Weleda- und Demeterprodukte, die Supermarktketten dm und Alnatura sowie alternative Banken wie die GLS sind mehr oder weniger mit der Anthroposophie verbunden. Das bekannteste Erbe dieser esoterischen Bewegung aber sind womöglich die Waldorfschulen. Der esoterische Treibstoff dieser Institutionen ist in der Öffentlichkeit allerdings kaum bekannt. Worauf fußt die von Rudolf Steiner (1861-1925) begründete Weltanschauung? Und sind Waldorfschulen eine ernstzunehmende Alternative zu staatlichen Schulen?
Erfahrung und geistige Welt
Wer sich mit der Waldorfpädagogik beschäftigt, wird immer wieder auf den Begriff „Erfahrung“ stoßen. Auch die Lehrerin Sophie d’Incau von der Luxemburger Waldorfschule wählt ihn, um ihre eigne Waldorfkindheit zusammenzufassen: „Die Waldorfschule ermöglichte mir eine Vielfalt an Erfahrungen. In Praktika auf Bauernhöfen und in Unternehmen habe ich unterschiedliche praktische Kenntnisse erlangt.“ Nach anthroposophischem Selbstverständnis sollen denn auch sozusagen Kopf, Herz und Hand gleichermaßen gefördert werden. So wird das Erlernen einer Fremdsprache und eines Musikinstruments früh gefördert. Die Eurythmie, eine Art anthroposophischer Tanz, soll Körper und Seele in Balance bringen. Überdies unterscheidet die Waldorfpädagogik sich durch Aufmerksamkeits-, Wahrnehmungs- und Konzentrationsübungen, die sie auf Anregung Rudolf Steiners im Curriculum hat. Kaum verwunderlich, dass es im Naturkunde-Unterricht vor allem in unteren Klassen zunächst um das Hineinfühlen in Schaffensprozesse geht. Erst in fortgeschrittenem Alter sollen empirische, wissenschaftliche Details vermittelt werden. Eine weitere Besonderheit bildet der fächerübergreifende und themenzentrierte „Epochenunterricht“. Unterrichtseinheiten sollen also nicht thematisch zerhackt daherkommen, sondern – und da wären wir bei einem zweiten Buzz Word der Anthroposophie – auf „Ganzheitlichkeit“ abzielen.
Aber die Anthroposophie geht noch viel weiter. Sie nimmt eine „geistige Welt“ an, die man durch die Schulung einer übersinnlichen Wahrnehmungstechnik erkennen sollte. Die über diesen Weg erlangten Erkenntnisse solle man in die Praxis überführen, beispielsweise in die Pädagogik. Ohne Kenntnis dieses Selbstverständnisses könne man die Waldorfpädagogik und andere anthroposophische Bewegungen nicht verstehen, schreibt der Historiker und Religionswissenschaftler Helmut Zander in Die Anthroposophie: Rudolf Steiners Ideen zwischen Esoterik, Weleda, Demeter und Waldorfpädagogik. Der Philosoph Hartmut Traub weist seinerseits darauf hin, dass Steiner die objektiv-sinnliche Realität der Materie allerdings nicht leugne, vielmehr frage er, wie für Idealisten üblich, nach ihrem wesentlich-ideellem Sein. Demnach habe beispielsweise das Mondlicht einen „Zauber“, zu dem eine rein naturwissenschaftliche Betrachtung keinen Zugang biete. Das idealistische Plus wäre nun, diese Dimension in eine philosophische Argumentation einzugliedern. Erst wenn man Materie und Idee zusammendenke, erkenne man die Wirklichkeit. Diese philosophisch-spekulative Dimension von Steiners frühem Denken spielte jedoch zur Zeit seiner Waldorfpädagogik-Entwicklung kaum eine Rolle. Zu dem Zeitpunkt setzte Steiner die Realität einer geistigen Welt voraus.
