Bewegung auf dem Immobilienmarkt

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d'Lëtzebuerger Land vom 04.09.2008

Es ist spannend derzeit auf dem Luxemburger Immobilienmarkt. Potenzielle Käufer wird es freuen, denn wurde in der letzten Zeit eigentlich alles teurer was man kaufen kann, so ist es mit der Inflation bei den Immobilienpreisen einstweilen vorbei. Was noch letzten Winter und diesen Frühling nur eine Tendenz war, bestätigt sich nun: Die Preise fallen. Laut neuesten Zahlen des Observatoire de l’ha­bitat sind im zweiten Trimester die Hauspreise um 1,57 Prozent zurückgegangen, auf Jahresbasis um fast vier Prozent. Wohnungen wurden im Schnitt 3,56 billiger, im Jahrevergleich um 1,86 Prozent. Von Norma­lisierung und Korrektur sprechen die Akteure des Marktes, aber auch von Gesundung – es scheint, als kehre die Vernunft zurück. 

Nun stellt sich also die Frage, woran dies liegt und ob diese Entwicklung von Dauer ist. Sollte der viel diskutierte Mangel an Wohnraum behoben sein, jeder der Haus- oder Wohnungsbesitzer werden will, fündig wer­den? Die Internet-Plattform athome.lu registriert augenblicklich einen neuen Rekord an zum Verkauf stehenden Objekten: 18 000 Anzeigen sind es laut Geschäftsführer Patrick Kersten, zehn bis 15 Prozent davon müsste man herausrechnen, weil Häuser und Wohnungen von mehreren Maklern angeboten werden. Dennoch ist es ein Rekord. Und die Immobilien bleiben länger auf dem Markt, sie verkaufen sich nicht mehr so schnell. In der letzten Ausgabe ihres Magazins hatte athome zum ersten Mal einen Vertrauensbarometer der Branche veröffentlicht und dazu über 100 Makler befragt. Die kamen zum Schluss, vor allem Neubauten hätten mit einer durchschnittlichen Verkaufs­zeit von über sechs Monaten Zeit, Staub anzusetzen. Allerdings rechneten sie da auch noch damit, dass die sich ankündigende Preisbaisse nicht von Dauer sein würde. Im Gegenteil gingen sie davon aus, innerhalb der nächsten sechs Monate werde es zu neuen Steigerungen von bis zu zwei Prozentpunkten kommen, egal ob Haus oder Wohnung, alt oder neu.

Seither, sagt Kersten, hat sich die Stimmung unter seiner Kundschaft, den Maklern, nicht gebessert. „Es ist schwer zu verkaufen“, lautet sein Fazit. Ebenso schwer sei es gewesen, den Besitzern zu erklären, sie würden nicht mehr die Preise mit ihren Objekten erzielen, wie noch ein Jahr zuvor. Dies sei auch ein Grund, weshalb sich die Baisse erst so zaghaft be­merkbar gemacht habe, so Kersten. Das erinnert an die ebenso leidenschaftlich diskutierte Baulandproble­matik: An Grundstücken fehlt es nicht direkt. Aber jeder der eins hat, glaubt beim Verkauf Millionär werden zu müssen. Paul Fabeck von Bricks Solutions Immobilière beschreibt wie dieses Phänomen angeheizt wird: Viele Objekte seien weit überbewertet gewesen, die Vorstellung der Besitzer über den möglichen Gewinn überzogen. Dafür, nimmt er vorweg, sei aber vor allem der eigene Berufsstand verantwortlich. Wer den Kunden davon abbringen wollte, zur Konkurrenz zu gehen, versprach gerne, eine höhere Summe zu erzielen, auch wenn man später wieder davon abrücken musste. 

Daher könnte jetzt, meinen Beobachter, die Schere zwischen den Anzeigenpreisen und den tatsächlichen Verkaufspreisen kleiner werden. Wie groß die ist, weiß niemand so richtig. Die Daten von athome.lu und Observatoire de l’habitat, die vom CEPS/Instead erhoben werden, beruhen auf Anzeigen. Diese mit der Summe zu vergleichen, die nachher beim Notar und beim Enregistrement ein­getragen wird, daran arbeitet man beim Ceps, Resultate liegen  nicht vor. Zwischen 15 und 20 Prozent, schätzen Experten sind es im Schnitt, aber damit, gibt einer zu bedenken, wisse man noch nicht, was schwarz gezahlt wird. 

Dass nicht mehr so viel verkauft wird, liegt, da ist sich die Branche relativ einig, also nicht daran, dass es einen Mangel an Objekten gibt, sondern eher daran, dass den Käufern nicht mehr die gleichen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Anders gesagt, die Banken, die ihrerseits seit der Kreditkrise ihr Risikomanagement besser pflegen als bisher, sagen öfters Nein, wenn Kunden um einen Hypothekkredit bitten. Einige geben das bereitwilliger zu als andere. Die ING betont, man sehe keine negative Entwicklung, weder was die Anzahl der Anträge betrifft, noch was deren Bewilligung angeht. „Die Bedingun­gen bleiben unverändert“, sagt Erik Groenendals, ING, „rien à signaler“. 

