Vergangenen Monat hinterlegte der grüne Verteidigungsminister François Bausch den Gesetzentwurf 7852 im Parlament. Das Gesetz soll den Kauf von 80 gepanzerten Erkundungs- und Führungsfahrzeugen für die Armee bewilligen. Sie sollen die Modelle Hummer und Dingo ersetzen. Sie sollen zum heutigen Indexstand 367 Millionen Euro kosten.
Damit sind die Spähwagen das teuerste Rüstungsgeschäft in der Landesgeschichte. 17 Jahre lang hielt Charles Goerens’ (DP) 200 Millionen Euro teures Transportflugzeug A400M diesen Rekord. Dann war es Etienne Schneiders (LSAP) Militärsatellit Luxeosys mit 350 Millionen Euro.
Das Transportflugzeug und der Militärsatellit wurden als Verschwendung von Steuergeldern angesehen. Sie wurden bis in die wechselnden Regierungen hinein kritisiert. Die parlamentarische Opposition verlangte Audits und Ermittlungsausschüsse.
Die Beschaffung der noch teureren Spähwagen löst keinen Protest aus. Dabei bekommt man zum Preis der 80 Fahrzeuge acht Lycées Edward Steichen oder zwölf Lycées techniques pour professions de santé. Der Preis macht das Anderthalbfache des Jahresbudgets des Wohnungsbauministeriums aus.
Der Stückpreis für die viersitzigen Fahrzeuge beträgt 4,6 Millionen Euro. Das Spitzenmodell der Luxusmarke Rolls Royce ist der von Monarchen und Diktatoren geschätzte Rolls Royce Phantom. Ein einziger der neuen Spähwagen kostet so viel wie ein Dutzend Rolls Royce Phantom.
Flugzeuge, Satelliten – alles, was fliegt, gilt als Luxus. Ein Auto hat jede. Es ist erdverbunden, notwendig, macht manchmal Spaß. Der Kauf von Späh- und anderen Wagen stößt auf Verständnis. Denn Überschwemmungen, Wirbelstürme und Waldbrände hin oder her: Die Autogesellschaft ist noch nicht am Ende. Das Umweltministerium hält sie mit Elektroprämien am Leben. (Die Spähwagen fahren mit Benzin.) CSV-Fraktionssprecherin Martine Hansen hatte am 21. März 2019 auf Radio 100,7 um Nachsicht gebeten: „Ech hu mir e SUVche kaf.“ Zum Jahresanfang legte die Regierung den Covid-Lockdown so, dass er das Autofestival nicht behinderte.
Der Preis der Spähwagen ist zweitrangig. Entscheidend ist die Zweckbestimmung. „Und wie soll Luxemburg sich auf sich allein gestellt gegen China verteidigen?“, fragt der Soziologe Wolfgang Streeck in Die Welt (31.7.21). Und gibt die Antwort: „Aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass China ein Expeditionskorps ausschickt, um Luxemburg zu erobern?“
Das hatte François Bausch einst ähnlich gesehen. Am 22. Februar 2005 hatte er im Parlament gegen das Militärflugzeug A400M gestimmt. Er fragte, „ob et dann net méi Sënn mécht fir esou ee klengt Land, wat, wéi gesot, keng militäresch Traditioun huet, an de Volet [...] vun der Konfliktvermeidung investéieren ze loosse wéi onbedéngt an dee militäreschen Aspekt“. Fünfzehn Jahre später saß er bei der feierlichen Übernahme des Flugzeugs am 8. Oktober 2020 als Verteidigungsminister neben Großherzog Henri im Cockpit. Die Blamage ist der Preis, um dabei zu sein. Bis 2001 wollten die Grünen aus der Nato austreten. Nun haben ihre Minister Nato-Clearance. Ihre Wählerschaft hatte stets mehr Angst vor der Atomenergie als vor der Atombombe.
Auch die neuen Spähwagen sollen in den Dienst der Nato gestellt werden. Nach dem Bankrott der Sowjetunion hat sich der nordatlantische Pakt „out of area“ breitgemacht. Dort setzt er die globalisierte Investitionsfreiheit durch. Luxemburg ist dabei. Es hat Eigeninteressen: Mit fünf Billionen Euro in Investitionsfonds gehört es statistisch zu den größten Kapitalexporteuren.
Selbstverständlich soll die globalisierte Investitionsfreiheit einseitig bleiben. Damit die chinesischen Zulieferfirmen nicht bald Haushaltsmarken wie Apple und Boeing sind. Deshalb haben die USA der Volksrepublik China den Kalten Krieg erklärt. Vielleicht müssen die neuen Spähwagen bald in den einen oder anderen Stellvertreterkrieg oder einen dritten Opiumkrieg rollen.