Dass sich die Anthroposophie als einzige esoterische Bewegung der Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert bis in die heutige Zeit mitgliederstark fortpflanzte, mag zunächst überraschen. Doch die soziologischen Gründe hierfür liegen eigentlich auf der Hand: Anders als andere neue religiöse Bewegungen bildete die Steiners unterschiedliche Praxisfelder aus. Im Bereich der Medizin (Weleda, Wala), der Landwirtschaft (Demeter), der Wirtschaft (alternative Banken) und natürlich der Pädagogik wurden stabile Institutionen errichtet, die kapitalkräftig bis weit in die Gesamtgesellschaft hinein diffundieren.
Der Philosoph und der Fabrikant
Vor hundert Jahren eröffnete Rudolf Steiner die erste Schule dieser Art. Sie war als Schule für die Arbeiterkinder der Stuttgarter Zigarettenfabrik Waldorf Astoria konzipiert. Steiner initiierte sie gemeinsam mit dem Fabrikanten Emil Molt, der den Wunsch einer Bildungsstätte für die Kinder seiner Angestellten hegte. Der kapitalbesitzende Molt finanzierte die Infrastruktur und der arbeitseifrige Steiner stampfte innerhalb von ein paar Monaten eine Lehrerausbildung aus dem Boden.
Allerdings gingen nicht nur Arbeiterkinder in die 1919 gegründete Waldorfschule, sondern ebenfalls jene aus bürgerlichen Familien, was sie zugleich als erste Gesamtschule Deutschlands ausweist. 1938 wurde sie von den Nationalsozialisten geschlossen. Zu dem Zeitpunkt waren die ersten Waldorfschulen jedoch bereits Bestandteil der internationalen Bildungslandschaft. Eine erste Ausbreitungswelle gelang dem Konzept zwischen 1925 und 1933. In diesen Jahren wurden 16 Schulen in sehr unterschiedlichen nationalen Kontexten gegründet, wie Oslo, Lissabon, New York und Budapest.
Spät nach Luxemburg
Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern ließ die Waldorfschule sich demnach überraschend spät in Luxemburg nieder. Erst 1983 eröffnete ein Waldorfkindergarten seine Türen. Insgesamt sind derzeit circa 400 Schüler in Luxemburg eingeschrieben. Da die Waldorfschule jedoch mangels Platzes nicht allen Anfragen gerecht werden kann, sieht sie vor, demnächst auf dem Kirchberg ein größeres Gelände zu beziehen. Im Jahr 2018 zählte Deutschland 245 staatlich genehmigte Waldorfschulen, weltweit sind es über tausend. Insbesondere in Osteuropa haben sich die Waldorfschulen vermehrt etabliert, in Ungarn beispielsweise bestehen 40. Doch auch in Brasilien sind die anthroposophischen Schulen im Aufwind, dort gibt es 35. Diese Erfolgsgeschichte führte auch dazu, dass Steiners Bild sich gesamtgesellschaftlich zunächst als das eines Pädagogen etablierte.
Aber war Rudolf Steiner denn überhaupt Pädagoge? Der 1861 in Kraljevec (heute Kroatien) Geborene studierte in Wien Mathematik und Naturwissenschaften an der Technischen Hochschule. Zeitgleich besuchte er Vorlesungen in Philosophie und Literatur an der Wiener Universität und war als Privatlehrer tätig. 1891 promoviert er in Philosophie, tätig war er aber zuvor bereits als Herausgeber von Goethes naturwissenschaftlichen Werken in Weimar. Kurz vor der Jahrhundertwende zieht er nach Berlin, wo er als Publizist arbeitet und als Bohemien verzechte Nächte durchlebt. Im Jahre 1900 entstehen erste Kontakte zur theosophischen Gesellschaft, deren Sekretär er 1902 wird. Mit dieser esoterischen Gemeinschaft kommt es – je nach Auslegung – auf Grund politischer oder spiritueller Angelegenheiten zum Bruch. Daraufhin gründete er Ende 1912 die Anthroposophische Gesellschaft. Er war zweimal verheiratet, blieb allerdings kinderlos.
