Studienbeihilfen

Eigenes Geld

d'Lëtzebuerger Land vom 22.04.2010

Sage niemand, die CSV wolle sparen, wo es nur geht: Die von Finanz-minister Luc Frieden am Dienstag vergangener Woche erwähnte Streichung des Kindergelds für alle über 21-Jährigen sei „falsch verstanden worden“, sagt Hochschulminister François Biltgen. Wenn die Lissabon-Nachfolgestrategie der EU vorsieht, dass künftig 40 Prozent eines Schüler-Jahrgangs ein Universitätsstudium aufneh-men sollen, dann dürfe die Kindergeldbegrenzung natürlich nicht zu Einschnitten bei den Studenten führen.

Was Biltgen ergänzend zur neuen Kindergeldregelung vorschlägt, liefe auf eine Besserstellung der Studenten hinaus. Zurzeit liegt der Basisbetrag für die staatlich gestützte Studienförderung bei 7 894,46 Euro im Jahr. Davon werden höchstens 50 Prozent als Beihilfe und mindestens 50 Prozent als rückzahlbares Darlehen gewährt, für das der Staat einen niedrigen Zinssatz von zwei Prozent garantiert. Das Verhältnis von Beihilfen- und Darlehens-anteil richtet sich nach dem Einkommen der Eltern.

Ginge es nach dem Hochschul-minister, der betont, die neue Regelung sei „ebenfalls nur ein Vorschlag“, dann erhielte künftig „jeder Hochschulstudent bis 27, der hier sein Abitur gemacht hat“, pro Jahr 12 000 Euro. Wovon die eine Hälfte als Beihilfe, die andere als Darlehen mit einem Zinssatz von weiterhin staatlich garantier-ten zwei Prozent gewährt würde. Hinzu käme ein jährlicher Staats-zuschuss von bis zu 3 700 Euro zu den Einschreibegebühren an der Hochschule. Biltgen weist darauf hin, dass die gegenwärtig gültigen Regeln restriktiv sind: Schon wenn das versteuerbare Monatseinkommen der Eltern 2 900 Euro über-steigt, wird keine Studienbeihilfe mehr gewährt. Dann muss der Student ein Komplett-Darlehen aufnehmen, dessen Rückzahlung normalerweise zwei Jahre nach Abschluss des Studiums beginnen und zehn Jahre später beendet sein muss.

Der Vorschlag des Hochschulministers, der abweichend von der am Mittwoch in Schloss Senningen vereinbarten „Nachrichtensperre“ gestern publik gemacht wurde, hat mehrere Merkmale. Einerseits ist er so großzügig, dass er die bisher geäußerten Kritiken an der Mehrbelastung der Familien deutlich entschärfen könnte. Andererseits ist er, wenn jeder Student ein Anrecht auf die neue Formel erhält, nicht unbedingt sozial „selektiv“. Doch wenn man bedenkt, dass aus besser gestellten Familien gut versorgte Studenten bereits jetzt das zinsgünstige Studiendarlehen auf-nehmen und für einen ganz anderen Zweck als die Finanzierung ihres Studiums nutzen können, dann böte die neue Regelung den entscheidenden Vorzug einer elternunabhängigen Förderung, mit der jeder Student rechnen kann.

Die Realisierung von Biltgens Vorschlag würde auch die Familienkasse aus einer Verlegenheit befreien: Bisher ist es ihr nicht möglich, die Kindergeldzahlungen an über 21-Jährige nach Hochschulstudenten aufzuschlüsseln. Dagegen würde das neue System vom Hochschulministerium administriert.

Des Weiteren würde die Konzentration staatlicher Zuwendungen an die über 21-Jährigen auf Studenten sowie auf Spezialfälle, wie über 21-jährige Lyzeumsschüler, über die die Regierung noch „diskutieren“ will, zwangsläufig den „Export“ von Kindergeld ein-schränken – gälte für die Studienzulagen doch das Territorialprinzip des Luxemburger Abiturs. Grenzpendler von Familienleistungen nach und nach auszuschließen, war schon im Wahlkampf 2009 eine längst nicht nur von der DP verfolgte programmatische Linie.

Und es sieht so aus, als könnte der Staatshaushalt mit der neuen Regelung noch stärker entlastet werden, als Luc Frieden vergangene Woche eher schätzungsweise angab: Rechnete er mit 40 Millionen Euro an Einsparungen, wenn Kindergeld nur noch bis 21 gezahlt würde, dagegen mit zehn Millionen Euro Aufwand für die Reform der Studienförderung, könnten rund 60 Millionen Euro beim Kindergeld eingespart werden, während die Studienförderung 18 Millionen Euro kosten dürfte.

Peter Feist
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