Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konkurrierten Postkutschen und Postautos miteinander. So war es auch in Bettborn, wo die Postkutsche nach mehreren Versuchen, ein Postauto einzuführen, schließlich 1920 endgültig abgelöst wurde. Jean Koob spielte dabei eine zentrale Rolle. Nachdem er 1917 ein Haus in Bettborn ersteigert hatte, wuchsen seine unternehmerischen Ambitionen: Er wollte in das motorisierte Transportgeschäft einsteigen und einen Postbus erwerben. Der autobegeisterte Bauernsohn arbeitete bis dahin auf dem elterlichen Hof und in deren Brennerei in Oberfeulen. Da es ihm jedoch nicht sofort möglich war, ein Postauto zu kaufen, nutzte er zunächst sein Privatauto und wandelte es in eine Art Linientaxi um. Die Strecke Platen–Everlingen–Useldingen bediente er zweimal täglich. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war dies nicht ungewöhnlich – viele Privatpersonen boten Taxifahrten an, um die Kosten für ihr Auto zu decken. Anfang 1920 konnte Koob schließlich einen Postbus nach Bettborn bringen. Er erwarb zunächst seinen Führerschein bei der Firma Benz in Mainz und importierte von dort die benötigten Busteile, die er in Diekirch zusammenbauen ließ.
Die erste Bummelfahrt bot Jean Koob bereits im August 1920 an: Er fuhr Lokaltouristen nach Esch/Sauer und kassierte dafür 150 Franken. Sein tägliches Brot verdiente er jedoch nicht mit diesen Ausflugsfahrten – die zweimal wöchentlich in alle Himmelsrichtungen starteten –, sondern mit den von ihm konzipierten Linienfahrten im Kanton Redingen. Diese Fahrten deckten gleichzeitig mehrere Bedürfnisse ab: Bauern konnten ihre Milchkannen für einen Franken pro Kanne in die Molkerei transportieren lassen, Postsäcke wurden an verschiedene Poststellen verteilt, und Einzelpersonen zahlten bis zu 1,35 Franken pro Fahrt. Ab 1923 bot Jean Koob zusätzlich mindestens einmal wöchentlich eine Fahrt nach Arlon an. Dieser Shoppingausflug ins benachbarte Ausland stieß jedoch auf den Unmut der Geschäftsleute aus Redingen; heute undenkbar, dass Kleinunternehmer durch ihren Protest viel bewirken können, war das damals anders –die Strecke wurde wieder eingestellt. In dem gleichen Zeitraum stellte das Transportministerium erste Sicherheitsanforderungen an alle „Kraftwagendienstleister“. Omnibusse seien mit einem Rückspiegel und einem Feuerlöscher auszustatten.
Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, besaß das Unternehmen Koob vier Busse. Doch schon bald wurden zwei davon von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Da Diesel nur noch schwer erhältlich war, rüstete „Kuebe Monn“, der Schwager von Jean Koob, einen der verbliebenen Busse mit einem Holzgas-Antrieb aus. Dadurch konnte die wöchentliche Fahrt in die Hauptstadt jeden Donnerstag weiterhin gewährleistet werden. Über einen angekoppelten Anhänger hatten Bauern die Möglichkeit, Kartoffeln, Schweinefleisch und andere Lebensmittel auf den städtischen Markt zu transportieren sowie eingekaufte Waren aus der Stadt mit zurückzubringen. Sein größter Konkurrent in der Region, Voyages Frisch aus Bauschleiden, bot ab 1932 ebenfalls Linienverbindungen in die Hauptstadt an.
In der Nachkriegszeit entwickelten sich weitere Unternehmen. Ab 1946 begann der Getreidehändler und Tankstellenbetreiber Jos Lentz aus Kerschen, seine Freunde zu den Fußballspielen von Jeunesse Esch und Progrès Nidderkuer zu fahren – er selbst war ein Anhänger beider Vereine. Hierfür baute er die Ladefläche seines Lasters um und montierte ein paar Bänke. Aus den Fan-Fahrten wurden bald Wochenendausflüge. So begann man in einer zwölfstündigen Fahrt, an die belgische Küste zu reisen. 1948 kaufte Jos Lentz seinen ersten Bedford-Bus und brachte die Schmelzarbeiter von Sassenheim nach Differdingen in die Fabrik. Ein Jahr später erwarb er seinen zweiten Bus und lancierte aus eigener Initiative eine Linienverbindung aus dem Südwesten Richtung Luxemburg-Stadt.
