Projekt Medical School

Expertenbefragung

d'Lëtzebuerger Land vom 25.07.2014

Wird Luxemburg ab 2017 seinen Ärztenachwuchs wenigstens zum Teil selber ausbilden? Im Herbst wird ein siebenköpfiges Expertenteam sondieren, wie tragfähig die Idee wäre, eine Medical school einzurichten, die nur mit einer begrenzten Professorenschaft auskäme, stattdessen die klinische Ausbildung der Medizinstudenten von erfahrenen Krankenhausärzten übernehmen ließe und mit den heimischen Spitälern durchführen würde.

Die Universität Luxemburg habe selber darauf gehalten, dass dieses Gutachten streng ausfällt. „Wir haben das OAQ in Bern damit beauftragt, die namhafteste europäische Akkreditierungseinrichtung für Medizinstudiengänge“, sagt Ludwig Neyses, Forschungsrektor der Uni. OAQ bestimme die sieben Experten, allesamt Koryphäen von internationalem Rang. Weil man selbstverständlich nichts akkreditieren kann, was noch nicht existiert, würden die Gutachter eine mehr als hundert Punkte umfassende Checkliste mitbringen. Anhand der Liste werde nicht nur das von der Uni aufgestellte Medical school-Konzept überprüft, sondern auch die Luxemburger Krankenhauslandschaft. Ob das bestehende System, das sich erst allmählich in Richtung Spezialisierung und Kompetenzbündelung bewegt und in dem noch immer der Konkurrenzgedanke verbreitet ist, tatsächlich genug „kritische Massen“ an Patienten bereitzustellen imstande wäre und den Studenten genug hochwertige Praktikumsplätze bieten könnte, ist nicht nur eine hochschul-, sondern auch eine gesundheitspolitische Frage. Und es ist kein Geheimnis, dass Hochschulminister Claude Meisch (DP) als langjähriges Verwaltungsratsmitglied des Centre hospitalier Emile Mayrisch weniger der Idee einer Medical school an der Uni gegenüber skeptisch eingestellt ist als gegenüber der Vorstellung, die Ausbildung wäre mit der aktuellen Klinikmedizin im Lande realisierba.

Doch als Meisch Mitte März auf einem großen Workshop nicht nur dem Comité de pilotage der Uni begegnete, das ein erstes Konzept für die Medizinerausbildung aufgestellt hat, sondern auch Krankenhausdirektoren und Vertretern des Ärzteverbands AMMD und des Krankenpflegerverbands Anil bekam er so viel Zuspruch und Optimismus für die Idee der Uni zu hören, dass er sichtlich beeindruckt war und das Go gab, sie weiter zu studieren. Neben dem akademischen Gutachten des Schweizer OAQ soll eine zweite Studie klären, welche sozio-ökonomischen Folgen die Medizinerausbildung hätte: welchen Beitrag zur Verbesserung der Mediziner-demografie man erwarten könnte, wie viel Forschernachwuchs sich für die junge Biotech-Branche gewinnen ließe und inwieweit uni.lu damit ihr Profil schärfen könnte. Bis März kommenden Jahres sollen beide Studien vorliegen, so dass die Regierung ab April eine Entscheidung treffen könnte.

Option Nummer zwei, keine Medical school einzurichten und stattdessen zu versuchen, Luxemburger Medizinstudenten durch zwischenstaatliche Verträge und Absprachen mit Universitäten Studienplätze im Ausland möglichst dauerhaft zu sichern, wird vom Hochschulministerium ebenfalls weiter verfolgt, weiß Neyses. „Das untersuchen wir aber nicht, dazu haben wir keinen Auftrag.“ Der Forschungsrektor, selber Medizinprofessor und mit Erfahrung in mehreren Universitätskliniken, geht aber weiterhin davon aus, dass das eine kostspielige Alternative wäre: „Diese Unis dürften sich die Dienstleistung für Luxemburg sehr wahrscheinlich bezahlen lassen, und am Ende käme längst nicht jeder frisch gebackene Arzt hierher zurück.“

Peter Feist
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