Tendenziell Bildungsbürgertum
Heute sind in die Waldorfschule tendenziell Kinder des Bildungsbürgertums eingeschrieben, obwohl sie ursprünglich als Arbeiterbildungsstätte gedacht wurde. Eine Entwicklung, die durch das Finanzierungssystem der Schule begünstigt wird: In Luxemburg müssen Eltern die Privatschule pro Kind mit mindestens 342 Euro im Monat bezuschussen. Die Waldorfschule erhält zwar staatliche Subventionen und Stiftungsgelder – dies reicht dennoch nicht aus. Eltern, die auf staatliche Hilfe bei der Schulfinanzierung angewiesen sind und die sich für die Waldorfschule entscheiden wollen, erhalten jedoch keine Beihilfen vom Staat. Begründet wird das mit dem fehlenden staatlich anerkannten Programm der Waldorfschule. Der Präsident der hiesigen Schule, Michael Schulz, will allerdings auf keine Anpassung zusteuern und die Unabhängigkeit bewahren, wie er im Radio 100,7 sagte. Um allerdings keine Kinder aus finanziellen Gründen auszuschließen, hat die Luxemburger Waldorfschule einen Fond eingerichtet, der nicht zahlungskräftigen Eltern entgegenkommt.
Mögen Aspekte wie der fächerübergreifende und themenzentrierte Epochenunterricht sowie die individuelle Betreuung der Schüler als avantgardistisch einzustufen sein, lassen sich, wie bereits angedeutet, auch problematische weltanschauliche Elemente in der Waldorfpädagogik auflesen. Die Klasseneinteilung gliedert sich beispielsweise nach Temperamentstypen (Phlegmatiker, Choleriker, Melancholiker und Sanguiniker). Je nach Temperament sollen die Schüler anders gefördert werden, um einseitigen Charakterentwicklungen vorzubeugen. In der Literatur ist zudem nachzulesen, dass zuweilen Lehrer charakterliche Eigenheiten reinkarnationstechnisch deuten.
Ist das auch in Luxemburg der Fall? Darauf bleibt die Antwort von Sophie d’Incau eher vage. Sie könne nicht für alle Waldorflehrer antworten, allgemeine Aussagen seien zu diesem Thema nicht möglich. Dennoch sollten sich die Lehrer fragen, wo das Kind herkommt und welche Bedürfnisse es habe, so die Lehrerin. Gefragt, dies zu präzisieren, ob sie sich eher auf frühere Leben oder die aktuellen Lebensumstände beziehe, fiel die Aussage interpretationsbedürftig aus: „Wir lassen uns die Freiheit, diese Frage überhaupt zu stellen.“
Das Waldorfkonzept entwickelt sich derzeit eher als flexibles Modell, das sich leicht an unterschiedliche Kontexte anpassen kann. In der Regel werden diese Schulen von Schulvereinen getragen, von einem gewählten Vorstand wirtschaftlich begleitet und von einer kollegialen Schulleitung geführt. Dies heißt aber auch: Die Frage, ob „die“ Waldorfschule eine ernstzunehmende Option gegenüber staatlichen Einrichtungen ist, müssen Schüler und Eltern jeweils für ihr Einzugsgebiet neu bestimmen – denn die Antwort fällt von Fall zu Fall anders aus. Und wer sich ein bisschen mit basisdemokratischen Gremien auskennt, weiß: Hier grüßt gerne mal der Sumpf unendlicher Aushandlungsprozesse. Sophie d’Incau bejaht, dass viel Arbeit an Waldorfschule anfällt, hält aber dagegen, dass das geforderte Engagement nicht nur Schattenseiten habe: „Mir gibt das Gestalten meines Arbeitsplatzes viel Kraft. Ich habe vorher an einer staatlichen Schule unterrichtet, dort sind die Lehrer passiver.“ Ihre Lehrmotivation zieht sie allerdings nicht nur aus der Mitgestaltung an der Schule, sondern auch aus der Möglichkeit, eine Schulklasse über mehrere Jahre zu begleiten: „Hier baut man eine Beziehung zu den Schülern auf. An der staatlichen Schule war das anders, da fehlte mir diese menschliche Ebene.“
In der Literatur stößt man auf den Hinweis, Waldorf-Lehrer seien nicht gleichwertig gut ausgebildet wie die an staatlichen Schulen. Das kann Maria-Eugenia Beirer, die Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit an der Luxemburger Waldorfschule, nicht ganz entkräften. Zwar unterrichten in der Abschlussklasse, die auf das „Internationale Baccalaureat“ vorbereitet, nur hochqualifizierte Personen. Für Lehrtätigkeiten in der Unterstufe reicht allerdings bereits ein Bachelor oder ein Staatsexamen. Anthroposophiebezogene Weiterbildungen werden intern angeboten.
