatäre sich denken, wenn sie die Zukunft der Gemeinde planen, dann war es dieser. Er erlaubte auch, die Bürger einzubinden. Das Omnibus-Gesetz aber schafft nicht nur die Parameter ab, mit denen der Ist-Zustand erhoben wird, sodass ein Schöffenrat „messen“ kann, was er will. Eine Strategie mit Umsetzungsvorschlägen ist nun ebenfalls nicht mehr nötig, und statt eines „Rapport de présentation“ muss der Schöffenrat über PAG und Vorabstudie künftig nur noch mit einer „Fiche de présentation“ informieren.

Natürlich war es der Regierung politisch wichtig, in Sachen Verwaltungsevereinfachung „zu liefern“: Dem Unternehmerdachverband UEL war das Omnibus-Gesetz schon von der vorigen Regierung versprochen worden, Premier Juncker hatte es eine Weile zur Chefsache gemacht. Weil er viel Zeit verlor und der Bruch der CSV-LSAP-Koalition dem Omnibus-Gesetz zuvorkam, bot sich der LSAP die Gelegenheit, der CSV zu zeigen, wie Verwaltungsvereinfachung geht. Dabei stand sie unter Druck der Unternehmerverbände, denen das Omnibus-Gesetz nicht weit genug reicht.

Es wurden aber nicht nur Prozeduren „entschlackt“, wie man vielleicht meinen könnte, falls man dem Innenminister und seinem Parteikollegen Berichterstatter zustimmt, die mit dem Argument hausieren gingen, die Vorabstudien zu den PAG seien zu umfangreich, zu teuer und die Bürger verstünden sie eh nicht. Denn: Das Omnibus-Gesetz erleichtert auch die Prozedur zu Teilbebauungsplänen (PAP). Die sind Sache des Schöffenrates. Der Gemeinderat stimmt über sie nicht ab und Bürgereinwände gegen einen PAP muss der Schöffenrat nicht berücksichtigen. Im Innenministerium werden PAP durch eine „Cellule d’évaluation“ geprüft. Das Omnibus-Gesetz senkt die Mindest-Mitgliederzahl der „Cellule“ von drei auf zwei und die Frist zur Bearbeitung eines PAP von drei auf einen Monat.

Kommunale Planungsvorgänge werden für den Bürger nun intransparenter. Begünstigt werden Kirchturmpolitik und informelle Deals von Schöffenräten mit Bau-Promotoren. Sogar an die strategischen Vorgaben der Landesplanung muss eine Gemeinde sich nicht mehr halten: Der Leitplan zur Landesplanung, ein Strategiedokument, das das Nachhaltigkeitsministerium derzeit neu schreibt, um „geordnetes Wachstum“ zu ermöglichen, ist kein Kriterium mehr für einen PAG. Hätte der Autor des Satirevideos Luxembourg Second das gewusst, hätte er Donald Trump davon erzählen können, wieviel Spaß es demnächst machen wird, in Luxemburg zu bauen.

Peter Feist
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