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Here We Gooo. Immer und immer wieder

d'Lëtzebuerger Land du 27.11.2020

Es waren einmal japanische Hersteller, die der Welt einen italienischen Klempner vorstellten. Er sollte zwar nicht seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeiten nachgehen, sondern mit sehr wenigen und in gebrochenem Englisch formulierten Ausrufen der Rettung einer Prinzessin entgegenlaufen. Anfangs von links nach rechts, später dann im dreidimensionalen Raum. Goombas, Bowser und Konsorten waren seine Widersacher und eigentlich reichte es, auf deren Schädel zu springen und Pilze zu schlucken. Was auf dem Papier nach dem psychedelischen Trip eines Erstklässlers klingt, ist fester Teil des kulturellen Kanons des späten 20. Jahrhunderts. Dieser Klempner, Nintendos Mario wurde kürzlichst 35 Jahre alt.

Für den japanischen Videospielehersteller ist ein solches Jubiläum natürlich alles andere als ein reines Moment für romantisiertes Nach-Hinten-Schauen. Unser Held Mario hat zwar nie eine einzige Dienstleistung in Sachen Klempnerarbeit hinter sicher gebracht, wird von Nintendo jedoch für seine treuen Dienste immer wieder wie eine alte Milchkuh gemolken. Die Kapitalisierung des Nostalgiegefühls ist nichts Neues und auch Nintendo geht es nicht um Goldmünzen, deren 100 Mario ein Bonusleben spendieren. Mit den soeben gestarteten Generationenwechseln bei der Konkurrenz Sony und Microsoft – PlayStation5 und XBox Series X stehen in den Regalen – verballert Nintendo zuversichtlich eine neue, wenn auch recycelte Ladung Mario-Content.

Das auf den ersten Blick spektakulärste Geschenk heißt Mario Kart Live: Home Circuit und ist um Längen das teuerste. Diesen Rennklassiker schlechthin in der eigenen Stube spielen zu können ist die Idee. Nicht auf der Konsole, sondern tatsächlich mit kleinem Rennwagen, inklusive integrierter Kamera, kann Mensch eigene Strecken konzipieren. Augmented reality-Technik tut ihren Rest und füllt die Strecken mit virtuellen Gegnern und allem, was Mario Kart seit über zwanzig Jahren zum Partyspiel einer jeden Nintendo-Konsole macht. Der Rennwagen wird jedoch zum stolzen Preis von hundert Euro verkauft und wenn Multiplayer-Rennen angedacht werden, kommt hinzu, dass jedeR nicht nur einen über einen Controller verfügen muss, sondern über eine eigene Switch Konsole. Von wegen hundert Euro.

Wiederverwertung der alleredelsten Sorte ist Super Mario 3D All-Stars, welches die ersten drei 3D-Platformer zusammenbringt – Super Mario 64, Super Mario Sunshine und Super Mario Galaxy. Die Pionierarbeit, das schwarze Schaf und der Höhepunkt der Vita Marios. Mal davon abgesehen, dass an der Bildauflösung bei allen Titeln geschraubt wurde, bleiben die Spiele in ihrem Originalzustand. Wohl oder übel. In einer Spielelandschaft, in der es manchmal an tollen neuen Spielen seitens großer Hersteller mangelt, bewährten sich über die letzten Jahre sogenannte Remasters mehr oder weniger alter Klassiker. Mensch hätte sich dann doch wenigstens gefreut, wenn zum Beispiel die Kameraführung bei Super Mario 64 überarbeitet geworden wäre. Fast 25 Jahre nach Erscheinen nagt diese klobige Kamera am sehr nostalgischen Spielspaß, welches die Karten des Gaming in vielerlei Hinsicht neu gemischt hat. Super Mario Galaxy hingegen spielt und schaut sich so fantastisch aus, dass der Autor dieser Zeilen am liebsten hier ein Herz-Emoji beifügen würde.

Der kurzweiligste und gleichzeitig spannendste Titel des Geburtstagskuchens des hüpfenden Italieners ist Super Mario Bros. 35. Das Spielekonzept ist herzlich einfach. Denn Mensch spielt eigentlich eine Variation des 35 Jahre alten Super Mario Bros des NES-Systems. Nur spielt Mensch nun gegen 34 MitbestreiterInnen im Netz. Die Gegner, die Mensch in seinem Spiel ausschalten, flattern nach vier auswählbaren Mustern den anderen Spielern ins Spiel-Gesicht. Gewinnen tut wer am längsten durchhält, ohne ein Leben zu verlieren. Das mag auf den ersten Blick sehr chaotisch und nervenaufreibend wirken, ist in seiner konzeptuellen Einfachheit jedoch schwerlich zu überbieten. Super Mario Bros. 35 spielt sehr bewusst mit der Idee, dass jedeR den Original-Platformer in und auswendig kennt und unter Umständen auch mit verbundenen Augen spielen könnte. Wenn jedoch Goombas und Bowsers auftauchen, wo sie seit 35 Jahren eigentlich nicht aufgetaucht waren, schüttelt das den Gaming-Biorhythmus mächtig durcheinander. Außerdem muss Mensch Gegner eliminieren und Münzen sammeln, um sich die bekannten Powerups leisten zu können und die Stoppuhr im oberen Bereich zu halten. Das klassische Durchrennen und Überfliegen zahlen sich hier nicht aus.

Repetiton könnte ein Vorwurf sein, spielt Mensch sich anfänglich fast schon stachanowistisch dutzende Male durch „World 1-1“. Wer jedoch auch noch 20 Minuten später unter den letzten fünf von 35 spielt und durchhalten will, kann plötzlich einer schier absurden Gegnermasse entgegen stehen, bei der das Feuerblumen-Powerup alleine nicht ausreichen wird. Millimeterpräzision, Perfektion der Spiele-Mechanik und sehr viel Glück gehören sicherlich auch dazu.

Tom Dockal
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