Films made in Luxembourg

Raubtierkapitalismus

Désirée Nosbusch in Bad Banks
Foto: Iris
d'Lëtzebuerger Land vom 14.02.2020

Luxemburgs Finanzplatz kommt in Film und Fernsehen nicht unbedingt gut weg: Ob in Clear and Present Danger (1994), Tom Tykwers The International (2013) oder selbst in Pol Cruchtens Die Räuber (2015) – immer wieder ist das Großherzogtum der Sitz einer Finanzindustrie, in der dubiose Machenschaften stattfinden und böse, verschlagene Geschäftsführer ihr Unwesen treiben. Freilich ist das in Bad Banks nicht anders. Zwar spielt die exakte Lokalisierung Luxemburgs darin kaum eine tragende oder funktionale Rolle, dafür wollen die Serienschöpfer aber die Funktionsweisen eines Finanzsektors sezieren und auf filmisch-dramatische Weise auf die Missstände des exzessiven Machtmissbrauchs hinweisen, der freilich internationalen Ausmaßes ist.

Die deutsch-luxemburgische Fernsehserie, die bereits 2017 von Letterbox Filmproduktion und Iris Productions in Koproduktion mit dem ZDF und Arte produziert wurde, geht nun mit einer neuen Staffel in Verlängerung. Obwohl die bekannten Figuren aus Staffel 1 immer noch fest im Sattel sitzen, ist das Image der (frei erfundenen) Bank Deutsche Global Invest schwer beschädigt. Fusionen und Restrukturierungen stehen an: Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch), eine entschlossene Frau mit eiserner Miene, die sich in dieser Männerdomäne behaupten muss, will in den Vorstand, doch sie bewegt sich auf dünnem Eis. Dafür muss sie gegen den machthungrigen Quirin Sydow (Tobias Moretti) vorgehen, der nach wie vor die Geschicke der Bank leitet. Symptomatisch genug für den Werteverlust im kalten Kapitalismus des 21. Jahrhunderts erscheint nun auch die junge Heldin Jana Liekam (Paula Beer), die zu einer rabiat und hart agierenden Opportunistin geworden ist. Sie will gemeinsam mit ihren Partnern Adam Pohl (Albrecht Schuch) und Thao Hoang (Mai Duong Kieu) von Frankfurt nach Berlin, zu den Fintechs, den Start-ups aus dem Finanzbereich, denn die sind in, das klassische Investment-Banking ist out. Also will man nun nach außen hin mit ganz sauberer Weste auf nachhaltig machen: Lara glaubt, dass das Unternehmen GreenWallet, das auf nachhaltige Strukturen setzt, gewinnversprechend ist. Von innen betrachtet, geht das dreckige Geschäft dann doch weiter. Das wird uns alles in einem deutsch-englischen Fachjargon erklärt, es ist die bizarre Sprache der Finanzwelt. Und wer in dieser Welt bestehen will, muss sich seinen Platz durch Betrug, Erpressung oder illegale Geschäfte sichern.

Für den Zuschauer kommt hier nichts als Schock; das Erschrecken liegt vielmehr darin, dass man merkt, wie sehr man sich bereits an diesen emotionalen Abstieg gewöhnt hat. Da wo diese Jana in der ersten Staffel noch eine zögernde, zweifelnde Heldin auf dem Weg nach oben war, da agiert sie nunmehr äußerst direkt, radikal und lässt ebenjene Momente der Introspektion vermissen, die sie zuvor noch anziehend machte. Und darin liegt die besondere Qualität von Bad Banks: Jana und ihre Kollegen, LeBlanc oder Sydow sind an und für sich gewöhnliche Menschen, mit ihren Existenzängsten, Sorgen, Wünschen, nur: Sie denken und handeln wie ihre Umwelt, die ökonomische Elite des Großkapitalismus. Dass da enorme Geldsummen fließen ist nur mehr hintergründig, wird wie beiläufig erwähnt. Und für diese Elite ist Zeit nun mal auch Geld: Entsprechend erzählt Bad Bank mit hohem Tempo, rasanten Schnitten von einer schnelllebigen Gesellschaft, die nur noch unter konstant hohem Druck funktioniert und auch von den neuen Technologien bestimmt wird, nur noch Bildschirmanzeigen, so hat es den Anschein, steuern diese Menschen. Emotionale Bindungen werden nur zaghaft eingegangen und deren Aufrichtigkeit wird da umso fragwürdiger, weil jeder lediglich auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und um jeden Preis gewinnen will.

Da werden skrupellose Machtspiele von den großen Strippenziehern inszeniert und kleine Bauernopfer müssen den Kopf hinhalten in diesem Kampf, in dem der steigende Marktwert die einzige Antriebskraft zu sein scheint. Für was sie da eigentlich kämpfen, ob nun für das Start-up-Unternehmen GreenWallet oder für die untergehende Branche des Investment-Bankings, all dies scheint eher nebensächlich, Erfolg und Gewinn ist alles. Die so schlicht wie intelligente Titelsequenz zeigt kaum verwunderlich eine Reihe Wolkenkratzer, entlang derer sich die Kamera hocharbeitet: Der Weg ist bereits vorgegeben, es geht einzig und allein nach oben, bis an die Spitze.

Bad Banks als Idee von Oliver Kühnert, unter der Regie von Christian Zübert, zeichnet diese Finanzwelt in kalten blau-grauen Farben in der fast alle Bewohner graue Anzugträger sind und Kokain, Gewalt und Drohungen die einzigen Verständigungsmittel stiften. Moral oder Einsicht werden hier zugunsten einer immer exzessiveren kapitalistischen Logik nach mehr Gewinnoptimierung negiert. Und zur gleichen Zeit fällt es immer schwerer, die Geschichte noch zu fassen, derart werden hier Geschäftsfusionen, fachimmanenter Informationsaustausch oder hochspekulative Anlagen vorgestellt – freilich hat diese Intransparenz einen konzeptuellen Charakter. Der Zuschauer soll die Orientierung in diesem großen System des Pläneschmiedens, des gemeinsamen Paktierens, des verschlagenen Intrigierens vollends verlieren. Keiner traut dem anderen mehr über den Weg, bis man sich schließlich selber gegenseitig zur „gerechten“ Strafe geworden sind. Was ist ein Mensch in alldem noch wert? Die Frage scheint niemanden mehr in dieser Gesellschaft des Raubtierkapitalismus wirklich zu interessieren. Für die Konzerne jedenfalls – so will Bad Banks uns sagen – kann die Antwort allenfalls nur lauten: nicht viel.

Obwohl die Serie Bad Banks mit 1,7 Millionen Euro Steuergeldern über den Luxemburger Film Fund bezuschusst wurde, ist sie bei Arte und ZDF im Streaming für Luxemburg geoblockiert. Sie ist seit Dienstag bei RTL Luxemburg zu sehen.

Marc Trappendreher
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