leitartikel

Komm bei eis

d'Lëtzebuerger Land du 12.09.2025

Mit Aufstellern an öffentlichen Plätzen, mit Bildern auf den Gepäcktunneln am Flughafen wirbt die Armee für sich und um Personal. „Däin Asaz“. „Komm bei eis“. Heute Nachmittag werden in Wiltz am Monument national de la grève Rekrut/innen vereidigt. Vereidigungen finden drei Mal im Jahr statt. Wie die Verteidigungsdirektion im Außenministerium mitteilt, wurden in den letzten beiden Jahren 68 Prozent der als freiwillige Soldat/innen Rekrutierten tatsächlich vereidigt, 326 von 479. Steve Thull, der Chef des Generalstabs, sagte nach der Vereidigung vom Januar in RTL-Télé: „Wir sind wirklich am untersten Limit“ (11.1.2025).

Was unter anderem hilfreich wäre, um vom Limit weg zu kommen, erläuterte der General am 28. Mai in Reporter.lu und wurde ziemlich deutlich: Laute die Botschaft an die Gesellschaft, ein Dienst in der Armee sei „nobel“, „dann muss ich die Leute, die zu uns kommen, auch wertschätzen. Dann muss das ein Beruf sein und man muss damit sein Leben gestalten können“. Freiwilligen Soldat/innen sei das praktisch unmöglich. „Heute haben Sie nicht einmal den unqualifizierten Mindestlohn, wenn Sie zu uns kommen.“ Der Lohn sollte nicht kleiner sein als „wenn ich mich woanders bewerbe, wo ich mein Leben nicht aufs Spiel setzen muss“.

Wie Soldat/innen entlohnt werden, steht im Armeegesetz. Es wird in Punktwerten ausgedrückt wie im öffentlichen Dienst. Der monatliche Basis-Sold im untersten Dienstgrad Soldat bemisst sich an 94,01 Punkten, das ergibt beim derzeitigen Punktwert 2 287,66 Euro brutto. Der unqualifizierte Mindestlohn ab 18 beträgt 2 703,74 Euro. Er wird nur im höchsten der vier Soldaten-Dienstgrade, dem Premier soldat-chef, überschritten: mit 122,81 Punkten oder 2 745,14 Euro. Zwar erhalten Freiwillige mit einem höherem Dienstgrad als dem des Soldaten einen monatlichen Zuschlag von 3,7 Punkten (90,03 Euro) mit jedem Jahr, das im höheren Grad verbracht wird. Und gehen sie in Auslandseinsätze, steigt ihr Sold deutlich, auf 3 811,71 Euro im Grad Soldat zum Beispiel. Das ändert aber nichts daran, dass die Armee zum Dienstbeginn 416 Euro weniger als den unqualifizierten Mindestlohn anbietet.

Lange Zeit war das kaum umstritten. Der Armee wurde eine auch soziale Rolle zugeschrieben: Eine Option zu sein für Jugendliche, die sonst nichts mit sich anzufangen wissen. Da ließ der niedrige Sold sich damit rechtfertigen, dass den Freiwilligen freie Kost und Logis in der Kaserne in Diekirch zustehen und freie Gesundheitsversorgung durch den medizinischen Dienst der Armee. Weil diese Rechnung nicht mehr aufgeht, wird regierungsintern über eine höhere Besoldung diskutiert. Sie sei „Teil der Pisten“, die der Generalstab auf Wunsch von DP-Verteidigungsministerin Yuriko Backes ausgearbeitet hat, „um den Dienst in der Armee attraktiver zu machen“, teilt die Verteidigungsdirektion mit. Welche Erhöhung es geben wird, sei noch nicht entschieden.

Dagegen wird offenbar nicht daran gedacht, die Armee zu professionalisieren und wie General Thull angedeutet hat, auch die Soldatenkarriere zum Beruf zu machen. Noch ist „Soldat“, auch wenn der Sold nach dem Punktesystem im öffentlichen Dienst berechnet wird, ein Statut für sich und mit keinem anderen in der Arbeitswelt vergleichbar. Ändern würde das auch die Armeegewerkschaft Spal: Sie schlägt vor, Soldat/innen zu Staatsangestellten zu machen, ihren Dienst generell auf zehn Jahre anzusetzen, Übergänge zu höheren Laufbahnen in der Armee einzurichten und zu Polizei, Zoll oder CGDIS. Der Gedanke dahinter lautet, dass selbst die von drei auf vier Jahre verlängerte Freiwilligen-Zeit zu kurz sei und eigentlich eine Verschwendung von Ausbildung.

Dagegen denkt die Regierung über „punktuelle“ Verbesserungen am Soldaten-Statut nach, ohne es grundsätzlich zu ändern. Wofür sie vielleicht gute Gründe hat. Doch wenn die Armee 650 zusätzliche Soldat/innen und Berufsmilitärs rekrutieren soll, aber nicht genau weiß, wie; wenn die Wiedereinführung der Wehrpflicht nicht infrage kommt und wenn die Einrichtung einer Reserve aus Gedienten zwar politisch konsensfähiger scheint, aber die Regierung das nicht zu ihrem Plan erklärt, dann bleiben nicht viele andere Möglichkeiten übrig.

Peter Feist
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