Auch Koob konzentrierte sich auf den Transport von Schmelzarbeitern. Ab 1951 bediente das Unternehmen die Strecke Grosbous–Arlon–Differdingen. Dabei fuhr ein und derselbe Busfahrer meist die Frühschichtarbeiter ab fünf Uhr morgens nach Süden und brachte abends ab 22 Uhr die Arbeiter der Mittagschicht nach Hause (nachdem er die Nachtschichtarbeiter hingefahren hatte) – zwischendurch legte er Pausen ein. Da der Bedarf an Arbeitertransporten aus dem Norden weiterhin hoch war, entstand in Eschette das Unternehmen Unsen. Sein wirtschaftlicher Schwerpunkt lag auf den sogenannten „Express-Cars“, die gezielt die Stahlwerke anfuhren. Erst zwei Jahre später wagte sich Unsen ins Reisegeschäft und organisierte eine Pilgerfahrt nach Lourdes – eine weitere Marktlücke im katholisch geprägten Norden. Das Unternehmen hält bis heute an den Pilgerfahrten fest; in den 1990er-Jahren fuhren sogar dreimal jährlich Reisegruppen zu der Pilgerstätte.
In dieser Aufschwungphase der Busgesellschaften übernahm Nicolas Koob das Unternehmen von seinem Vater. Doch der Sohn von „Kuebe Jäng“ war selten für Busfahrten zu begeistern – sein Interesse galt Rennautos und Rallyefahrten. Dabei sorgte er für Schlagzeilen: „Nicolas Koob gewann die diesjährige Slalom-Meisterschaft mit 2 Punkten Vorsprung vor seinen ärgsten Rivalen“ (LW 1964); „Koob stellt in Kautenbach neuen Streckenrekord auf“ (LW 1965); „Koob in voller Fahrt“ (LW 1964). Mit seinem Maserati oder Porsche, mit denen „Kuebe Néckel“ seine Rennen bestritt, fuhr er anschließend nach Luxemburg-Stadt, um sich in Politikerkreisen beliebt zu machen. Nachdem Néckel im Jahr 2000 in Luxemburg zum Rennfahrer des Jahrtausends gewählt wurde, traf ihn Peter Feist, heutiger Chefredakteur vom Land, in Bettborn. Rückblickend erzählte er: „Geraucht und getrunken habe ich nie. Mein Doping war Coca-Cola.“ Am liebsten sei er die 3800 Kilometer-Strecke von Monte Carlo gefahren; 38 Stunden am Stück. Sowie das 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Dass er im Rennsport landete, sei kein Zufall gewesen, er sei „von klein auf mit Benzin gefüttert worden“. Doch um auch im Nebel mit Vollgas unterwegs sein zu können, brauche man gute Augen, und er hatte „Weltmeisterschaftsaugen“, wie ihm der Rennfahrer Walter Röhrl bestätigt habe.
Während den 60- und 70-Jahren kümmerten sich Bruder Jim, sein Schwager und einige Angestellte um den Busbetrieb. Die eigentliche Leitung des Unternehmens lag jedoch in den Händen seiner Mutter Marie, die den Betrieb durch Höhen und Tiefen führte und – wie Zeitzeugen berichten – zu einer Mutterfigur für das Personal wurde. Dies entsprach einem damals gängigen Muster in Kleinbetrieben. Die Reisegesellschaft Voyages Léonard aus Verviers, die 2011 von Sales-Lentz übernommen wurde, beschreibt Maria Léonard, die Ehefrau des Geschäftsführers, ebenfalls als Mutter. Sie habe diese Rolle gegenüber Fahrern, Angestellten und Reiseleitern „aufrichtig“ ausgefüllt und „wie jede gute Mutter meisterhaft die Finanzen des Hauses“ geführt. Darüber hinaus organisierte Koob Ende der 1960er-Jahre den „Prima Cactus Bus Service“ für „alle Hausfrauen des Kantons Redingen, Capellen und Mersch“. Dieser Service brachte sie pünktlich um halb zwölf nach Hause – ganz entsprechend dem damaligen Zeitgeist. Im Cactus erwarteten die Hausfrauen „spottbillige“ Waren, laut einer Werbeanzeige im Wort.
Der Bustourismus begann ab den 1960er-Jahren zur neuen Normalität zu werden. 1965 veröffentlichte Sales-Lentz seinen ersten Reisekatalog. In den 1970er-Jahren verkündete das Unternehmen im Wort, es wolle durch seinen Katalog „helfen, aus Ihrem Urlaub einen Volltreffer zu machen“. Mit „flotten Autocar-Reisen in eigenen Luxusbussen“ brachte das Unternehmen Touristen „nach Süden und Norden“. Um das Reisefieber lebendig zu halten, organisierte Sales-Lentz zudem Kundentreffen. Das Wort berichtete: „Alljährlich in der Zwischensaison geben sich die Reiseteilnehmer der verschiedenen Ausflugsziele Rendezvous, um Erinnerungen und Fotos auszutauschen oder durch Diavorträge die Reise noch einmal zu erleben.“ So fuhren im Dezember 1973 vier Busse ins Hotel Braas nach Eschdorf, wo die Gäste ein üppiges Mittagessen erwartete, bevor das Bildmaterial ausgepackt wurde. Der Journalist beschrieb die gesichteten Fotos: „Wildenten durchzogen die sonnenbeschienenen Wasserfluten des Maschsees. An der dänischen Riviera entlang zogen wir weiter nach Helsingör. Hamlets berühmtes Schloss wurde von allen Seiten auf Zelluloid gebannt.“ Diavorträge als Vorläufer von Instagram-Reels. Das nennt man Kundenbindung.
