Männervereine

Marsch! Frauen raus!

d'Lëtzebuerger Land vom 31.03.2011

Heute loben wir die prinzipientreuen Männervereine. Wenn alles ins Wanken gerät, alte Gewissheiten in sich zusammenfallen und keiner mehr weiß, welche Heiligen er anrufen soll, kann Sturheit ein echter Segen sein. Die „Amicale des anciens gardistes“ traf sich vor zwei Wochen in Colmar-Berg zu ihrer Generalversammlung. Obwohl das Gardekorps längst abgeschafft ist, wird die Nostalgie in diesem erlesenen Männerzirkel großgeschrieben. Alles, was jetzt folgt, klingt wie ein brutaler Aprilscherz. Ist es aber nicht. Es gibt zwei Bereiche, in denen Humor einfach tödlich wäre: die Kirche und das Militär.

Der Präsident „begrüßte alle Anwesenden, nur Männer, da Frauen auf der Vollversammlung unerwünscht sind und diese somit im Nebenraum warten mussten“, schreibt das Tageblatt. Was gibt es Rührenderes als Frauen, die ihre militärisch strengen Gatten begleiten, obwohl sie wissen, dass sie beim Treffen ihrer maskulinen Helden nicht zu suchen haben? Statt einfach daheim zu bleiben, treten sie die vergebliche Reise an und lassen sich wegsperren. Bei soviel Demut und Selbstaufgabe können wir getrost Hoffnung auf stabile Verhältnisse schöpfen. Die Frage ist nur, was die Frauen denn eigentlich im Nebenraum aufführten? Ein pazifistisches Kaffekränzchen? Gott bewahre! Bei Politikertreffen dürfen die Gattinnen wenigstens ein paar karitative Spielchen treiben. Besuche in Krankenhäusern und Kinderheimen machen sich immer gut. Gibt es in Colmar-Berg keine humanitären Einrichtungen?

Die zentrale Frage ist natürlich, womit sich die Herren auf ihrer Generalversammlung beschäftigten. „Etwas schwieriger gestaltete sich dann die Diskussion bezüglich der Fahne der ‚Amicale des anciens gardistes‘, da man sich nicht klar darüber war, auf welche Veranstaltungen diese mitgeführt werden darf“, lesen wir weiter im Tageblatt. Uns würde brennend interessieren, was denn eigentlich auf dieser polemikstiftenden Fahne abgebildet ist? „Um die Kasse aufzubessern, grillte die Amicale vor der Ingeldorfer Filiale einer großen Supermarktkette.“ Das könnte ein wichtiger Hinweis sein. Wir stellen uns vor, auf der stolzen Fahne prangt ein gegrillter Wupp mat Schacko. Und sofort haben wir die ganze kassenfüllende Szenerie vor Augen: stramme Herren, die im Stechschritt um den Grill stolzieren, martialisch gebrüllte „Holzekohle her!“-Befehle, Tarnanzüge gegen feindliche Fettspritzer.

Ja, das Militär hatte immer schon einen herausragenden kulturellen Auftrag. Aufs Grillen verstehen sich alle Armeen der Erde vorzüglich. Pardon! Jetzt hätten wir fast vergessen, uns Gedanken zu machen, wohin die Fahne der Amicale denn eigentlich mitgeführt werden darf. Wa-rum denn nicht in den Ingeldorfer Supermarkt? Das wäre doch endlich ein echtes Ereignis für die chronisch gelangweilten Konsumenten. Die Fahne hoch und munter an den Regalen vorbei defiliert bis zum strategisch hoch brisanten Grillwurstsegment! Die Fahne kann natürlich auch am Meeresstrand bei Knokke-le-Zoute aufgepflanzt werden. Das gibt irgendwie ein heroisches Gefühl beim Sandburgenbauen. Pardon! „Außerdem organisierte man eine Reise an den Gardasee.“ Garde/Garda, sehr originell. Die Herren haben Sinn für pittoreske Alliterationen. Korrigieren wir also: Die Fahne kann natürlich auch beim Schiffsausflug auf dem Gardasee flattern.

Immerhin ist die Frage gelöst, wohin die Frauen mitgeführt werden dürfen. Jedenfalls nicht auf die Vollversammlung. Mit oder ohne Fahne. Hoffentlich müssen die Frauen nicht auch noch die Fahne flicken, wenn sie bei den riskanten Auftritten der Amicale Schaden genommen hat. Oder die zerknitterte Standarte im Nebenraum bügeln, wenn im Hauptraum die Männerkonflikte toben. „Außerdem stellte sich die Frage, ob das Komitee Personen aufnehmen darf, die nie der Garde angehörten. Teilweise entstanden solch heftige Debatten, dass einer der Anwesenden infolgedessen aus dem Verein austrat.“ Hoffentlich ist der austretende Anwesende nicht schwer verletzt und die Fahne intakt. Dürfen wir unsere bescheidene Meinung kundtun? Das Komitee sollte alle Personen, die nie der Garde angehörten, gnadenlos in den Nebenraum verbannen.

Immerhin befindet sich die „Amicale des anciens gardistes“ in guter Gesellschaft. „Stolz, ein reiner Männerchor zu sein“, titelt das Luxemburger Wort über die Sängerschar von Lamadelaine. Ja, das können wir nachvollziehen. „Der stolz geschwellten Männerbrust entweicht die schiere Sangeslust“, schrieb schon der bekannte Musiktheoretiker Karl-Theodor Le Mâle. Die Frauen dürfen ja zu Hause unter der Dusche singen. Oder beim Abwasch. Das stört keinen Melomanen. Und die Damen müssen nicht im Nebenraum ausharren, bis die Herren der Schöpfung ihren Gesangsabend hinter sich haben. Schade nur, dass „die Noten“ weiblich sind. Aber vielleicht ändert der reine Männerchor ja demnächst seine Notenblätter. „Der Note“ ist immerhin ein vollwertiger Ersatz für „die Note“. Und jetzt wollen wir singen. Aber rein männlich, bitte!

Guy Rewenig
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