Hochglanzmagazine

Mona und ihre Freundinnen

d'Lëtzebuerger Land du 28.04.2011

Lena, Laura, Brigitte, Petra, Grazia und dann auch noch Lisa. Das ist keine Frauengruppe, die sich nachmittags trifft, um gesellige Stunden gemeinsam zu verbringen, sondern eine kleine Palette der Magazine, unter der deutschsprachige Damen auswählen können, um in die Welt des schönen Scheins abzutauchen. Brigitte erklärt den Frauen über 40, wie sie sich zu kleiden, stylen und sehen haebn. Grazia wirft ein Auge auf die Prominenz und deren Falten. Lena mag es lieber bodenständig mit vielen Kochrezepten und Reisetipps in die Eifel zur Mandelblütenzeit.

Im Februar 1693 erschien der erste Frauen-Titel in London. Im deutschsprachigen Raum ist Brigitte das älteste und erfolgreichste Magazin. Es erscheint seit 1954, heutzutage in einer Auflage von rund 800 000 Exemplaren in einem Markt, der sich jede Saison neu erfindet. Und jedes Jahr neue Titel ins Rennen um die Gunst der Leserinnen schickt. Tina läuft Ramona nach, Maxi Bella.

Gesucht und äußerst begehrt ist dabei die Nische. So findet sich die Frau segmentiert in über 40, blond und zahlungskräftig. Über 35, wertkonservativ und experimentierfreudig. Oder zwischen 18 und 20, urban und kulturbegeistert. Der Inhalt ist bei allen der gleiche. Und vorhersagbar. Im Mai kommt die Bademode-Strecke, im August der Folklore-Look, im November Abendkleider für die festlichen Tage. In der Zwischenzeit wird Jeans aufbereitet, wird die Trendfarbe Chartreuse mit Mauve und Taupe kombiniert, dem Retro-Look gehuldigt und in Burda-Ausgaben der Sechziger-, Siebziger- oder Achtzigerjahre nach einem Ethno-, Britchick- oder Glamrock-Stil gefahndet, so wie ihn Lady Gaga trägt, es Carla Bruni vormacht oder Madonna im Schrank hängen hat. Im April gibt es eine Rezeptstrecke mit Spargel, im Dezember wird der Festtagsbraten aufgewärmt und im August Marmelade gekocht. Im September kommen die Nagellack-Trends für Herbst und Winter, im Oktober die Hochsteckfrisur und im Juni das freche Pony für den Strandlook. Reisen führen zum Geheimtipp Lissabon, in das Spanien abseits des Jakobwegs und irgendwann auch in die verträumte Provence oder die romantische Toskana.

In den Redaktionen sitzen zum großen Teil Männer, die bestimmen, was Frau gefällt, was Frau braucht, was Frau tragen soll. Sie brauchen nur fünf Minuten, um ein perfektes Frauenblatt zu machen – bar jeder Feminismus-Diskussion. Für das Titelbild wird irgendeine bekannte Schönheit gefunden, die derart überschminkt und grell ausgeleuchtet fotografiert wird. Was der Fotograf nicht hinbekam, erledigt im Nachgang die Bildbearbeitung. Das Titelgirl hat keine Falte, perfekte Zähne, eine tolle Figur, strahlende Augen, luftig wallendes Haar. Sie gleicht dem Titelgirl der letzten Ausgabe und auch dem davor, nur die Farbe des Kleids, das sie trägt, unterscheidet sich von den übrigen Covergirls. Das nennt sich Wiedererkennungswert und macht die Zeitschrift unverwechselbar. Im Grunde genommen lässt sich auch ein Titelfoto mehrere Male recyclen, der Leserin wird es nicht auffallen. Einzige Bedingung: die Titelzeilen, also das Titelseiteninhaltsverzeichnis, müssen geändert werden – in der Farbe, nicht im Inhalt. Möglichst unharmonische Farbkombinationen werden dabei bevorzugt, damit das Magazin am ­Kiosk auffällt.

Die Zeilen werden unauffällig angepasst: Zunächst den Namen des abgebildeten Stars vermerken, damit die geneigte Leserin weiß, wen sie vor sich hat, und ihr ein bedeutungsschwangeres Zitat beigeben: „Als ich klein war, wollte ich groß werden“. Ganz wichtig und in ganz großen Lettern muss links in der oberen Hälfte des Titelblatts „Diät“ stehen, dann verkauft sich das Blatt wie geschnitten Brot – und sei sie noch so lächerlich: Die Bier-Diät, 50 Pfund weniger in vier Wochen. Die Gummibärchen-Diät, rank und schlank ohne Mangelerscheinung. Die Haarfestiger-Diät: Wie die perfekte Frisur Sie dünn macht. Damit ist die zweite Fliege geschlagen: Das Heft verkauft sich noch besser, wenn „Haare“ erwähnt werden: „Diese Frisur macht Sie sexy!“ „Sommerhaare zum Nachstylen.“ „Der Bob zum selber schneiden!“ Drittes Element über die perfekte Titelseite ist eine Zahl. „99 Sex-Geheimnisse.“ „50 Gründe ihren Ehemann zu verlassen.“ „33 Rezepte für den Grillabend.“ Zählt die aufmerksame Leserin nach, wird sie feststellen, dass selten, ganz selten die Zahl auf dem Titel mit der Anzahl der gemeinten Tipps übereinstimmt. Das ist männliche Arithmetik.

Der Inhalt ist auch schnell zusammengestrickt: Der Sex-Artikel („So lieben Sie Ihren Mann.“), gefolgt vom Ratgeber-Artikel („So lieben Sie Ihren Mann richtig.“), dann der Bekenntnis-Artikel („Ja, ich liebe meinem Mann.“), der Psycho-Text („Ich liebe meinem Mann. Bin ich normal?“), der Psycho-Text mit Test und außergewöhnlichen Diagnose („Die Ehemann-Liebe-Devianz! Sind sie anfällig dafür?“). Höhepunkt ist das Star-Interview, das den Star als möglichst langweilige Person von nebenan darstellt (zum Beispiel Lae­tita von Spanien, 37, Prinzessin: Ich stricke für mein Leben gern“). Ganz am Schluss, dann das Horoskop, das, wie alle Texte im Heft, alles darf, nur nicht eines: kritisch und wahrhaft sein. Etwas länger braucht es, die ganze Belanglosigkeit zu bebildern. Denn egal wie seicht auch das Magazin sein mag, Hauptsache ist, die ­Fotos glänzen.

Martin Theobald
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