Und wie sehen die Schüler und deren Eltern ihre Schule? Laut einer Studie kann man festhalten: Waldorfschüler verbuchen bessere Werte als Regelschüler in punkto Lernfreude und Schulzufriedenheit. Überdies zeigten Waldorfschüler ein ausgeprägtes Selbstvertrauen. Die Beziehung zu Lehrern wurde deutlich harmonischer als an Regelschulen beschrieben und Schulängste sind unter Waldorfschülern deutlich geringer ausgeprägt. Zudem schneidet die Waldorfschule, was die kulturelle Bildung anbelangt, besser ab. Allerdings gibt es auch Minuswerte. In punkto Lerntechniken, wie dem eigenständigen Nachschlagen von Wörtern, schneidet die Waldorfschule gegenüber der konventionellen Schule schlechter ab. Durch die nur begrenzte Differenzierung nach Alter fühlt sich zudem ein Viertel der Waldorf-Schüler unterfordert, ein Viertel überfordert. Bemängelt werden darüber hinaus die eher vagen Leistungsrückmeldungen (an Waldorfschulen gibt es keine Zensuren und Versetzungen) sowie die nicht adäquate Vorbereitung auf staatliche Abschlussprüfungen, wie das Abitur.
Arvo Pärt, Siri Hustvedt,
Michael Ende ...
Verwunderlich ist wohl kaum, dass unter den ehemaligen „Waldis“ viele Künstler zu nennen sind: Arvo Pärt, Cosma Shiva Hagen, die Schauspielerin Juliane Köhler sowie der Luxemburger Regisseur Govinda Van Maele. Aber auch Heiner Lauterbach, Sarah Wiener, Michael Ende und Siri Hustvedt haben in der Steiner-Pädagogik gebadet. Jean-Paul Belmondo, Clint Eastwood, Paul Newman, Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch schickten zumindest eins ihrer Kinder hin. Etwas überraschend liest man, dass Silvio Berlusconi seine Kinder an einer Waldorfschule einschrieb, wie auch Peter-Daniell Porsche, Gerhard Schröder und Helmut Kohl. Aber nicht alle waren mit ihrer Schule derart zufrieden, dass sie wie Juliane Köhler ihre Kinder hinschicken möchten. In der Neuen Zürcher Zeitung (6.1.2012) beschwerte sich der Schauspieler Jan von Rennenkampff über seine Waldorfzeit: Sie sei keineswegs so anti-autoritär gewesen, wie das Waldorfbild sich präsentiere. Man habe immer alles genauso zeichnen und modellieren müssen, wie der Lehrer es vormachte, beklagte er sich. Wo andere die Förderung von Individuen sehen mögen, vernahm von Rennenkampff nur Druck. Zuspruch genießt die Waldorfschule in Los Altos, mitten im Silicon Valley: Zwei Drittel der dort eingeschriebenen Schüler haben Eltern, die für Tech-Unternehmen arbeiten. Sie schätzen die computerfreie Waldorfschule, in der Wert auf körperliche Aktivitäten statt Bildschirmübungen gelegt wird (New York Times, 22.10.2011).
Die Waldorfschulen dümpelten pädagogisch lange Zeit isoliert vor sich hin. Allerdings haben sie sich besonders mit Jost Schieren und Dirk Randoll der akademischen Forschung geöffnet. Schieren promovierte in Essen zu Goethes naturwissenschaftlicher Erkenntnismethodik. Er ist Professor für Pädagogik in Alfter und plädiert dafür, dass sich die Waldorfwelt wieder näher mit Steiners Goethe und dessen Anschauungsprozess beschäftige. Mit dieser Positionierung will er Steiners esoterische Ansprüche verstärkt ins Abseits rücken.