Anfang der Nullerjahre wurde Voyages Koob an Voyages Simon aus Diekirch verkauft, Simon wiederum wird 2018 von Bollig übernommen. Zu Beginn des neuen Jahrtausends finden kleine Unternehmen zunehmend keine Nachfolger mehr oder haben Schwierigkeiten sich bei den europäischen Ausschreibungen für den öffentlichen Transsport durchzusetzen. Emil eWeber avanciert zum größten nationalen Busunternehmen, ab 2010 kauft es unter anderem Busunternehmen wie Voyages Zenners in Remerschen, Voyages Ecker in Steinsel, Voyages Unsen, und Zarth-Reisen im Saarland auf. Die Anfänge von Emile Weber reichen bis 1875 auf den Kutschentransport zurück. Heute beschäftigt das Unternehmen 1 700 Mitarbeiter und zählt 800 Fahrzeuge. Sales-Lenz zählt 1 200 Mitarbeiter und einen Fuhrpark von über 650 Fahrzeugen.
Beide Unternehmen sind Hauptkonkurrenten um die Anteile am Régime général des transports routiers (RGTR) und beschäftigen jeweils über 400 Fahrer, die täglich im RGTR-Netz im Einsatz sind. Damit liegen sie deutlich vor den zehn anderen Busgesellschaften, die im öffentlichen Verkehr tätig sind. Das RGTR wird seit 1978 vom Verkehrsministerium organisiert und wurde in der letzten Dekade unter dem grünen Minister François Bausch ausgebaut: Fuhren die Linienbusse im Jahr 2012 noch 47 Millionen Kilometer, sind es heute jährlich über 75 Millionen. Täglich nutzen 145 000 Passagiere den öffentlichen Verkehrsdienst.
Dass Sales-Lentz und Emile Weber den größten Anteil der RGTR-Strecken bedienen, hängt auch mit der Elektrifizierung ihrer Flotte zusammen. Eine voranschreitende Elektrifizierung war ein staatliches Kriterium bei der Vergabe der RGTR-Linien. Beide Unternehmen führten bereits 2009 die ersten Hybridbusse von Volvo ein. Seitens der Leitung von Sales-Lentz heißt es, diese Pionierrolle sei darauf zurückzuführen, dass das Unternehmen Probefahrten für Volvo durchführte und einige Mitarbeiter für die Bedienung der neuen Technologien ausgebildet wurden. 2017 brachte Sales-Lentz die ersten voll-
elektrischen Busse von Volvo nach Luxemburg, und ein Jahr später wurde ein selbstfahrender Minibus eingeführt. Mittlerweile wird ein Drittel der Sales-Lentz-Flotte elektrisch geladen; 70 weitere Elektrobusse sind bestellt. Die nächste Etappe, so Sales-Lentz, wird in etwa drei Jahren die Einführung von Wasserstoffbussen für Langstrecken sein.
Über 4150 Fotos
Das Digital-Archiv-Préizerdaul (DAP) wurde vor fünf Jahren von Arthur Bour und Claude Steichen ehrenamtlich initiiert. Die Plattform archiviert Dokumente – Fotos, Videos und Schriftpublikationen – die mit Metadaten indexiert werden und auf einer interaktiven Internetplattform abrufbar sind. Mittlerweile wurden über 4 150 Fotos hochgeladen, die nach acht Hauptkategorien sortiert sind – Architektur, Vereine, Kindheit, Dorfbewohner, Berufe, Privatleben, religiöses Leben, soziokulturelles Leben. In Zusammenarbeit mit Geoportail wurde vergangenes Jahr zudem ein Tool zur Geolokalisierung der Dokumente einprogrammiert. Die Sammlung enthält bemerkenswerte Fotos aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sowie Primärquellen über die Gemeinde Préizerdaul, in der nicht nur Gemeindeeinwohner, sondern auch Historiker und Soziologen fündig werden. Die Plattform soll später als Vorlage für andere Gemeinden dienen, die ihre Archive ebenfalls digital inventarisieren wollen.