Leitartikel

Wou d’Ham an der Mëllech gekacht gëtt

d'Lëtzebuerger Land vom 10.01.2020

Als am Montagabend das Energieministerium die staatlich kontrollierten Maximalpreise für Diesel und 98-er Benzin erhöhte, kam, was kommen musste: Der Präsident des Groupement pétrolier drängte die Regierung, mit der fürs Frühjahr angekündigten Erhöhung der Benzin- und Diesel-Akzisen noch zu warten. Der CSV-Abgeordnete Gilles Roth wollte ebenfalls wissen, was aus der Akzisen-Erhöhung wird und ob die Regierung auf „soziale Ausgleichsmaßnahmen“ zurückgreifen werde. In den sozialen Netzen und auf rtl.lu schimpften derweil Autofahrer.

Alles nur, weil der Liter 98-er um 5,3 Cent teurer geworden war und der Liter Diesel um 6,8 Cent. Einerseits, weil eine neue EU-Vorschrift Kraftstoffen mehr Biosprit beizumischen vorschreibt, was den Endpreis erhöht. Zum anderen wegen der Lage in Nahost. Seitdem kostet ein Liter 98-er Benzin 1,356 Euro, der Liter Diesel 1,202 Euro. Im Frühjahr 2012 war Benzin noch um fast 15 Cent teurer, Diesel um knapp neun Cent. Weder fasste die damalige CSV-LSAP-Regierung Sozialmaßnahmen ins Auge, noch entlud sich der Autofahrerzorn im Internet. Diesmal besteht der Unterschied darin, dass die Regierung vor drei Wochen schon angekündigt hat, im Frühjahr würden die Spritsteuern erhöht, um den Tanktourismus einzudämmen. Diesel soll um drei bis fünf Cent höher besteuert werden. Hinzu kommt ab 2021 die CO2-Steuer, die mit der Zeit steigen soll. Gut möglich, dass die Regierung schlafende Hunde weckt, wenn sie in den nächsten Wochen die Öffentlichkeit zum Energie- und Klimaplan konsultiert. Luxemburg ist schließlich das Land, wo für Autofahrer d’Ham an der Mëllech gekacht gëtt. Drehen an der Steuerschraube hat Minister schon die nächsten Wahlen gekostet.

Und trotzdem geht Klimaschutz nicht ohne Maßnahmen, die sich gegen Autofahrer richten. Die Steuerbelastung ist viel zu niedrig hierzulande – die auf dem Sprit wie die auf den Fahrzeuge selber. Die 2007 auf CO2-Abhängigkeit hin reformierte Autosteuer hat ihren Lenkungseffekt verloren, weil seither niemand sich mehr getraut hat, sie anzupassen. Zum Beispiel müssen 79 Euro für ein Benzin-Auto gezahlt werden, das 130 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. Treibstoffeffizient ist das nicht, war es aber nach den Maßstäben von vor zwölf Jahren. 190 Euro werden fällig, wenn ein Benziner 197 Gramm pro Kilometer emittiert. Das klingt nach viel CO2, doch auf diesen Wert bringt es ein Großgeländewagen wie der BMW X7. Angesichts eines Neupreises ab 98 000 Euro erscheinen die 190 Euro Jahres-Autosteuer bescheiden.

Der Tanktourismus, den die Regierung politisch entschieden hat, allmählich loswerden zu wollen, ist das eine. Er ist ein fiskalisches Problem. Beim einheimischen Transport und seinen Antrieben ist das anders. Luxemburger Autos sind, das zeigen EU-Statistiken, besonders schwer und stark, verbrauchen schon deshalb viel und geben entsprechend CO2 ab. Wer das etwas ändern will, muss die PS-Zahl besteuern.

Belgien macht es vor. Dort gilt eine „Taxe de mise en circulation“ je nach Leistung und Alter des Fahrzeugs. Zu entrichten ist sie bei der Erstzulassung und falls der Besitzer wechselt, zur Neu-Immatrikulation. Mindestens müssen 61,50 Euro bezahlt werden, auch für ein Elektro-Auto sowie für jedes, das nicht höher motorisiert ist als 70 Kilowatt (95 PS). Darüber hinaus steigt die Steuer exponentiell, bis auf knapp 5 000 Euro für mehr als 155 Kilowatt (oder 211 PS) Leistung eines Neuwagens. Je älter ein Gebrauchter ist, der wieder zugelasen werden soll, desto kleiner ist die Steuer. Wallonien will noch weitergehen und schlägt für Belgiens Energie- und Klimaplan vor, die PS-abhängige Immatrikulationssteuer noch um einen einen CO2-abhängigen „Éco-Malus“ zu ergänzen. Hinzuzufügen wäre, dass in Belgien diese Woche 98-er Benzin im Schnitt 18 Cent teurer war als in Luxemburg und Diesel 32 Cent.

Peter Feist
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