Bei der Dexia hört sich das schon ein wenig anders an. Auch da hat sich an den Bedingungen nichts verändert, allerdings würden diese rigoroser ein­gehalten. Vor allem was die Fähigkeit der Kunden betrifft, die Monats­raten zurückzuzahlen. Dabei ist die Bank, was die Laufdauer des Kredi­tes betrifft, schon sehr flexibel. Finan­zierungen über 40 Jahre sind möglich und dies nutzt die Kundschaft immer öfter: 2007 abgeschlossene Kredite hatten eine Durchschnittslaufzeit von 24 Jahren, jetzt geht es Richtung 25. Und trotzdem reicht dies nicht immer aus. In der Immobilienbranche selbst hat man allerdings auch das Gefühl, die Banken wollten nicht nur den Kunden nicht in eine Situation bringen, wo er die Raten nicht mehr zahlen kann. 

Denn kam es bisher soweit, hätten die Geldhäuser immer noch die Immobilie selbst verkaufen können, und das im boomenden Markt auch noch mit Gewinn. Momentan, da die Preise fallen, stellt sich auch die Frage, ob das Objekt den jetzigen Kaufpreis in einem Jahr noch einmal erzielen wird und ob sich beispielsweise kostspielige Renovierungen oder Umbau­ten im eventuellen Verkaufspreis widerspiegeln werden. Die Befürchtung, allzu hohe Investitionen nicht mehr decken zu können, trägt wahrscheinlich das Ihrige dazu bei, dass vor allem bei großen Objekten die Obergrenze erreicht wurde und die Preise in dieser Kategorie tiefer rutschten als bei kleineren Häusern und Wohnungen.

Paul Fabeck von Bricks glaubt auch, die Käufer seien von sich aus vorsichtiger geworden, auch ohne ein Nein der Bank. Weil sie Angst vor der wirtschaftlichen Entwicklung überhaupt haben, weil sie die Zukunft nicht mehr so günstig sehen. Viele warten ab, berichtet er, ob sich der Trend nach unten fortsetzt. Auch deswegen herrsche weniger Betriebsamkeit: Wer anstatt am Anfang des Jahres erst jetzt kaufe, habe schnell 15 000 Euro gespart. Patrick Kersten hat den gleichen Verdacht: Die Leute harren aus, sind in Lauerstellung und tragen damit wiederum zur Preisbaisse bei. Werden die meisten Einwohner Luxemburgs diese Entwicklung begrüßen, so bringt sie dennoch viele Leute in Schwierigkeiten, sagt Kersten. Die Ma­kler berichten von Kunden, die sich bereits zum Kauf einer neuen Immobilie verpflichtet haben, dafür ihre alte Immobilie zu einer bestimmten Summe loswerden müssen und dies nun nicht mehr schaffen.

Kann man demnach auch in Luxemburg vom Platzen der Immobilienblase sprechen, wie man es derzeit in Spanien oder Großbritannien beobachtet? Kaum. Roland Kuhn, vom gleichnamigen Bauunternehmen, das Immo­bilienprojekte in Eigenregie durchführt, bekräftigt, im Sommer gehe die Aktivität immer zurück, im Herbst werde sich dies bereits wieder ändern. Kersten sieht das ein wenig anders: Er spricht von der ersten bedeutenden Preissenkung seit Jahren, der Druck auf die Preise sei hoch. Allerdings sei dies positiv für die Branche: „Das bringt neue Dynamik.“ Von den über 350 Maklern, die mit der von ihm geleiteten Internetplattform zusammenarbeiten, sei noch niemand out of business. Faktoren, die gegen einen mit dem Ausland vergleichba­ren Einbruch sprechen, gibt es weitere: Erstens sind – auch wenn es für Möchtegern-Hausbesitzer unglaublich klingt – die Preise hierzulande weniger stark gestiegen, als in Spanien oder Großbritannien, demnach können sie auch weniger dramatisch fallen. Zweitens bleibt Luxemburg ein Zuwanderungsland. Die Bevölkerung wächst und deswegen wird die Nachfrage über die Dauer nicht komplett einbrechen. 

Weil der Zugang zur Finanzierung schwieriger wird, bleibt die Problematik für die Kunden im Endeffekt unverändert: Wer ein Haus kaufen möchte, kann sich nur eine Wohnung leisten, wer eine Wohnung kaufen will, wird doch Mieter bleiben. „Die Leute werden in Mietverhältnisse gedrängt“, sagt Fabeck. Und das lässt sich am Niveau der Mieten ablesen, die seit Jahren steigen, zumindest für Wohnungen. Auf Jahresbasis waren Mietwohnungen im zweiten Quartal 2008 4,76 Prozent teurer. Auch wer ein Haus mietet, muss jetzt fast vier Prozent mehr zahlen als noch vor einem Jahr. Deswegen, prophezeit Fabeck, werden Wohnungen weiterhin als Kaufobjekt interessant bleiben, als Geldanlage, zur Vermietung.

Ob sich die Baisse nun fortsetzt oder nicht – darüber wagt niemand eine genaue Vorhersage. Auf dem Land seien die Preise immer noch viel zu hoch, meint Fabeck. Roland Kuhn hofft vor allem, dass sich das Verhältnis zwischen Alt- und Neubauten wieder einrenkt, denn „normal“ sei es nicht, wenn für alte Objekte in der gleichen Lage mehr gezahlt werde als für neue. Frühestens „in neun oder zwölf Monaten werden wir eine klarere Sicht der Dinge haben“, sagt Erik Groenendaels von der ING voraus. Bis dahin ist Vorsicht geboten. 

Michèle Sinner
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