Fließender könnte der Übergang von der Theorie in die Praxis kaum sein: Wer dem Biodiversum beim Haff Réimech im Moseltal zwischen Remerschen und Schengen einen Besuch abstattet, tut dies inmitten eines 80 Hektar großen Naturschutzgebietes.
In dem vom Remerschener hvp Architektenbüro (François Valentiny) für 6,5 Millionen Euro gebauten, wie ein auf dem Kopf liegender Schiffsrumpf konzipierten Holzbau können große und kleine Besucher im Zeitraffer die Entstehungsgeschichte des Haff Réimech durchlaufen. Anschaulich an kleinen nachgestellten Miniaturen sehen sie die Bau- und Wohnweisen von der Steinzeit bis in die Eisenzeit. In hölzernen Schubladen gibt es Werkzeuge aus den jeweiligen Epochen zu sehen.
Ansonsten liegt der Fokus in dem im Juni eröffneten Biodiversum ganz auf der heimischen Flora und Fauna: An einer Station lässt sich physikalisch nachvollziehen, was die Bewegung eines Wasserflohs von einem Aal unterscheidet: hier die synchronisierte Stoßbewegung, da das starke Schlängeln, demonstriert jeweils an versiert nachgebauten Mechaniken. Auf einem grün-blauen Puzzle aus handtellergroßen Holzstücken, das der Besucher erst zusammenbauen muss, ist die Unterwasserwelt abgebildet.
Es sind interaktive Stationen wie diese, die insbesondere den Jüngeren den Besuch im Biodiversum zu einem kleinen Erlebnis werden lassen: Durch blaue, von der Decke herabhängende Stoffbahnen taucht der Besucher in die nachgestellte Unterwasserwelt des Baggerweihers. Über seinem Kopf schwimmen Karpfen, Aale und andere Fische aus der Region. Gleich dahinter, neben dem Schilf, sitzt der ausgestopfte Schwan und reckt majestätisch seinen Hals. Man kann, mit etwas Glück, das Tier auch in freier Wildbahn sehen: Vom großen Panoramafenster am Ende des Ausstellungsraums, der das Erdgeschoss mit dem nötigen Licht versorgt, fällt der Blick auf den Baggerweiher, auf dem heute eine kleine Schwanenfamilie gemächlich ihre Runden zieht.
Auch akustische Stationen haben sich die Macher der abwechslungsreichen Ausstellung einfallen lassen: Vögel piepsen, Frösche quaken, und in der Ecke quiekt ein ganz besonderer Luxemburger: Im Moseltal lebt eine der letzten Kolonien der großen Hufeisennase, eine einheimische Fledermausart, die vom Aussterben bedroht ist.
Überhaupt kann sich das pädagogisch-didaktische Konzept, zusammengestellt von Mitarbeitern der Forst- und Naturverwaltung sowie der Lëtzebuerger Natur a- Vulleschutzliga, gerade für die jüngeren Besucher sehen lassen: Neben üblichen Schau- und Lichttafeln, lebensgroßen ausgestopften Tierexponaten und informativen Videos, gibt es spannende „Sinnes-Stationen“ zu entdecken.
Am Eingang erhält, wer will, einen Fragebogen. Um die Fragen erfolgreich beantworten zu können, heißt es aufgepasst und die Sinne geschärft: An einer Taststation muss erraten werden, wer das weichste Fell im Unterholz hat: der Wildhase oder Gevatter Fuchs? Handelt es sich bei dem süßlichen Duft, der da im Glaskolben eingefangen ist, um wilden Honig? Ist das Pfeifen in der Ferne der Schrei eines Kauzes? An einer Station können besonders Talentierte versuchen, die Lockrufe einheimischer Vogelarten nachzuahmen.
Bei so viel Ausprobieren und Anfassen macht das Lernen der heimischen Artenvielfalt richtig Spaß. Die Ausstellung ist so gegliedert, dass sie gerade für die Kleinen nicht zu langatmig und kompliziert ist. Und dann geht es ja auch noch raus in die Natur: An den Baggerweihern ist die Flora üppig, auch wenn es von einer gewissen Ironie zeugt, dass der Berg, auf dem das kleine Naturmuseum steht, erst künstlich aufgeschüttet werden musste, um den hölzernen Millionenbau zu beherbergen.
Wer thematische Aspekte vertiefen will, kann an einer Führung teilnehmen. Für Schulklassen gibt es altersgerechte Führungen nach voriger Anmeldung, unten in den Räumen befinden sich ein Mehrzweeckraum mit Multimedia-Stationen. Für Schulkinder ist das Biodiversum als Ausflugsziel mit Anschauungsunterreicht ideal: Die Jugendherberge von Remerschen liegt direkt gegenüber, und wer sich wegen der Hitze abkühlen muss, kann dies nebenan, keine 200 Meter weiter, im Baggersee tun.