Ein bisschen Aufbruchsstimmung war auch bei Sofie d’Incau und Maria-Eugenia Beirer zu vernehmen. Sie sind der Meinung, die Waldorfschulen müssten sich weiterentwickeln und an ihre Zeit anpassen. „Was Kinder heute brauchen, ist nicht das gleiche wie vor hundert Jahren“, meint d’Incau. Konkretere Zukunftsvisionen teilten sie darüber hinaus aber nicht mit.
Vorwurf: Indoktrination
Waldorfschulen haben nicht nur Freunde. Vor allem der Lehrer André Sebastiani, der Mitglied der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) ist, kritisiert Waldorfschulen öffentlichkeitswirksam. Die GWUP ist eine Organisation der Skeptikerbewegung mit Sitz in Darmstadt. Sebastiani warnt vor der Gefahr der Indoktrination durch okkultes Gedankengut. Tatsächlich zieht die Waldorfschule nicht immer eine klare Grenze zwischen spiritueller Weltanschauung und empirisch nachweisbarem Wissen. Und anders als die moderne Erziehungswissenschaft, die weitestgehend versucht, ein säkulares Welt- und Menschenbild zu vermitteln, beruht die Walddorfschule auf ontologisch-esoterischen Vorannahmen.
Der Leiter der erwähnten empirischen Studie, Dirk Randoll, winkt den wiederkehrenden Vorwurf der Indoktrination ab: Nur die wenigsten Schüler könnten konkrete Inhalte zu Steiners Lehre angeben. Lediglich 16 Prozent der Schüler gaben an, Steiners Aussagen zu Atlantis zu kennen. Bereits 2007 zogen Barz und Randoll das Fazit, dass „[d]ie Mehrheit der Absolventen“ der Anthroposophie gegenüber „indifferent oder skeptisch“ eingestellt seien (Barz, Randoll 2007: 19). Aus kulturwissenschaftlicher Sicht drängt sich allerdings die Frage auf, inwiefern man das Wasser sinnvoll identifizieren kann, in dem man schwimmt. Anders gefragt: Wenn die Anthroposophie stets als dezentes Grundrauschen im Unterricht mitschwingt, wird sie dann von den Schülern als solche wahrgenommen?
Bei all der Anklagerei kann man jedoch schnell vergessen, dass im real-existierenden Schulalltag eine normative Pädagogik eigentlich unvermeidbar ist. Es gibt keine Schule ohne Erziehungsideal. So sind staatliche Schulen zwar säkular, doch wirken auch hier oktroyierte Interessen: Im 19. Jahrhundert ähnelten Schulen womöglich nicht zufällig Fabrikhallen. Heute wird den Grundschülern die Digitalisierung aufgepfropft. Zudem wäre es demokratietechnisch unsauber, wenn der Staat zivilgesellschaftliche Initiativen im Bildungswesen gänzlich unterbinden würde. Dennoch dürfte sich die Öffentlichkeit eine klarere Erläuterung gegenüber esoterischen Inhalten im Unterricht sowie eine Positionierung gegenüber dem Steiners Erbe wünschen, insbesondere was seine Rassentheorien betrifft (siehe: „Der Geist des Kulturzeitalters“). Die Luxemburger Waldorfschule hat sich bislang nicht formell von Steiners rassistischen Ideen distanziert. Das war Anfang Oktober 2019 in einem Beitrag von Françoise Keller im Radio 100,7 zu vernehmen. In Deutschland dagegen stellt seit 2007 die „Stuttgarter Erklärung“ einen Anfang zur Aufarbeitung dar.
Nach Helmut Zander stellt sich vermehrt die Frage, wieviel Anthroposophie noch in der Waldorf-Lehrerschaft steckt. An manchen Schulen seien nur noch um die zehn Prozent der Lehrer sozusagen praktizierende Anthroposophen. Da händeringend nach Lehrer-Nachwuchs gesucht wird, könne diese Tendenz sich zuspitzen. Zudem prägt die Anthroposophie, wie jede institutionalisierte Weltanschauung, das Phänomen der Pluralisierung und Individualisierung. Maria-Eugenia Beirer attestiert der Luxemburger Waldorf-Lehrerschaft allerdings kein Desinteresse an der Anthroposophie. Vor allem das Buzz-Konzept „Ganzheitlichkeit“ bilde den gemeinsamen weltanschaulichen Nenner unter den Lehrern.