Kommunisten

Wahlziel Rückkehr ins Parlament

d'Lëtzebuerger Land vom 09.08.2013

Die Kommunistische Partei Luxemburgs ist eine der ältesten Parteien des Landes, sie feierte vor zwei Jahren ihren 90. Geburtstag. Zu ihren besten Zeiten, 1945 oder 1968, erhielt sie im industriellen Südbezirk über 20 Prozent der Stimmen, doch seit nunmehr zehn Jahren ist sie nicht mehr im Parlament vertreten. Denn mit dem Ende des Bergbaus und dem Rückgang der Stahlindustrie begann ihr Einfluss rapide abzunehmen und der Durchmarsch des Neoliberalismus und das Ende des Kalten Kriegs ließen ihn weiter sinken.

Bei den Gemeindewahlen vor zwei Jahren erlebte die öfters totgesagte Partei erstmals seit langem wieder einen Erfolg: Kommunisten schafften in Differdingen, Esch-Alzette und Rümelingen die Rückkehr in Gemeinderäte, vielleicht auch als Antwort auf die Finanz- und Wirtschaftskrise und die nicht immer als sozial empfundene Politik der LSAP.

Wahlziel im Oktober ist es, im Südbezirk wieder ein Abgeordnetenmandat zu erlangen, so Spitzenkandidat und Parteivorsitzender Aly Ruckert gegenüber dem Land. Auch wenn es „kompliziert“ werde, da während der letzten Zeit keine sozialen Kämpfe in der Luxemburger Gesellschaft stattgefunden hätten. Denn die Gewerkschaften hätten 2006 den Sozialabbau der Regierung mitgetragen. Erst unter dem Druck ihrer Mitglieder seien sie dann „ein bisschen auf Distanz gegangen“, ohne jedoch die Konfrontation mit der Regierung zu wagen. Die KPL habe aber schon damals gewarnt, dass die erste Indexmanipulation nur der Anfang einer langen Serie werde und deshalb mit allen gewerkschaftlichen Mitteln bis hin zum Generalstreik hätte bekämpft werden müssen. Doch die Gewerkschaften suchten noch immer ihre Rolle in der sich vertiefenden Krise. Sie müssten zur Einsicht gelangen, dass es ihre wichtigste Rolle sei, die sozialen Interessen ihrer Mitglieder zu verteidigen.

Die Wiedererlangung eines Parlamentsmandats würde der Partei zwar eine zusätzliche Tribüne verschaffen und ihre Arbeit erleichtern, so Ru­ckert, aber es gehe ihr sowieso vorrangig darum, zur Bewusstseinsentwicklung der Erwerbstätigen beizutragen. Die Aussichten stehen auch nicht zum Besten: Die im Juni vom Tageblatt veröffentlichte Wählerbefragung bescheinigte der KPL, „wenn am Sonntag Wahlen wären“, 2,2 Prozent der Stimmen im Südbezirk. Das ist nicht mehr als 2009 und nur die Hälfte der Stimmen, die für ein Mandat im Süden nötig sind. Stimmengewinne links von der LSAP gingen demnach einseitig auf das Konto von déi Lénk.

Nachdem die kommunistische Kandidatenliste im Südbezirk vor einer Woche veröffentlicht wurde, soll die Partei am nächsten Montag auch vollständige Listen für die anderen Wahlbezirke verabschieden. Anfang September soll dann das Wahlprogramm fertig sein, das einen seiner Schwerpunkte auf die Vergesellschaftung strategischer Unternehmen unter Beteiligung der Belegschaft und der Öffentlichkeit legt. Damit knüpft die Partei nicht nur an ihre Politik in ihrer traditionellen Hochburg, der Schwerindustrie, an, sie will sich auch von der Konkurrenz links von der LSAP, von déi Lénk, unterscheiden.

Denn die KPL beansprucht noch immer, die einzige Partei hierzulande zu sein, die eine radikale gesellschaftliche Alternative zu einem System anbietet, das nicht mehr in der Lage sei, die grundlegenden Bedürfnisse der Erwerbstätigen zu befriedigen, den Jugendlichen eine Zukunftsaussicht und den Arbeitslosen eine Beschäftigung anzubieten. Den gleichen Anspruch von déi Lénk hält Aly Ruckert in einem leicht geringschätzigen Unterton für unglaubwürdig: Er habe nirgends von grundsätzlichen Alternativen der Lénk gehört oder gelesen. Für ihn erfüllt die Partei, die auf eine inzwischen 20 Jahre alte Abspaltung von der Kommunistischen Partei zurückgeht, „die Rolle der LSAP in den Siebzigerjahren“, sie stelle „Reformforderungen wie früher die LSAP“.

Laut der vom Parlament bei Politikwissenschaftlern der Universität in Walferdingen gekauften Wahlanalyse Les élections législatives et européennes de 2009 au Grand-Duché de Luxembourg gibt es deutliche Unterschiede zwischen den beiden verfeindeten Schwestern. Déi Lénk habe bei den vorigen Kammerwahlen eher eine gebildete Mittelschichtwählerschaft angesprochen und deshalb eher Wechselwählerstimmen von den Grünen als von der LSAP erhalten. Die KPL sei dagegen die Partei mit der ältesten Wählerschaft gewesen, so als sei sie ein Verein der einst in der Stahlkrise in den Vorruhestand verabschiedeten Stahlarbeiter geworden. Auch wenn das Durchschnittsalter ihrer Kandidaten im Südbezirk mit 46 Jahren dieses Jahr nicht besonders hoch ist.

Für Aly Ruckert hat die seit fünf Jahre anhaltende Krise nunmehr auch die Regierung getroffen und wurde durch die Bommeleeërten- und Geheimdienstaffären beschleunigt. So dass die LSAP, welche „alle sozialen Grausamkeiten der CSV mitgetragen hat, nun eine willkommene Hintertür ausgemacht hat, um sich auszuklinken“. An den Neuanfang, den Spitzenkandidat Etienne Schneider verspricht, will Ruckert ebenso wenig glauben wie déi Lénk: der neue Spitzenkandidat, den die LSAP sich gab, sei „nichts als ein Umstieg vom Fahrrad zum Rolls Royce“. Auch die Aussicht einer antiklerikalen Dreierkoalition von LSAP, DP und Grünen nennt Ruckert „keine Alternative, sondern eine Fata Morgana“. Mit dieser politischen Luftspiegelung wollen CSV und LSAP verhindern, dass im Wahlkampf über ihre Regierungsbilanz geredet wird. Zudem drohe eine solche Koalition den Sozialabbau noch zu verschärfen. Der KPL-Vorsitzende erinnert an die Stellungnahmen des LSAP-Spitzenkandidaten als Wirtschaftsminister, daran dass DP und Grüne die derzeitige Indexmanipulation gestimmt hätten und der „Rentenklau“ der DP noch nicht weit genug gegangen sei.

Romain Hilgert
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